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PodiumsdiskussionRadverkehr in Siegburg – Verkehrswende und Opferzahl Null als Ziel

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Thema Verkehrswende: Siegburger Kommunalpolitiker hatte der ADFC zur Podiumsdiskussion ins Stadtmuseum geladen.

Thema Verkehrswende: Siegburger Kommunalpolitiker hatte der ADFC zur Podiumsdiskussion ins Stadtmuseum geladen.

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub begrüßte Vertreter von sechs Parteien zur Podiumsdiskussion im Stadtmuseum.

„Wie ernst ist es Ihnen, mit der Verkehrswende voranzuschreiten?“, das war die große Frage, die Moderator Martin Hintzen kurz vor den Kommunalwahlen den Teilnehmern einer Podiumsdiskussion im Siegburger Stadtmuseum stellte. Vertretern von sechs Parteien fühlte er auf den Zahn, fragte nach der Zukunft der Mobilität in der Kreisstadt und was die Parteien nach der Wahl bewegen wollen.

Erschütternde Unfallzahlen

Angesichts anhaltend hoher, Hintzen zufolge „erschütternder“ Unfallzahlen fragte er auch, wie sich ein ehrgeiziges Ziel erreichen lasse:. Die Opferzahl Null. Gefolgt waren der Einladung des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs Jürgen Peter (CDU), Thomas Obst (FDP), Andreas Franke (SPD), Philipp Starke (Die Grünen), Michael Otter (BSG) und Hans-Joachim Neumes (SBU). Martin Hintzen ist Redakteur bei der ADFC-Zeitschrift Rückenwind und Trainer in der Radfahrschule des ADFC/Bonn-Rhein-Sieg.        

Jürgen Peter, zweiter Fraktionsvorsitzender der CDU, sieht den Radverkehr in einem Spannungsfeld zwischen Pendler- und Kongressstadt und Einzelhandelszentrum auf der einen und dem geballten Stadtkern Siegburgs auf der anderen Seite. Er will Unfallschwerpunkte ausmachen und Sicherheitsmaßnahmen bei der Stadtentwicklung verbindlich berücksichtigen. An einem Stand in der Innenstadt seien er und Parteifreunde von jedem zweiten Passanten auf die Freigabe der Fußgängerzone angesprochen worden. Eine Mehrheit habe sich dagegen ausgesprochen.

Thomas Obst, Bürgermeisterkandidat der FDP plädiert für Aktionen und Kampagnen, um für mehr Sicherheit zu sorgen, damit könne man bereits morgen anfangen. In der Mobilitätspolitik vermisse er Timings, zeitliche Festsetzungen für Fertigstellungstermine von Maßnahmen. Die Kreisstadt solle nach Steuerungsmöglichkeiten suchen und dazu Beispiele aus anderen Städten nutzen. Stattdessen gebe es „ganz viel bürokratischen Mist“. Uneins sei seine Partei in der Frage der Freigabe der Fußgängerzone für Radler. Die eine Hälfte sage „verbieten“, die andere frage „Warum“?

Philipp Starke Ortsverbandssprecher und Sachkundiger Bürger der Grünen sieht, was den Radverkehr in der Kreisstadt angeht, „sehr viel Luft nach oben“. ÖPNV und PKW-Anbindung seien eigentlich gut. Siegburg sei allerdings wegen seiner engen Straßen städtebaulich problematisch. Eine gute Lösung könnten Fahrradstraße parallel zu den Hauptstraßen sein. Seine Partei wolle die Freigabe der Fußgängerzone beibehalten. Das ganze beruhe allerdings auf gegenseitigem Respekt, den Radfahrer und Fußgänger einander entgegenbringen sollten. Unfälle habe es bislang nicht gegeben.

Neue Plakate weisen auf die Freigabe der Fußgängerzone für Radfahrer hin und bitten um Rücksichtnahme

Schön wär´s: Plakate wiesen im April 2022 auf die Freigabe der Fußgängerzone für Radfahrer hin. Die Realität sieht für Fußgänger, aber auch Radler, anders aus.

Andreas Franke (SPD), Ratsherr und Mitglied des Mobilitätsausschusses, führte eine Statistik an, der zufolge 50 Prozent aller KFZ-Fahrten unter fünf Kilometern Strecke bleiben. Um daran etwas zu ändern, brauche es sicherere und ausgeschilderte Radwege, die mit den Schulwegen verknüpft werden müssten. Siegburg brauche durchgehend Tempo 30 und Fahrradstraßen. Er setzte sich für ein Einbahnstraßenkonzept in der Innenstadt ein. Siegburg solle sich der Organisation „Fahrradfreundliche Städte“ anschließen. Die SPD stehe uneingeschränkt hinter der Freigabe der Fußgängerzone.

Michael Otter (BSG), der nicht mehr den Siegburger Stadtrat kandidiert, aber Landratskandidat des Bündnisses Sahra Wagenknecht ist, hätte sich die Umsetzung vieler Maßnahmen bereits in der laufenden Ratsperiode gewünscht. Er plädierte für einen breiten, in beiden Fahrtrichtungen nutzbaren Radweg entlang der Frankfurter Straße. Radfahrer bräuchten Verlässlichkeit, ihre Räder im ÖPNV mitnehmen zu können.

Hans-Joachim Neumes, Bürgermeisterkandidat der Siegburger Bürgerunion, sprach sich für kostenlosen ÖPNV aus und ein Verkehrswegenetz, in dem Radfahrer Vorfahrt bekommen. Kategorisch sprach er sich gegen die Freigabe der Fußgängerzone aus, der Radverkehr störe in der Einkaufsstadt, auch die Gastronomie. Viele Radfahrer wüssten gar nicht, was das eigentliche vorgeschrieben Schritttempo sei, das lediglich sechs Studenkilometer vorsehe.

Sebastian Gocht, Sprecher des Siegburger ADFC, konstatierte, in Verkehrsangelegenheiten werde zu oft nach dem Prinzip „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ gehandelt. Von der Kommunalpolitik wünschte er sich nach der Runde vor allem eines: „Mehr Ehrgeiz.“