Der 1. FC Köln hat bei der Derbypleite spielerische Lösungen gegen einen tief stehenden Kontrahenten vermissen lassen. Womöglich muss sich der Aufsteiger auf ein Umdenken bei seinen Gegnern einstellen.
Probleme im Ballbesitz1. FC Köln steht vor einer neuen Aufgabe

FC-Trainer Lukas Kwasniok war nach der Niederlage in Gladbach etwas überrascht über die Defensivtaktik des Rivalen.
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Zehn Spieltage hat es gedauert, bis der 1. FC Köln vom Fluch der guten Taten eingeholt worden ist. Nach einem furiosen Saisonstart, bei dem der Aufsteiger teils begeisternden Fußball gespielt hat, sah er sich im Derby bei Borussia Mönchengladbach mit einer neuen Aufgabenstellung konfrontiert. Lukas Kwasnioks Mannschaft traf auf einen Gegner, der sich trotz seines Heimvorteils partout nicht auf einen offenen Schlagabtausch einlassen wollte. Das ging so weit, dass die Kölner auf fremdem Terrain mehr als 60 Prozent Ballbesitz verbuchten. Das Problem an der ganzen Sache: Dem FC fehlten zumindest am Samstag die nötigen Mittel und Ideen, um den tief stehenden Kontrahenten aus der Reserve zu locken. Die Ideenlosigkeit im Spiel nach vorne war neben dem Pech mit den beiden Elfmeter-Entscheidungen des Videoassistenten ausschlaggebend für die 1:3-Niederlage am Niederrhein.
Lukas Kwasniok gab im Anschluss offen zu, Borussias defensive Herangehensweise in dieser Form so nicht erwartet zu haben. „Wir wussten, dass Gladbach aufgrund der Gesamtsituation darauf bedacht sein wird, eine Kompaktheit an den Tag zu legen. Dennoch waren wir ein wenig überrascht, dass wir so viel Kontrolle hatten und Gladbach vor allem die eigene Hälfte kontrollieren wollte“, sagte der Kölner Trainer. Kwasniok wertete Borussias Defensivtaktik auch als Lob für die vorherigen Leistungen seiner Mannschaft. „Für uns ist das der nächste Entwicklungsschritt. Es ist nicht normal, dass du dir als Aufsteiger den Gegner auswärts zurechtlegen musst. Das haben sich die Jungs tatsächlich erarbeitet“, meinte der 44-Jährige, der jedoch ebenso zu bedenken gab: „Es ist dann deutlich schwieriger, als über ein offenes, wildes Spiel zum Erfolg zu kommen.“
Es ist, glaube ich, lange, lange her, dass der 1. FC Köln zu Borussia Mönchengladbach gefahren ist, die uns den Ball gegeben haben und eigentlich gar nichts wollten.
Thomas Kessler, der als Urkölner über reichlich Derby-Erfahrung verfügt, konnte sich spontan an keinen ähnlichen Fall erinnern. „Es ist, glaube ich, lange, lange her, dass der 1. FC Köln zu Borussia Mönchengladbach gefahren ist, die uns den Ball gegeben haben und eigentlich gar nichts wollten“, staunte der Sportdirektor, der die abwartende Haltung des Rivalen als „neuen Fortschritt in unserem Spiel“ bewertete. Gleichwohl musste Kessler einräumen: „Aber natürlich ist es am Ende auch ein Plan, der für Gladbach aufgegangen ist.“ Eugen Polanski widersprach dem nicht. „Wir haben unseren Job gemacht, vor allem defensiv“, stellte Borussias Coach zufrieden fest. Defensive Kompaktheit sei „ein relativ klarer Matchplan“ gewesen.
Den Kölnern schmeckte das nicht. Vor allem im torchancenarmen ersten Durchgang waren die Gäste kaum zwingend nach vorne gekommen. „Wir hatten gerade in der ersten Halbzeit extrem viele Ballbesitzphasen, aber im letzten Drittel keine Lösungen. Gladbach hat uns die Tiefe weggenommen, das war schwierig“, analysierte Torwart Marvin Schwäbe, der kritisch anmerkte: „Insgesamt müssen wir mit dem Ballbesitz besser umgehen. Wir hätten die Eins-gegen-eins-Situationen besser lösen können und nicht immer abbrechen und zurückspielen müssen.“ Auch Thomas Kessler vermisste jenen Mut, der den FC in den Vorwochen so stark gemacht hatte: „Wir hatten uns vorgenommen, mit Ball dominanter zu sein und die Situationen besser durchzuspielen. Das ist uns gerade in der ersten Halbzeit nicht gelungen“, haderte der Sportdirektor.
1. FC Köln: Lukas Kwasnioks Ideen greifen im Derby nicht
Was auch darauf zurückzuführen war, dass Lukas Kwasnioks personelle Überlegungen diesmal nicht aufgegangen waren. Während Said El Mala auf der linken Seite von Joe Scally und Philipp Sander konsequent gedoppelt und aus dem Spiel genommen wurde, fremdelte der für den Shootingstar nach rechts gerückte Jakub Kaminski mit der von ihm eher ungeliebten Position. Auf der Zehn gelang es Florian Kainz nicht, seine gute Startelf-Premiere aus dem HSV-Spiel (4:1) zu bestätigen. Auch von Isak Johannesson und dem zumeist auf Sicherheit bedachten Denis Huseinbasic ging wenig Kreativität aus. Der formschwache Marius Bülter hing als Spitze in der Luft. Besser wurde es erst, als Ragnar Ache und Luca Waldschmidt in die Partie kamen.
„Daran werden wir arbeiten“, kündigte Thomas Kessler an. „Ich bin total überzeugt, dass wir beim nächsten Mal, wenn wir auswärts wieder so viel Ballbesitz haben, das besser für uns nutzen werden.“ Kwasniok ließ derweil durchblicken, am Samstag auch mit sich selbst nicht ganz glücklich gewesen zu sein. „Wir haben unterschiedliche Spielertypen, die zu unterschiedlichen Spielen passen“, sagte der Trainer. „Da gilt es, in der Zukunft wieder eine gute Mischung zu finden.“
