Wird der Zeitplan eingehalten?So steht es um das Projekt Leverkusener Brücke

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Lkw_Sperranlage

Vom 1. Januar bis zum 30. April 2018 sind 5112 Lkw in die drei Schrankensperren gefahren.

Leverkusen – Fünf Grad Plus verspricht das Thermometer, gefühlt sind es weniger, weil ein böiger Wind über die Baustelle der neuen Leverkusener Brücke pfeift. Mal nieselt es, mal fallen dicke Tropfen, auch etwas Hagel ist dabei. Dennoch herrscht emsiger Betrieb. Auf Leverkusener Seite, südlich der Brücke, wird im Rhein eine asphaltierte Abstellfläche für Baumaterial fertiggestellt. Die Ränder sind mit Steinen befestigt zum Schutz gegen Hochwasser.

An den Fuß der Befestigung schlagen die Wellen bereits. Die Zeit des Niedrigwassers ist vorbei. „Eine Brücke für die Brücke“, so Straßen.NRW-Projekteiter Thomas Raithel, führt vom Ufer über einen schmalen Uferweg zu der Fläche. Knapp über dem Boden schützt sie Versorgungsleitungen entlang des Rheins, die schwere Lkw beim Überfahren beschädigen könnten.

Am Kölner Ufer sind mächtige Spundwände zu erkennen. „Sie halten das Wasser vom Bauwerk“, erklärt Raithel. Zur Gründung der Brückenpfeiler werden zunächst Bohrpfähle mit einem Durchmesser von bis zu 1,50 Meter bis auf den felsigen Grund unter dem Rhein getrieben. „Darauf kommt die Fundamentplatte und darauf der Brückenpfeiler“, sagt Raithel. Davor schwimmt auf Höhe des Pfeilers der bestehenden Brücke ein Ponton im Rhein. Von ihm aus wird nach möglichen Blindgängern gesucht, auf die niemand stoßen will, der auch hier mit Bohrpfählen gründen will. „Die neuen Brückenpfeiler fallen kompakter aus“, erklärt Raithel. Da wird mehr Beton verbaut als für die alten Pfeiler. Schließlich soll die Brücke Jahrzehntelang ihren Dienst verrichten.

Ein Lkw belastet Brücken so sehr wie 60.000 Personenwagen

Das hat auch die alte Brücke getan. In einer Länge von 687 Metern überspannt sie den Rhein, mit Vorlandbrücken ist sie 1057 Meter lang. Als sie vor über 50 Jahren geplant und gebaut wurde, hatten die Lkw ein Gesamtgewicht von 24 Tonnen. Dennoch legten die Planer die Brücken für ein damals fast undenkbares Gesamtgewicht von 60 Tonnen aus. Genau das Gewicht erreichen Lkw bei Überlast jetzt gelegentlich, 40 Tonnen sind das Normalgewicht. Schwertransporte haben Achslasten von 18 Tonnen.

In die Knie gehen Brücken vor allem aber, weil der Verkehr dramatisch zugenommen hat. Statt 30.000 Fahrzeuge pro Tag muss die Brücke in Leverkusen 120.000 verkraften. Darunter waren vor der Sperrung für Fahrzeuge mit einem Gewicht von mehr als 3,5 Tonnen über 20.000 Lkw. Und die haben der Brücke letztlich den Garaus gemacht. Ein Lkw belastet Brücken so sehr wie 60.000 Personenwagen, lautet eine Faustformel.

280 Meter gilt es von einem Brückenpfeiler im Rhein zum zweiten zu überbrücken. „Das geht nur mit Stahlträgern“, sagte Raithel. Die werden in China vorgefertigt, nach Rotterdam und dann über den Rhein per Schiff transportiert und dann hier weiter zusammengeschweißt. Emsig geschweißt wird auch jetzt schon. Zehn Mann sorgen jeden Tag dafür, dass die alte Brücke tragfähig bleibt. Eine der ganz großen Herausforderungen beim derzeit größten Autobahnbauprojekt in NRW sei die Arbeit unter Verkehr. Schließlich muss die alte Brücke halten, bis sie den Verkehr an die erste neue Brücke übergeben kann.

