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Integrierte SozialberatungDie Diakonie an Sieg und Rhein startet ein bundesweit einzigartiges Projekt

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Die Diakonie an Sieg und Rhein will die Integrierte Sozialberatung entwickeln, als innovatives Digitalisierungsangebot mit Präsenz. Fachbereichsleiterin Michaela Teigelmeister, Koordinatorin Rosa Havermann und Geschäftsführer Patrick Ehmann stellten das Projekt vor.

Die Diakonie an Sieg und Rhein will die Integrierte Sozialberatung entwickeln, als innovatives Digitalisierungsangebot mit Präsenz. Fachbereichsleiterin Michaela Teigelmeister, Koordinatorin Rosa Havermann und Geschäftsführer Patrick Ehmann (v.l.) stellten das Projekt vor.

Den gestiegenen Anforderungen an Beratungsbedarfen will die Diakonie mit Konzepten, die persönliche Beratung und digitale Hilfen verbindet, begegnen.

„Menschen kommen in komplexen Lebenslagen zu uns“, sagte der Geschäftsführer der Diakonie an Sieg und Rhein, Patrick Ehmann, bei der Vorstellung eines nach seinen Angaben bundesweit einzigartigen Projektes: der integrierten Sozialberatung. Im bisherigen System wurden Hilfen monothematisch angeboten. „An den Schnittstellen sind wir nur bedingt gut“, gab Ehmann sich betont selbstkritisch.

An den Schnittstellen sind wir nur bedingt gut.
Patrick Ehmann, Geschäftsführer Diakonie an Sieg und Rhein

Besucherinnen etwa, die die Schwangerschaftskonfliktberatung aufsuchten, aber auch Sucht-, Migrations- oder Sozialberatungsbedarfe hatten, mussten dann zu anderen Kolleginnen und Kollegen, möglicherweise ganz woanders hin, mit neuer Terminsuche, Telefonnummer, vielleicht sogar in einer anderen Kommune.

Die Integrierte Sozialberatung verbindet verschiedene Angebote, erklärte der Geschäftsführer das bislang noch abstrakte Modell. Weitere Fachkräfte können  für andere Themen ad hoc oder aus der Ferne zugeschaltet werden, zum Beispiel per Video. Die Kanäle sind dabei offen, das geht am Bildschirm zu Hause genau so wie in einer Einrichtung, in Präsenz oder digital oder hybrid.

Die Beteiligten wissen noch nicht, was am Ende des Prozesses steht

„Es ist eine komplett andere Herangehensweise“, erklärte Ehmann. Noch wüssten die Beteiligten nicht, was herauskommen soll. Das Ergebnis ist nicht vorherbestimmt, sondern offen. „Es ist jetzt prozessorientiert, wir steigen ein in die Entwicklung. Wir wollen weg vom Säulenmodell. In der integrierten Sozialberatung arbeiten Beraterinnen und Berater mit unterschiedlichen Spezialisierungen kollaborativ und in Echtzeit mit Klientinnen und Klienten zusammen.“

Seit dem 1. Mai läuft die einjährige Planungsphase. Die Aktion Mensch-Stiftung beteiligt sich mit 50.000 Euro an der Finanzierung. Schon vorher gab es erste Überlegungen, doch erst jetzt kann sich eine Fachfrau, Rosa Havermann, als Koordinatorin um die Formulierung der Fragen, um die Technik, um weitere Gelder und Kooperationspartner kümmern. Eine Anschlussfinanzierung über die Stiftung ist möglich. 

„Es ist eine radikale Innovation, ein anderer Ansatz in der Sozialwirtschaft“, versprach Ehmann. „Die Hilfen kommen aus einer Hand: Wo ich bin, bin ich richtig. Es gibt eine Vertrauensperson, die mich an die Hand nimmt, an einem Ort.“ Es gelte die Fokussierung auf Menschen mit komplexen Lebenslagen, aber: „Wir wollen eine digitale Organisation sein.“

Die Fachbereichsleiterin Suchthilfe, Michaela Teigelmeister, konkretisierte die Idee: „Die Nöte und Sorgen sind groß.“ Vorteil der integrierten Sozialberatung sei: „Ich bin da richtig, ich muss meine Geschichte nur einmal erzählen.“ Alle Themen fänden den Platz. Der Kontakt ist auch von zu Hause aus möglich, weil die digitalen Möglichkeiten erprobt seien. „Weite Wege sind oftmals ein Hindernis, die können so entfallen“, versicherte sie. 

Ich bin da richtig, ich muss meine Geschichte nur einmal erzählen.
Michaela Teigelmeister, Fachbereichsleiterin Suchthilfe

Zugeschaltete Beraterinnen und Berater könnten direkt Antworten geben. Angebote ergänzen sich gegenseitig. „Ich sehe da landes-, vielleicht sogar bundesweite Chancen.“ Koordinatorin Havermann skizzierte den eingeschlagenen Weg: „Wir schauen uns die Ist-Situation an, welche Hürden gibt es, welche technischen Voraussetzungen sind notwendig? In einem zweiten Schritt geht es um kurz-, mittel- und langfristige Änderungen.“ Abgeschlossene Beratungen sollen analysiert werden, um zu überlegen, wie integrierte Sozialberatung hätte wirken können. 

Beratungen können im neunen Konzept sowohl digital als auch in Präsenz oder hybrid durchgeführt werden.

Beratungen können im neunen Konzept sowohl digital als auch in Präsenz oder hybrid durchgeführt werden.

Alle Beraterinnen und Berater der Diakonie sollen eingebunden werden. „Wie müssen wir uns vorbereiten?“, nannte sie eine der zentralen Fragen. In der Planungsphase könne es Tests im kleinen Rahmen geben. Ehmann dachte übrigens nicht nur im Rahmen der eigenen Organisation, er will durchaus über die Kreis-, aber auch die Trägergrenzen hinausschauen. Zugänge sollen niedrigschwellig sein, warum nicht auf dem Parkplatz am Supermarkt. „Wir haben vor kurzem den Suchtberatungsbus angeschafft, der ist schon darauf hingebaut.“

Sein Ziel: „Wir können Effizienzen heben, nicht genutzte Ressourcen vielleicht bundesweit finden. Vertrauen muss nicht jedes Mal neu geschaffen werden.“ Offene Fragen bleiben, wie zum Beispiel muss das Setting aussehen? „Wir müssen diese Erfahrungen erst machen, wir sind bundesweit Pioniere.“ Aktuell ist er auf der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten: „Wir sind an vielen Stellen im Gespräch.“