1700 Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen, darunter Senioren und Bewohner des Dr.-Ehmann-Kinderhauses.
Evakuierung in der NachtFünf-Zentner-Fliegerbombe in Siegburg um 2.33 Uhr entschärft

An der Frankfurter Straße haben sich Einsatzkräfte der Feuerwehr versammelt.
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Um 2.33 konnten alle in Siegburg aufatmen: Die amerikanische Fliegerbombe, die am Freitagabend (27. Juni) in einer Baugrube entdeckt worden war, konnte erfolgreich entschärft werden.
Um 19.45 Uhr war das fünf Zentner schwere Geschoss aus dem Zweiten Weltkrieg in der Baugrube an der Hopfengartenstraße, Ecke Alfred-Keller-Straße bei Bauarbeiten entdeckt worden. Stadt, Polizei, Feuerwehr und der Kampfmittelräumdienst wurden alarmiert.
Bürgermeister Stefan Rosemann teilte noch am Abend dieser Zeitung mit, er sei der dringenden Empfehlung des Kampfmittelräumdienstes gefolgt, die Bombe so schnell wie möglich zu entschärfen.
Bombenfund in Siegburg: Rund 1700 Anwohnende mussten ihre Häuser verlassen
Die Stadt hätte die Entschärfung auf den folgenden Morgen verschieben können, erläuterte der Bürgermeister – und dafür die Verantwortung getragen. „Der Bagger hat die Bombe wohl bewegt, das Risiko war zu hoch. Deswegen sind wir der dringenden Empfehlung des Kampfmittelräumdienstes gefolgt.“ Noch in der Nacht, nach der Evakuierung der Anwohnenden, sollte der Blindgänger unschädlich gemacht werden. Am Fundort der Bombe in der Hopfengartenstraße wurden zunächst einige Einsatzkräfte des Ordnungsamtes postiert.
Ab Herbst 1944 hatten alliierte Bomber und Jagdflugzeugverbände die Stadt verstärkt ins Visier genommen. Wie die Experten des Kampfmittelräumdienstes erläuterten, hatte der nun gefundene Sprengkörper einen sogenannten Heckaufschlagzünder, explodiert also hinten, nicht am Kopf. Dort gibt es zwar auch eine Zünder-Vorrichtung, aber keinen Zünder. 30 bis 60 Minuten, so die Schätzung des Kampfmittelräumdienstes, werde die Entschärfung dauern.
Gegen 21.30 Uhr wurde dann mit der Evakuierung der umliegenden Wohnstraßen in einem Radius von 400 Metern begonnen, wie die Stadt Siegburg am Abend mitteilte. Mitarbeitende der Stadtverwaltung, Ordnungsamt und Feuerwehr fuhren durch die Straßen, machen Durchsagen und klingelten an Haustüren, um die Menschen zu informieren.
Die Feuerwehr hatte sich an der Kreuzung Frankfurter Straße/Ecke Bonner Straße versammelt und startete von hier ihre Fahrten mit Lautsprecherdurchsagen. Rund 1700 Anwohnende mussten ihre Wohnungen verlassen.

Die Feuerwehr fährt durch die Straßen und macht Lautsprecherdurchsagen, die die Leute zum Verlassen ihrer Häuser auffordert. Mitarbeiter der Stadtverwaltung klingeln an den Haustüren.
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Das Team des Dr. Ehmann Kinderhauses in der Alfred-Keller-Straße brachte 14 junge Bewohner sicher aus der Gefahrenzone. Ohne zu zögern, so lobte Stefan Rosemann, seien Teile der Belegschaft unverzüglich angefahren, um bei der Verlegung der gehandicapten Kinder in die Alexianerallee anzupacken. Schwierig gestaltete sich der Transport von gehbehinderten oder dementen Menschen. Hilfsdienste wie die Malteser kümmern sich, 20 Liegendtransporte und zwölf weitere Fahrten von Hilfsbedürftigen wurden durchgeführt.
Weit nach Mitternacht war der Bereich rund um die Bombe evakuiert, ein letzter Kontrollgang wurde durchgeführt. Um kurz nach 23 Uhr hatte die Polizei bereits mit großräumigen Straßenabsperrungen begonnen, um die Entschärfung vorzubereiten. So waren Sperrungen am Siegwerk eingerichtet, auch der Fuß- und Radweg zum Michaelsberg war gesperrt, ebenso am Kreishaus und an der Frankfurter Straße bis Händelstraße.

Von einer Plane abgedeckt, liegt die Bombe in der Baugrube.
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In der Mensa des Schulzentrums Neuenhof richtete die Stadt einen Sammelpunkt für die Anwohner des gesperrten Gebiets ein, der Malteser Hilfsdienst übernahm die Betreuung. Eine lange Schlange bildete sich am Eingang des Schulzentrums, Eltern mit Kindern, Enkel mit Großeltern, hochbetagte Menschen, die um diese Uhrzeit nicht wussten, wohin.
Um 1.35 Uhr gab es grünes Licht: Die Entschärfung der Bombe in Siegburg konnte beginnen
Auch Bürgermeister Stefan Rosemann hatte sich dort eingefunden. Er habe die Einsatz- und Ordnungskräfte unterstützen wollen, sagte er – und sei zur Sammelstelle geschickt worden. „Wir haben für Stab für außergewöhnliche Ereignisse aktiviert, der einem genauen Ablauf und klaren Zuständigkeit für Szenarien wie dieses folgt“, sagt Rosemann. „Das Konzept haben wir vor Kurzem noch aktualisiert und es hat gegriffen. Nach und nach wurden entsprechende Schritte in die Wege geleitet, unter anderem dieser Sammelpunkt.“

Vor der Turnhalle am Schulzentrum Neuenhof stehen Menschen Schlange, um sich registrieren zu lassen. In der Mensa versorgte der Malteser Hilfsdienst sie mit Getränken und Snacks.
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Ehrenamtliche des Malteser-Hilfsdiensts, des Deutschen Roten Kreuzes und der Johanniter-Unfallhilfe koordinieren den Einsatz. „Wir mussten acht Personen transportieren: Vier sind hier, vier haben wir ins Krankenhaus gebracht, weil sie bettlägerig und pflegebedürftig sind“, sagt Jeff Reichel, Fachberater der Hilfsorganisationen. „Zum Glück liegt kein Altenheim in dem Evakuierungsradius, sonst wäre diese deutlich aufwendiger gewesen.“
Die Menschen erhielten Snacks und Getränke. „Genau das macht den Katastrophenschutz aus, dass wir solche Dinge vorhalten. Unsere Kräfte sind erfahren, für sie ist es nicht die erste Evakuierung, manchmal sind sie auch bei Bombenfunden in Köln dabei“, sagt Reichel. Aus Lohmar wurde ein Kühlanhänger mit Getränken aus dem Lager geschickt.
Um 1.35 Uhr gab es dann grünes Licht für die Kampfmittelbeseitiger. Eine Stunde später war es vorbei: Die 250 Kilo schwere Bombe konnte unschädlich gemacht werden. Um 2.42 Uhr wurde die Sperrung aufgehoben, die Menschen konnten in ihre Häuser zurückkehren. „Ich bin dankbar, dass alles gutging, und beeindruckt von der Professionalität der Einsatzkräfte und deren Zusammenwirken im Haupt- und im Ehrenamt“, sagte der Siegburger Bürgermeister. Er dankte insbesondere den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung, die bis tief in die Nacht einen sehr guten Job gemacht hätten.