Nachts ruhen die Arbeiten aufgrund der Anwohner

Raithel drückt sich zwar vorsichtig aus. Doch wie er es sagt, zeigt einen gewissen Optimismus, dass das auch gelingt. „Der Zustand der Brücke ist stabil, seit es die Schranken gibt“, sagt er. Sperranlagen und Schranken sorgen dafür, dass wirklich keine schweren Lkw mehr auf die Brücke fahren können. Sie müssen seitdem große Umwege, teils über Düsseldorf oder Bonn, nehmen, um über den Rhein zu kommen. So belasten sie andere Brücken oder sorgen durch erhöhtes Verkehrsaufkommen für Staus auch noch viele Kilometer entfernt.

100 bis 150 Menschen arbeiten laut Raithel derzeit auf der Baustelle. „Wir arbeiten an vielen Stellen gleichzeitig“, sagt er. Auf Leverkusener Seite heben etwa Bagger Erde aus für eine neue Abfahrt zur A 59. Dort gibt es einen weiteren Eingriff in die Altdeponie Dhünnaue. Nachts ruhen die Arbeiten aber. Zu nahe an der Baustelle gibt es Wohnungen, erklärt Raithel. Bohr- und Rammarbeiten würden den Menschen den Schlaf rauben.

Spätestens, wenn es über den Rhein geht, wird die Zahl der Arbeiter auf der Baustelle deutlich erhöht. „Die Brücke bestimmt das Tempo“, sagt Raithel. Sie ist das komplexeste Teil des insgesamt 4,55 Kilometer langen Abschnitts für insgesamt 740 Millionen Euro, der vor der Ausfahrt Köln-Niehl beginnt und über das Autobahnkreuz Leverkusen-West bis zum Europaring in Leverkusen reicht. Erdarbeiten können flexibler gestaltet werden.

Vertragstrafen, wenn zu lange gebaut wird

Der Zeitplan ist nicht üppig. Im Oktober 2017 gab es Baurecht, ab Dezember wurde die Baustelle eingerichtet. Provisorische Asphaltstraßen wurden etwa anlegt, damit schwere Lkw nicht im Schlamm versinken. Seit dem Frühjahr 2018 laufen Arbeiten für die Brückenpfeiler oder Widerlager als Auflagen für die Brücken und damit quasi die letzten Pfeiler.

Damit es zügig vorangeht, hat Straßen.NRW Vertragsstrafen vereinbart, wenn der Zeitplan nicht eingehalten wird. Ende 2020 soll die erste Brücke fertig sein. Ihre vier Fahrspuren, zu denen noch zwei weitere für Auf- und Abfahrten kommen, werden verengt auf sechs. Über die kann dann der Verkehr einschließlich Lkw rollen. Dann wird die alte Brücke abgerissen und eine zweite Brücke errichtet. Beide sollen ab 2024 wieder für reibungslosen Verkehr über dem Rhein sorgen.

So steht es um Autobahnbrücken über den Rhein

Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) ist Teil der Landesverwaltung. Er plant, baut und betreibt alle Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen im Bundesland und entstand Ende 2000 durch den Zusammenschluss der Straßenbauverwaltungen der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe.

Knapp 5700 Mitarbeiter kümmern sich um rund 2220 Kilometer Autobahnen, 4450 Kilometer Bundesstraßen, 13 100 Kilometer Landesstraßen, rund 14 000 Brücken, Tunnel und Verkehrszeichenbrücken.

Auch Kommunen sind für Brücken verantwortlich. Köln etwa für Mülheimer Brücke, die saniert wird, Zoobrücke, Deutzer Brücke und Severinsbrücke. Bonn kümmert sich um die Kennedybrücke. (raz)

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