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1. FC Köln vor Derby im AbwärtstrendJan Thielmann hofft auf „neue Lösungen“

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Gewohnt kampfstark: FC-Eigengewächs Jan Thielmann (l.) bei der Punkteteilung gegen den FC St. Pauli.

Der 1. FC Köln gastiert am Samstag bei Rheinrivale Bayer Leverkusen. Nach vier sieglosen Spielen in Folge fordert Eigengewächs Jan Thielmann eine Steigerung im Offensiv- und Defensivbereich.

Manchmal fragt Jan Thielmann sich, wo die Zeit nur geblieben ist. „Es geht schon schnell vorbei“, stellt er dann mit Erstaunen fest. Zumal bei einem Club wie dem 1. FC Köln, der es versteht, Aufstiege, Abstiege und Europapokalnächte aneinanderzureihen. „Hier passiert immer viel“, sagt Thielmann, ohne sich mit seiner Feststellung der Übertreibung verdächtig zu machen. Fast auf den Tag genau sechs Jahre ist es her, dass der mittlerweile 23-Jährige sein erstes Spiel für die Kölner Profis absolviert hat. Der Gegner an jenem 14. Dezember 2019 war kein Geringerer als der rheinische Rivale Bayer Leverkusen. Allzu viele Erinnerungen an den im Tabellenkeller befreienden 2:0-Heimsieg hat Thielmann allerdings nicht mehr. „Es war eine Reizüberflutung“, beschreibt er den Moment, als er unter Trainer Markus Gisdol für seinen Ausbildungsclub in der Fußball-Bundesliga debütierte.

Weitere 168 Pflichtspiele mit dem Geißbock auf der Brust sind in all den Jahren hinzugekommen. Jan Thielmann zählt damit zu den dienstältesten Spielern einer Kölner Mannschaft, die im Sommer nach der Erstliga-Rückkehr ein neues Gesicht erhalten hat. Eine Rolle, die er durch Verantwortungsübernahme ausfüllen möchte: „Ich mag Verantwortung. Ich bin voll da, Verantwortung zu übernehmen, auch wenn wir mal eine schwierige Phase haben.“ Am Samstagabend (18.30 Uhr, Sky) schließt sich für Thielmann ein Kreis, wenn er 2191 Tage nach seinem Profidebüt erneut auf Bayer 04 trifft. Das Eigengewächs hat eine hohe Meinung von den ebenfalls neu zusammengestellten Leverkusenern. „Sie haben brutale Qualität dazugewonnen, beispielsweise mit Ibrahim Maza. Das ist eine sehr spannende Mannschaft. Wir freuen uns auf das Duell.“ Der FC tritt die kurze Anreise zur BayArena als Außenseiter an, chancenlos sieht Thielmann den Aufsteiger aber nicht: „Wir können immer überraschen, das haben wir in dieser Saison schon gezeigt. Wir hoffen auf ein offenes Spiel und werden alles geben.“

Es liegt an uns, wir müssen neue Lösungen finden, um wieder ins Toreschießen zu kommen und hinten wieder klarer zu verteidigen.
Jan Thielmann, 1. FC Köln

Spätestens dann sollte der Ärger über das 1:1 gegen den FC St. Pauli vollends verflogen sein. „In der Woche davor in Bremen haben wir spät den Ausgleich gemacht. Wir wissen also, wie schön das ist. Jetzt haben wir erfahren, wie bitter es ist, so spät den Ausgleich zu bekommen. Wir haben das relativ schnell abgehakt“, erklärt Thielmann. Kurz nach dem Abpfiff hatte er noch niedergeschlagen in den Katakomben gekauert. „Nach den ersten ein, zwei Bier ging es schon wieder“, versichert er mit ein paar Tagen Abstand. Thielmanns Enttäuschung war nur allzu verständlich: Für die Kölner stellte die überflüssige Punkteteilung gegen den Tabellenvorletzten bereits das vierte sieglose Spiel hintereinander dar. Der begeisternde Saisonstart ist inzwischen verblasst, seit dem Spätherbst befindet sich Lukas Kwasnioks Mannschaft in einem Abwärtstrend. 

Wohl auch, weil die Kölner ihre Gegner zuletzt nicht mehr überraschen konnten. „Am Anfang wusste man noch nicht: Was spielt der FC mit einem neuen Cheftrainer für ein System? Wie sind sie eingestellt? Nach ein paar Spielen erkannt man vielleicht die ein oder anderen Muster“, sagt Thielmann und resümiert: „Du wirst irgendwann etwas ausrechenbarer.“ Um nicht allzu ausrechenbar zu sein, hofft er auf eine Weiterentwicklung des Spielsystems: „Es liegt an uns, wir müssen neue Lösungen finden, um wieder ins Toreschießen zu kommen und hinten wieder klarer zu verteidigen.“ Die Defensivstandards zum Beispiel seien „teilweise desaströs“ verteidigt worden. „Wir müssen einfach schauen, dass wir das jetzt in den Griff bekommen.“ Für ebendiese „Kniffe“ sei „das Trainerteam oben im Büro verantwortlich“.

1. FC Köln: Jan Thielmann freut sich auf „besonderes Spiel“ gegen Bayer

Kwasnioks wöchentliche Rotation führte zuletzt dazu, dass Thielmann in Bremen und gegen St. Pauli auf der ungewohnten rechten Schiene zum Einsatz kam. Das Fazit des gelernten Offensivmannes fiel gemischt aus: „Gegen Bremen habe ich ein gutes Spiel gemacht und defensiv wenig zugelassen. Offensiv hätte ich mich noch häufiger und besser einschalten können. Das ist auch das, woran ich arbeiten muss, wenn ich auf der Schiene spiele: dass ich sowohl offensiv präsent bin als auch defensiv Stabilität gebe“, meint der ehemalige U21-Nationalspieler. Thielmann selbst ist kein Freund vieler personeller Änderungen: „Du brauchst einen gewissen Kern und kannst jetzt nicht jedes Wochenende elf Neue auf den Platz bringen. Wir müssen schauen, dass wir uns irgendwo einspielen.“

Sein Vorschlag für das Jahresfinale lautet wie folgt: „Wenn es die erste Elf gegen Leverkusen gut macht, könnten wir uns für das letzte Spiel einspielen und Union vor der Pause weghauen.“ Thielmann blickt beiden Duellen „voller Vorfreude“ entgegen, auch wenn er keinen Hehl daraus macht, dass am Samstag nicht das wichtigste Spiel des Jahres ansteht: „Gladbach macht dann schon nochmal mehr Spaß, weil man von außen hört, dass das Derby größer ist als das Nachbarschaftsduell. Es sind beides besondere Spiele, ich habe beide schon gewonnen. Beide Siege tun sehr, sehr gut.“