Applaus gab es hinterher auch für die Verliererin: Berfu Cengiz und Susan Bandecchi begeisterten die Zuschauer beim 50.000-Dollar-Turnier.
Weltklasse-Tennis vor der HaustürBerfu Cengiz gewinnt Final-Krimi in Troisdorf
Knackpunkt im dritten Satz war das Spiel zum 5:3. Den sechsten Breakball nutzte die Türkin Berfu Cengiz, nachdem ihre Final-Gegnerin Susan Bandecchi aus der Schweiz selbst zwei Spielbälle zum 4:4 vergeben hatte.
Es war nicht das einzige Spiel, das am Sonntagnachmittag auf der Tennisanlage von RW Troisdorf mehrmals über Einstand gegangen war. Nach exakt zwei Stunden und 18 Minuten hatte sich Cengiz mit 6:1, 2:6 und 6:3 den Sieg beim mit 50.000 Dollar dotierten ITF-Turnier „Ladies NRW International“ gesichert. So durfte sich die 24-jährige Nummer 324 der Damen-Weltrangliste über eine Prämie von 7500 Dollar freuen – und noch wichtiger: über 50 Weltranglisten-Punkte, die die Türkin am Montag im neuen WTA-Ranking wieder in die Top 300 katapultieren werden.
Mit einem atemberaubenden Tempo hatten sich die beiden Finalistinnen – gerade im entscheidenden dritten Durchgang – die Bälle regelrecht um die Ohren geschlagen. Reihenweise platzierten sie die gelbe Filzkugel mit hohem Speed zielsicher auf die Linie oder kurz davor.
Beim anschließenden Interview wurde die unterlegene Schweizerin (WTA: 344) emotional und rang sogar mit den Tränen. „Das war mein erstes Endspiel seit drei Jahren“, offenbarte die aus Lugano stammende 25-Jährige. „Ich bin trotz der Niederlage stolz auf meine Leistung und gratuliere Berfu zum Sieg.“
Von den knapp 300 Zuschauern erhielt Bendecchi einen Sonderapplaus für ihr unglaubliches Kämpferherz. Schon im Halbfinale tags zuvor hatte sie gegen Raluca Serban aus Zypern (WTA: 200) mit 1:6 und 1:4 hinten gelegen – und anschließend das Spiel gedreht. Nicht zuletzt dank zweier abgewehrter Matchbälle gewann sie mit 1:6, 7:6 und 6:4. Nach gut drei Stunden Spielzeit wohlgemerkt.
Auch die Siegerin aus der Türkei hatte am Samstag in der Vorschlussrunde Schwerstarbeit verrichten müssen. Im Duell mit der Rumänin Anca Todoni (WTA: 179) gewann sie mit 3:6, 6:3 und 6:2. „Das Flair hier ist toll. Es fühlt sich an wie Tennisspielen im Park“, brachte es die aus der Metropole Istanbul stammende Cengiz auf den Punkt.
Marc Raffel lobt Gastgeber RW Troisdorf
Ebenso wie ihre Finalgegnerin lobte sie nicht nur die tolle Atmosphäre auf der im Wald gelegenen Anlage, sondern auch die Turnier-Organisation: „Trotz der Kälte und des Regens habe ich mich hier wohlgefühlt. Natürlich freue ich mich riesig über den Titel, aber Susan war eine unglaubliche Kämpferin.“ Die Siegerin hatte Mitte Mai bereits ein 35.000-Dollar-Turnier im schwedischen Bastad für sich entschieden.
Turnierveranstalter Marc Raffel dankte nach dem Finale den vielen Helfern aus seiner Sportagentur und jenen vom gastgebenden Verein RW Troisdorf: „Das ist eine tolle Ehe und ich hoffe, dass sie noch lange hält.“ Ein großes Lob ging zudem an die Sponsoren, Ballkinder, Linienrichter und auch die Physiotherapeuten, die nicht selten auf dem Platz im Einsatz waren.
„Weltklasse-Tennis mit Weltklasse-Spielerinnen“, brachte es der Vereinsvorsitzende Volker de Cloedt auf den Punkt, nachdem man zahlreiche Tennis-Profis eine Woche lang auf der Anlage zu Gast gehabt hatte. Das internationale Flair offenbarte sich spätestens im Viertelfinale: Alle acht Spielerinnen kamen aus acht unterschiedlichen Nationen.
Mona Barthel verliert Viertelfinale
Als letzte Deutsche hatte sich in dieser Runde Mona Barthel (WTA: 203) verabschiedet. Die ehemalige Nummer 23 der Welt war in Troisdorf an Position sieben an den Start gegangen und musste sich der Rumänin Todani beugen (4:6, 6:3, 6:4). Für die topgesetzte Lulu Sun (WTA: 128) war sogar schon in der ersten Runde Endstation; die Neuseeländerin unterlag der Spanierin Lucia Cortez Llorca (WTA: 432) mit 6:7 und 3:6.
Im Doppel setzten sich Serban/Todoni im Endspiel gegen Yana Morderger (WTA: 736) und Chiara Scholl (357) mit 6:0 und 6:3 durch – und damit jenes Duo, das im Einzel-Halbfinale jeweils knapp unterlag.