Der Wassermangel ist ein besonders großes Problem. Nicht alle Städte haben Trinkbrunnen und Wasser kaufen können nicht alle Betroffenen.
„Eine Flasche Wasser hilft schon“Wohnungslose in Rhein-Sieg brauchen bei Hitze besonders viel Unterstützung

Streetworkerin Varressa Lombardi-Boccia berät mit ihrem Bus wohnungslose Menschen, auch bei Hitze, wie hier in Hennef.
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Wenn das Thermometer mehr als 30 Grad anzeigt, leiden nicht nur ältere und kranke Menschen besonders. Wohnungslose auf den Straßen und Plätzen des Rhein-Sieg-Kreises haben kaum Schutzmöglichkeiten vor der Sonne oder Geld, um sich Wasser zu kaufen.
Varressa Lombardi-Boccia ist Streetworkerin beim Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) in Siegburg und betreut das ganze Jahr über Menschen, die kein Zuhause haben. Sie leben auf der Straße oder in Notunterkünften. Mehrmals in der Woche steht sie mit ihrem Wohnmobil an bestimmten Plätzen in der Region, um Ansprechpartnerin für die Betroffenen zu sein – denn die benötigen während Hitzewellen besonders viel Unterstützung.
Die Leute müssten zwei bis drei Liter zusätzlich trinken. Aber wo bekommen sie das Wasser her? Nicht alle Städte haben Trinkwasserbrunnen.
„Der heiße Sommer ist ein spezielles Thema, das oft vergessen wird. Denn Wohnungslose leiden nicht nur unter der Kälte im Winter“, sagt die 55-Jährige. Besonders der Wassermangel sei ein Problem. „Die Leute müssten, wie wir alle, zwei bis drei Liter zusätzlich trinken. Aber wo bekommen sie das Wasser her? Nicht alle Städte haben Trinkwasserbrunnen.“

An Trinkwasserspendern wie diesem hier auf dem Siegburger Markt können sich Menschen erfrischen.
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Viele Betroffene hätten kein Geld, um sich Wasser zu kaufen. „Sie haben keins oder geben es für was anderes aus. Sie haben auch keine Mützen oder Sonnencreme dabei. Dann essen sie weniger, wer alkoholabhängig ist, dem entzieht der Körper zusätzlich Flüssigkeit. Dann dehydrieren die Menschen“, sagt Lombardi-Boccia.
Hilfsbereite Passanten sollten die Wohnungslosen ansprechen und sie fragen, ob sie Wasser oder Getränke möchten. Auch Kappen oder Sonnencremes könne man anbieten. „Wasser bekommen sie zwar auch in Notschlafstellen, viele haben aber viel Gepäck und schleppen das bei der Hitze nicht“, sagt die Streetworkerin. Abkühlen könnten sie sich zum Beispiel an Springbrunnen, aber Obdachlose seien in Innenstädten nicht gern gesehen, das sei überall so. Dann gingen sie mit ihren Zelten an Flüsse. „Viele sind ohnehin krank. Dann schlafen sie ein, und dann ist es passiert: Sie haben schwere Verbrennungen von der Sonne.“
„Siegburg hilft“ gibt regelmäßig Sonnencreme an Wohnungslose heraus
In Siegburg, Hennef und Troisdorf stehen mehrere Trinkwasserbrunnen, am Bahnhof in Windeck-Schladern ebenfalls. In Troisdorf und Hennef beteiligen sich die Städte an einem System, bei dem Menschen ihre Flaschen in Geschäften auffüllen können.
Auch Angela Holtmann vom Verein „Siegburg hilft“ kennt das Problem von ihrer Arbeit mit Obdachlosen. „Wir geben Mehrwegbehälter heraus, die sich die Menschen an den Trinkbrunnen am Markt und am Michaelsberg auffüllen können.“ Bei den Essensausgaben jeden Donnerstag gäben die Ehrenamtlichen Kappen und Sonnenmilch heraus.

Bei der Essensausgabe von Siegburg hilft erhalten die obdachlosen Menschen auch Sonnencreme.
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„Aktiv rausfahren ist momentan schwierig, weil unser Fahrzeug kaputt ist und der Tüv abgelaufen ist. Unser Nachbar hat uns deswegen angezeigt“, sagt Holtmann. Für eine Reparatur sei kein Geld da. „Die Leute sind ja froh, dass es uns gibt, wir sind eine Anlaufstelle auch an heißen Tagen.“
Auch Holtmann benennt das Problem der Verdrängung aus Innenstädten. „Ich kann es ja irgendwo verstehen, aber wo sollen Obdachlose sich abkühlen? Da geht es oft um Leib und Leben.“ Sie rate, den Menschen Wasserflaschen zu schenken. „Die kann man überall kaufen, und man muss auch nicht mit ihnen reden, wenn es Berührungsängste gibt oder das unangenehm ist – aber mit einer Flasche Wasser ist ihnen schon viel geholfen.“