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In Siegburg vor GerichtAltenpfleger macht sich selbstständig und endet im Bankrott

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Ein Saal im Amtsgericht Siegburg (Symbolbild)

Siegburg – Vom Altenpflegehelfer zum Geschäftsführer: Dieser Karrieresprung endete mit einem Absturz. Ein 50-Jähriger setzte sein Unternehmen nicht nur in den Sand, er saß jetzt als Angeklagter vor dem Schöffengericht. Der frühere Inhaber eines ambulanten Pflegedienstes gestand, fast eineinhalb Jahre für seine Angestellten keine Sozialabgaben gezahlt zu haben, allein die Schulden bei den Krankenkassen belaufen sich auf 36.000 Euro.

„Sie haben kein Hemd, keine Hose, keine Zähne und stehen vor dem Desaster Ihrer Existenz“ – der Vorsitzende Richter Ulrich Wilbrand sprach Klartext. Der mittellose Mann, der noch nicht einmal krankenversichert ist, lebt derzeit von Zuwendungen der Familie seiner Freundin. Um eine neue Arbeitsstelle habe er sich noch nicht gekümmert: „Ich wollte erst mal abwarten, was heute hier herauskommt.“

Siegburg: Angeklagter war 2018 schon einmal pleite

Anfang 2018 war er bereits einmal Pleite gegangen, nach nur acht Monaten; Grund sei seine Scheidung gewesen, sagte der mehrfach unter anderem 2005 wegen Vergewaltigung vorbestrafte Angeklagte. Der Insolvenzverwalter habe ihm damals geraten, eine neue Firma zu gründen: Er hätte ja das Personal und die Kunden. Diese Erträge fielen nicht in die Insolvenzmasse.

„Sie fühlten sich ermuntert, es war wie ein Freibrief“, sagte der Richter. „Ihnen fehlte aber nach wie vor die Substanz, Sie hatten kein Kapital.“ Dass nach einem solchen Bankrott erneut eine Gewerbeerlaubnis erteilt worden sei, halte er für „grob fahrlässig“.

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Der Angeklagte habe zudem nicht die Zulassung durch die Krankenkassen abgewartet, als diese seitens der AOK ausblieb, war alles Aus, blieb er seinen Angestellten sogar den letzten Nettolohn schuldig. Er selbst profitierte offenbar nicht von seinem betrügerischen Tun, zahlte sich kein Gehalt als Geschäftsführer aus und gab zwischenzeitlich sogar seine Mietwohnung auf, zog in sein Büro in einem Gewerbegebiet, wo er nach Absprache mit der Kommunalverwaltung sogar seinen ersten Wohnsitz anmeldete, erzählte er.

Die Firmenräume vermietete er zudem illegal unter – ein letzter, erfolgloser Versuch, sich aus dem Sumpf herauszuziehen.

Polizeiliches Führungszeugnis

Wird jemand straffällig, kann das Konsequenzen haben für seine berufliche Laufbahn. Eine minder schwere Straftat taucht zwar nicht direkt im polizeilichen Führungszeugnis auf, ab der zweiten Voreintragung ist jedoch alles bis zu zehn Jahre lang sichtbar. Verurteilungen wegen Sexualstraftaten bleiben lebenslang in einem erweiterten Führungszeugnis stehen. Mitarbeiter in Pflegeberufen müssen nur ein Führungszeugnis vorlegen, wenn sie sich um Kinder, Jugendliche oder Menschen mit Behinderungen kümmern. Manche Arbeitgeber verlangen die Unbedenklichkeitsbescheinigung für Führungspositionen. (coh)

Obwohl er Wiederholungstäter ist – wegen Insolvenzverschleppung ist noch eine Geldstrafe offen – landet der Pflegehelfer nicht im Gefängnis: „Davon haben wir nichts und Sie nichts, da kosten Sie nur Geld“, frotzelte der Richter. Das Schöffengericht verhängte eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren, „damit Sie uns zeigen, dass Sie etwas anderes können“. Ein Bewährungshelfer werde ihn unterstützen, den Wust an Schulden zu sortieren.

Bei betrügerischem Bankrott gebe es keine Restschuldbefreiung, im Gegensatz zu einer Privatinsolvenz. Die Schulden liefen ihm nun „30 Jahre hinterher“. Wäre er in seinem Beruf geblieben, mit 1500 Euro netto, hätte er mehr davon gehabt – und zumindest eine Krankenversicherung. Das will der Angeklagte nun anstreben. In diesem Bereich sieht er gute Chancen.

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