Versenkbare Poller und massive Betonsperren: Die Kreisstadt,Hennef, Troisdorf und Eitorf gehen bei der Sicherheit unterschiedliche Wege.
GroßveranstaltungenWie sich Siegburg und andere Städte vor Amokfahrern schützen

Die Stadt Siegburg lässt an den Zufahrten zur Fußgängerzone Poller montieren, wie hier an der Bahnhofstraße.
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Am 20. Dezember jährt sich die Amokfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt zum ersten Mal, sechs Menschen wurden damals getötet, mehr als 300 verletzt. Annähernd neun Jahre sind seit dem Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz vergangen, der zwölf Menschen das Leben kostete und 55 teils schwer verletzte. Die Liste ließe sich fortsetzen. Dass Kraftfahrzeuge als Mordwerkzeuge zweckentfremdet werden, ist ein Horrorszenario, auch aus Sicht der Kommunen, die versuchen, Besucher und Besucherinnen zu schützen.
Anderer Weg für Siegburger Martinszug
In der Siegburger Fußgängerzone ist das derzeit unübersehbar: An Bahnhofstraße, Griesgasse und Annostraße wurden Baugruben ausgehoben und schwere Poller montiert, die bei Bedarf hochgefahren werden können. Mobile Betonsperren werden damit zumindest an diesen Stellen obsolet.
Der Martinszug am 12. November nimmt wegen der Arbeiten einen anderen Weg als gewohnt. Nach der Aufstellung um 17.30 Uhr geht es ab 18 Uhr in die Bergstraße, rechts ab an der Servatiuskita vorbei auf den Rundweg um den Michaelsberg und über Kleiberg. Der Weg führt dann über Holzgasse, Scheerengasse, Brauhofpassage und Kaiserstraße zurück zum Markt, wo ein großes Feuer vorgesehen ist. Die Arbeiten sollen pünktlich zum Mittelalter-Markt beendet sein. Der startet am 21. November.
„Ab 2026 kommt die neue Infrastruktur auch dem Martinsbrauchtum zugute“, heißt es aus der städtischen Pressestelle. Die aktuellen Zugänderungen seien unumgänglich, da die Baustellen gewohnte Wege der Laternenprozession verengten und das Pferd St. Martins nicht über Eisenplatten für Abdeckungen laufen könne.

Auch an der Siegburger Griesgasse verwehren Poller künftig bei Bedarf die Zufahrt.
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Dem Pressesprecher Kreisstadt Jan Gerull zufolge steht im Haushalt 2025 eine Summe von 300.000 Euro für die Sicherheit bereit: „Für bereits zum Stadtfest angeschaffte mobile Sperrsysteme und die drei Polleranlagen, die jetzt an der Bahnhofstraße, Annostraße und Griesgasse eingebaut werden.“ Eine Ausweitung der Anlagen auf andere Zufahrtswege werde „ziemlich sicher“ im kommenden Jahr in Angriff genommen, was aber abhängig von der Verabschiedung des nächsten Haushalts sei.
Im Einsatz seien derzeit neben der Fachfirma für die Poller auch der Stromversorger und ein Tiefbauer. Aktuell würden Strom- und Hydraulikleitungen im Boden verlegt. Die Zahl der Poller variiere je nach Straßenbreite. Zu den Anlagen gehören Gerull zufolge auch ein Stromkasten und eine Standsäule mit einer kleinen Ampel, die Grün- oder Rotlicht anzeige. Die Verwaltung wird das Herauf- und Herunterfahren der Poller steuern, was im Notfall auch der Rettungsdienst kann.
Versenkbare Poller bald auch in Eitorf
Bei der Umgestaltung des Marktplatzes in Eitorf sind ebenfalls zwei versenkbare Poller vorgesehen. An den beiden geplanten Zuwegungen für An- und Abfahrt sollen sie installiert werden. Dadurch kann die Fußgängerzone vor ungewünschten Fahrzeugen geschützt werden. Die Fläche wird auch für Großveranstaltungen genutzt, von der Kirmes über Weihnachtsmarkt und Rathaussturm bis zu Demonstrationen.
Der Umbau ist für das kommende Jahr vorgesehen, die Planungen werden derzeit umgesetzt. Die Details müssen noch abgestimmt werden, wie Bürgermeister Rainer Viehof erklärte. Rund 3,5 Millionen Euro Fördermittel hat das Land NRW zugesagt, die Kommune muss weitere 1,5 Millionen Euro aufbringen.
Absperrungen mit schwerem Gerät in Hennef
„Für Großveranstaltungen gibt es umfangreiche Sicherheitskonzepte, die zwischen Stadt und Polizei und Hilfsorganisationen abgestimmt werden“, heißt es auf Anfrage aus dem Hennefer Rathaus. Poller spielen dabei keine Rolle, dafür aber „Absperrungen mit schwerem Gerät oder entsprechenden Barrieren“.
Troisdorf mietet mobile Betonsperren
In Troisdorf setzt die Stadtverwaltung neben abschließbaren Pollern auf mobile Betonsperren, die angemietet werden. „Die Betonsperren (Maße: ca. 80 mal 80 mal 80 Zentimeter, Gewicht: je circa 1000 Kilogramm) sind jeweils im Versatz positioniert“, teilt die Pressesprecherin der Stadt, Bettina Plugge, mit. Die Sperren kosten netto 65 Euro, hinzu kommen weitere Kosten wie für Anlieferung oder Stahlseile. „Beim Familienfest haben wir in diesem Jahr zum Beispiel 17 Stück eingesetzt“, berichtet die Sprecherin.
Poller spießten Pkw auf
Unfälle durch absenkbare Poller sorgten vor Jahren für Schlagzeilen. Das Katholisch-soziale Institut auf dem Siegburger Michaelsberg hatte eine solche Sperre installieren lassen, zunächst wies nur ein kleines Schild darauf hin. Das übersah eine 61-Jährige, deren Mazda von dem plötzlich hochfahrenden Poller aufgespießt wurde.
Ihr alter Pkw war ein Totalschaden, die Fahrerin erlitt eine Thorax-Prellung. Sie verklagte 2018 das Erzbistum auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld, im Gütetermin vor dem Amtsgericht einigte man sich auf die Zahlung von 600 Euro. Ein neues Warnschild mit Hinweis „Achtung, hochfahrende Poller“ ließ das KSI später anbringen. In den darauffolgenden Monaten gab es ein knappes Dutzend weiterer Unfälle, betroffen war auch ein Ordensmann der Unbeschuhten Karmeliten, die auf dem Michaelsberg wohnen.
In Troisdorf führten drei Poller in der City ebenfalls zum Streit. Nach einer Reihe von Schadensfällen mit einer Gesamthöhe von 70.000 Euro hatte sich die GVV Kommunalversicherung geweigert, weitere Risiken zu tragen. Die Stadt schaltete zwei bewegliche Sperren daraufhin ab, den Pfosten an der Wilhelmstraße ließ die Verwaltung für 5000 Euro technisch aufrüsten. (coh)
