Vermisste EhefrauEin Mord mit vielen offenen Fragen

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Der Angeklagte (verdeckt) betritt den Gerichtssaal. Sein Verteidiger Uwe Krechel (links) sagt, an der Selbstbezichtigung sei nichts wahr.

Der Angeklagte (verdeckt) betritt den Gerichtssaal. Sein Verteidiger Uwe Krechel (links) sagt, an der Selbstbezichtigung sei nichts wahr.

Bonn/Eitorf – Das Geständnis ist an Grausamkeiten kaum zu toppen und das wohl Spektakulärste an dem Fall. Seit Montag muss sich der 41-jährige Angeklagte aus Eitorf vor dem Bonner Landgericht verantworten. Ein halbes Jahr nach dem Verschwinden seiner Ehefrau gestand er im privaten Rahmen den Mord an seiner Frau. Bei Bettspielen soll der Krankenhaus-Koch seiner Geliebten im Detail erzählt haben, wie er seine Frau, die ihn mit ihrer sechsjährigen Tochter verlassen wollte, getötet hat. Erst habe er sie die Treppe hinuntergestoßen. Als sie noch lebte, habe er sie ins Bett getragen und sie dort erwürgt. In den Tagen darauf habe er die Leiche seiner Frau zerstückelt, eimerweise in die Klinik getragen und dort schließlich im Müll entsorgt.

Als "ein Fantasiegebilde" bezeichnete der Verteidiger Uwe Krechel die Darstellung seines Mandanten. "An der Selbstbezichtigung ist nichts wahr", bekräftigte er gleich zu Beginn der Verhandlung.

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Mit Glatze, Bart, Ohrring und einem kurzärmeligen Sportshirt, unter dem sich seine trainierten Muskeln abzeichneten, betrat der Angeklagte den Gerichtssaal. Die Staatsanwaltschaft klagt ihn wegen heimtückischen Mordes an. Grundlage ist sein ursprüngliches "Geständnis". Der Staatsanwalt ist davon überzeugt, dass der Angeklagte seine 42-jährige Frau in der Nacht zum 9. September 2012 getötet hat, auch wenn sie nach aufwendigen Suchaktionen in der Sieg, auf einer Mülldeponie oder auch im Garten der Eheleute in Eitorf spurlos verschwunden bleibt. Seit diesem Tag aber gibt es auch sonst kein Lebenszeichen mehr von ihr. Ihr Handy ist tot, auf dem Bankkonto keine einzige Bewegung. Auch dass die Vermisste ihre sechsjährige Tochter nicht einfach im Stich gelassen hätte, sind gewichtige Indizien für einen Mord.

Der Angeklagte hat die Vorwürfe bestritten: Am Vorabend sei es zwischen ihm und seiner Frau wieder einmal zum Streit über Geld gekommen. Für ihre neue Wohnung brauchte sie 600 Euro Kaution. Als er ihr das verweigert habe, sei sie ausgerastet und habe ihn wüst beschimpft. Schließlich habe er den Streit abgebrochen und sei nach oben ins Bett gegangen. Zehn Minuten später folgte sie ihm und soll gesagt haben: "Rechne morgen nicht mit mir. Ich werde morgen abgeholt." Als er nachgefragt habe, von wem, habe sie geantwortet: "Das geht dich nichts an." Anschließend sei er eingeschlafen. Am nächsten Morgen war das Bett leer. Für die Bonner Richter eine Version mit vielen Fragezeichen: "Einfach eingeschlafen? Nach so einer existenziellen Eröffnung einer Frau, mit der er seit sieben Jahren zusammengelebt hat", hakte Kammervorsitzender Josef Janßen gestern nach. "Bei einem Mann, der extrem eifersüchtig- und kontrollsüchtig ist, der sich im Singletreff jahrelang als "Gladiator" mit nacktem Oberkörper präsentiert hat?"

8. September 2012: Die 42-Jährige wird zuletzt gesehen von ihren Arbeitskollegen

8. Oktober 2012: Die Polizei veröffentlicht ein Foto der Vermissten und bittet die Bevölkerung um Hinweise

7. November 2012: Die Polizei sucht Wald und Wiesen im Krabachtal ab

16. November 2012: Die Polizei dehnt ihre Suche auf die Sieg und ihre Ufer aus

27. März 2013: In der TV-Sendung „XY ungelöst . . .“ wird über den Fall berichtet –

12. Juni 2013: Die Polizei sucht die Umgebung des Wohnhauses ab –

30. August 2013: Der Ehemann der Vermissten wird festgenommen. Ein Richter ordnet Untersuchungshaft wegen des Verdachts des Mordes gegen den damals 40-Jährigen an –

3. September 2013: Die Polizei sucht erneut in der Umgebung des Wohnhauses –

2. Dezember 2013: Die Polizei sucht mit Leichenspürhunden auf der ehemaligen Mülldeponie in Bornheim-Hersel –

11. Februar 2014: Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen den Verdächtigen wegen Mordes

Die Bonner Richter finden noch anderes seltsam: Unter anderem, dass der Angeklagte bald nach dem Verschwinden seiner Frau angeblich eine Matratze mühsam mit einem Messer zerschneidet, sie in Mülltüten in die Klinik fährt und dort entsorgt, anstatt sie auf den Sperrmüll zu stellen. Auch sein Geständnis gestern, dass er nach der Tatnacht morgens um vier Uhr angeblich Zeitungen ausgetragen hat, das Mädchen alleine ließ und es heulend vorfand: "Was haben Sie in der Zeit wirklich gemacht?", fragten die Richter. "Ich habe den Eindruck, da sitzt einer, der spielt Roulette und schaut mal, ob es gut geht", fasste Janßen nach achtstündigem Prozessauftakt zusammen.

In dem aufwendigen Indizienprozess sind viele Zeugen geladen: Die wichtigste Zeugin, die das "Horrorgeständnis" im Bett angehört hat, soll zwei Tage lang gehört werden. Der Angeklagte hat behauptet, dass er die Geschichte nur erzählt habe, weil seine Geliebte sie hören wollte.

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