Weitere Auswirkungen befürchtetWie drei Busunternehmen durch die Corona-Krise kommen

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„Alle Gäste noch rechtzeitig nach Hause geholt“: Stefan Krautscheid aus Hennef-Süchterscheid führt mit Bruder Joachim den Betrieb, Sohn Peter stieg im Januar ein.

„Alle Gäste noch rechtzeitig nach Hause geholt“: Stefan Krautscheid aus Hennef-Süchterscheid führt mit Bruder Joachim den Betrieb, Sohn Peter stieg im Januar ein.

  • Die Corona-Krise hat auch den Tourismus schwer betroffen.
  • Heimische Busunternehmen kämpften um ihre Existenz in dieser schwierigen Zeit.
  • Drei Busunternehmen beantworteten unsere Fragen zu ihrer Situation.

Rhein-Sieg-Kreis – Der Tourismus wird von der Corona-Krise gebeutelt. Wie überstehen die heimischen Busunternehmen diese schwierige Zeit? Wir fragten nach in drei Betrieben.

Ohne seinen Sohn hätte Stefan Krautscheid wohl ans Aufhören gedacht, gesteht der Busunternehmer aus Hennef-Süchterscheid, der mit seinem Bruder Joachim den Betrieb aufbaute. Zum 1. Januar war Sohn Peter eingestiegen. Der Stopp kam abrupt Mitte März. Zwei Krautscheid-Busgruppen waren da grad in Spanien und der Schweiz unterwegs. Um Reisende aus Tschechien zurückzuholen, schickte Stefan Krautscheid noch am Abend des 14. März einen Bus los. „Die Gerüchte gingen um, dass die Grenzen geschlossen werden. Es hat zum Glück alles funktioniert, und wir haben alle Gäste nach Hause transportiert.“

Hilfsmittel wurden beantragt

Für das Unternehmen begann eine neue Zeitrechnung. Neun der 21 Angestellten wurden in Kurzarbeit geschickt. „In das Verfahren müssten wir uns erst einarbeiten. Wir kannten die Abläufe ja nicht“, so Krautscheid. Im Büro gab es Schichtdienst. Stornieren, Abwickeln und Reisen zurückfahren war von nun an das Tagesgeschäft. Mit 300 000 Euro musste das Unternehmen in Vorleistung gehen. Hilfsmittel wurden beantragt. „Das ist längst nicht so einfach, wie die Politiker das im Fernsehen versprochen haben. Wir haben Kredite aufgenommen, an denen wir noch zehn Jahre zahlen werden“, fügt der 56-Jährige an. Die meisten der sieben großen und neun kleinen Busse wurden abgemeldet. Statt auf den Autobahnen zu fahren, wurden Filter überprüft und Klimaanlagen gewartet.

Jetzt hoffen die Krautscheid-Brüder, dass es bald wieder los geht. Ab 30. Mai hätten die Busse theoretisch wieder fahren dürfen. „Wir haben vier Tage vorher Bescheid bekommen. Das ist einfach zu knapp.“ Am 15. Juni wagt das Unternehmen die erste Fahrt nach Oberstdorf. Mit 15 statt 29 Kunden und natürlich unter Sicherheitsauflagen. Normalerweise biete Krautscheid zirka 500 Reisen im Jahr an. „Wenn überhaupt erreichen wir dieses Jahr 15 Prozent. Ich befürchte, das wird noch lange Auswirkungen haben. Ohne Impfstoff werden viele Touren wie zum Beispiel das Adventsgeschäft ausfallen.“

Auch die Firma Willms-Touristik aus Neunkirchen-Seelscheid war Mitte März zu 100 Prozent von der Corona-Pandemie betroffen. Von heute auf morgen standen 50 Busse still, die Hälfte davon bieten sonst in neun deutschen Städten Rundfahrten an. Alle Mitarbeiter wurden in Kurzarbeit geschickt. „Zum Glück vermieten wir unsere Busse nur und müssen nicht für Hotels in Vorleistung gehen. Aber Ausflugsfahrten von Vereinen, Schulen oder Betriebe sind bis Oktober fast alle abgesagt“, so Geschäftsführerin Ulrike Willms. Dabei sei ihr Mann am 13. März noch eilig nach Bonn gefahren, habe dort Plexiglasplanen abgeholt und in die City-Tour-Busse zum Schutz der Fahrer eingebaut. „Wir sind dann noch zwei Tage gefahren, bevor alle Busse stillstanden“, schildert die 54-Jährige.

Auch bei Willms geht es nur mit staatlichen Hilfen weiter. Durch ein KfW-Darlehen werde das Unternehmen noch Jahre von der Krise betroffen sein. „Wir haben erst vor fünf Jahren einen neuen Betriebshof gebaut, der noch lange nicht abbezahlt ist“, so Firmeninhaber Wolfgang Willms.

Immerhin finden seit 21. Mai die Stadtrundfahrten in Köln, Düsseldorf und Bonn schon wieder statt, wenn auch mit Einschränkungen. Eine Woche später startete der Fahrbetrieb in den anderen Städten. „Nur in Karlsruhe dürfen wir noch nicht fahren“, erklärt der 70-Jährige und geht durch die großen Hallen im Industriegebiet in Seelscheid, wo viele Busse in diesem Jahr wohl überhaupt nicht mehr rollen werden. Auch wenn der Schaden immens sei, ans Aufhören habe im Familienbetrieb niemand gedacht.

Busunternehmer Bernd Kolf aus Eitorf fährt zwar ausschließlich im ÖPNV, doch auch er hat mit seinem Sohn Dominique dramatische Wochen hinter sich. „Wir haben im März Einbußen in sechsstelliger Höhe gehabt“, so der 62-Jährige. Auch durch den kompletten Wegfall des Schulbusbetriebs sei die Auslastung auf nur noch 20 Prozent gesunken. Von den rund 90 Mitarbeitern waren in den vergangenen drei Monaten alle in Kurzarbeit.

Im Büro gab’s stattdessen mehr Arbeit, berichtet Sohn Dominique Kolf, 33. „Ständig sind die Fahrpläne gewechselt worden.“

Seit Mitte April laufe der Betrieb wieder etwas geordneter, allerdings von Normalität kann keine Rede sein. „Unsere Fahrer sind für mich auf einer Stufe mit Krankenpflegern und von daher auch systemrelevant. Sie müssten wesentlich besser bezahlt werden, aber gerade auch durch Corona kann ich das leider nicht“, sagt der Chef.

Für Soforthilfen hatte das Unternehmen nicht die richtige Größe. Auf einen Kredit vom Staat haben Kolfs verzichtet. Immerhin habe die Gemeinde sie großzügig unterstützt, lobt der Unternehmer. Bernd Kolf hofft nun, dass im ÖPNV in Zukunft nicht noch mehr gespart wird. „Die Luft wird ansonsten immer dünner“, so der 62-Jährige. Erst im vergangenen Jahr hat er eine Halle im Eitorfer Industriegebiet bauen lassen und fünf neue Busse angeschafft.

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