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1. FC Köln„Ich hasse ihn“ - Kwasniok wütet nach Derbypleite gegen den VAR

4 min

Schiedsrichter Deniz Aytekin gab zwei Elfmeter für Borussia Mönchengladbach - beide Male erst auf Hinweis des Videoassistenten.

Die Diskussion um den Videobeweis im Profifußball hat nach der 1:3-Niederlage des 1. FC Köln bei Borussia Mönchengladbach die nächste Stufe erreicht. Beide Trainer haben dazu eine klare Meinung.

Am Ende eines turbulenten Derbys machte Lukas Kwasniok keinen Hehl aus seiner Ablehnung gegenüber dem Videobeweis. „Ich mag ihn nicht nur nicht, ich hasse ihn“, wurde der Trainer des 1. FC Köln deutlich und fügte zur Klarstellung an: „Und zwar unabhängig davon, ob wir bevorzugt oder benachteiligt werden.“ In dieser Hinsicht lagen Glück und Pech für die Kölner zuletzt eng beieinander. Waren sie in der Vorwoche beim 4:1-Sieg gegen den Hamburger SV noch Profiteur des VAR, wurde ihnen selbiger am Samstag bei der 1:3 (0:1)-Niederlage bei Borussia Mönchengladbach zum Verhängnis.

Drei Elfmeter hatte Deniz Aytekin verhängt, davon zwei für die Borussia – beide Male erst auf Hinweis aus dem „Kölner Keller“. Dass es sich zuvor um klare Fehlentscheidungen Aytekins gehandelt hatte, wagte Thomas Kessler zu bezweifeln. „Wir hatten einen der besten Schiedsrichter Deutschlands auf dem Platz“, erklärte der FC-Sportdirektor. „Ich hätte mir gewünscht, dass er auf seinen Entscheidungen stehen geblieben wäre.“ Selbst Gladbachs Trainer Eugen Polanski wirkte in seiner Freude über den Prestigeerfolg ein wenig gehemmt. „Ich bin tatsächlich gar kein Freund vom VAR. Das wird auch immer schlimmer bei mir. Ich denke einfach, dass die Leistung der Schiedsrichter durch den VAR beeinflusst wird“, stimmte Polanski seinem Kölner Kollegen zu.

Ich mag ihn nicht nur nicht, ich hasse ihn.
Lukas Kwasniok, Trainer 1. FC Köln, über den VAR

Lukas Kwasniok war sogar mit allen drei Elfmeter-Entscheidungen nicht einverstanden. Bei Schwarz-Weiß-Entscheidungen mache ein VAR-Eingriff noch Sinn, meinte der FC-Trainer. „Aber nicht bei dynamischen Aktionen. Er verfälscht alles. Ich habe das Gefühl, dass der VAR mittlerweile der Chef ist und nicht mehr der Unparteiische unten. Das finde ich ein bisschen schade.“ Deniz Aytekin sah das naturgemäß anders. „Es gab heute einige Situationen, bei denen ich dankbar bin, dass es den Videoassistenten gibt“, sagte der Schiedsrichter nach einem Duell mit vielen strittigen Szenen. Mit der Elfmeter-Entscheidung für den FC schien aber auch er nicht ganz zufrieden. „Es war ein leichter Stoß, es war ein harter Elfmeter. Ob man den immer geben würde, weiß ich nicht. Am Ende des Tages habe ich das so wahrgenommen und halt so entschieden.“

In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit hatte Aytekin das erste Mal auf den Punkt gezeigt. Franck Honorat war im Kölner Strafraum zu Boden gegangen, nachdem Kristoffer Lund ihn etwas zu ungestüm umgerempelt hatte. Marvin Schäbe konnte den Strafstoß von Haris Tabakovic zwar parieren, dennoch lag der FC nach dem folgenden Eckball im Hintertreffen. Philipp Sander traf ins lange Eck, zuvor hatten die Kölner den Ball mehrfach nicht klären können (45.+2). „Der gefährlichste Eckball in einem Spiel ist immer der nach einem gehaltenen Elfmeter“, ärgerte sich Kwasniok über eine weitere Unachtsamkeit seiner Elf nach einem ruhenden Ball.

Nach einer Stunde griff der VAR zum zweiten Mal ein – erneut war Lund der Pechvogel. Diesmal war ihm der Ball nach einem langen Einwurf an die Hand gesprungen. Kevin Diks erhöhte per Strafstoß auf 2:0 (61.). Zwei Minuten später war das Derby bereits entschieden. Nach einem Ballverlust des schwachen Cenk Özkacar schloss Tabakovic einen Konter zum 3:0 ab. Immerhin stemmten sich die Kölner gegen das drohende Debakel, Ergebniskorrektur gelang ihnen aber erst ganz am Ende. Nach einem Luftzweikampf zwischen FC-Stürmer Ragnar Ache und Lukas Ullrich pfiff Aytekin den nächsten Elfmeter, den der eingewechselte Luca Waldschmidt verwandelte (90.+2).

1. FC Köln: Said El Mala bleibt gegen seinen Ex-Club blass

„Die Dramaturgie war heute nicht auf unserer Seite“, sagte ein bedienter Lukas Kwasniok, dessen Mannschaft in zwei weiteren Szenen nicht das nötige Glück auf ihrer Seite hatte. Jakub Kaminski verpasste mit einem Schuss ans Lattenkreuz den schnellen Anschlusstreffer (65.), ehe ein herrliches Tor von Waldschmidt aberkannt wurde, weil Ache sich knapp im Abseits bewegt hatte (88.). „Da haben wir auch Spielglück gehabt“, gab Gladbachs Sportchef Rouven Schröder zu.

Zu dem aus Kölner Sicht gebrauchten Derby passte, dass für Said El Mala das Duell mit seinem Jugendclub nach 45 Minuten schon wieder vorbei war. „Er war nicht gut, deswegen habe ich ihn rausgenommen. So einfach ist es“, fiel Kwasnioks Begründung kurz und knapp aus. Sportdirektor Thomas Kessler fand den fehlerbehafteten Auftritt des 19-jährigen Shootingstars indes „völlig normal“: „Said ist ein junger Kerl. Wir betonen das Woche für Woche, auch wenn die Leute nicht gerne zuhören, wenn man das sagt.“ El Mala, der am Montag erstmals zur Nationalmannschaft reist, stecke noch „mitten in der Entwicklung“.

Das gilt auch für die neu formierte Kölner Mannschaft, die mit rund 60 Prozent Ballbesitz in der ersten Halbzeit kaum etwas anzufangen wusste. „Wir haben es nicht geschafft, in den Situationen mit Ball viel zu kreieren“, kritisierte Kessler, der von einer „sehr enttäuschenden Niederlage“ sprach. „Ein Derby zu verlieren, tut weh.“ Womöglich kommt dem FC die Länderspielpause nach dem ersten herben Dämpfer der Saison gerade recht. „Jetzt“, sagte Kessler, „haben wir ein bisschen Zeit, um uns zu schütteln.“