100 Jahre Hennes WeisweilerVaterfigur und Despot

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Weisweiler war für viele Spieler eine Vaterfigur.

  • Die Kölner Trainer-Ikone wäre am kommenden Donnerstag 100 Jare alt geworden.
  • Zeit also, einen Blick zurück zu werfen. Die Karriere des Fußballtrainers war schon erfolgreich - doch ein Kölner Urgestein ist sich sicher, dass da sogar noch mehr drin gewesen wäre.
  • Weisweiler trainierte viele Stars und zeigte auch oft seine harten Seiten - dabei war es egal, ob die Spieler Günter Netzer oder Johan Cruyff hießen.

Köln – Als Trainer des 1. FC Köln hatte er es sich zur Gewohnheit gemacht, einmal pro Woche eine kleine Wirtschaft in der Nähe des Doms aufzusuchen und mit Gleichgesinnten den ganzen Abend lang Skat zu spielen. Dabei war Hennes Weisweiler ein ebenso schlechter Verlierer wie beim Fußball. Doch wie auf dem Rasen verlor der gewiefte Taktiker, der am Donnerstag 100 Jahre alt geworden wäre, auch am Stammtisch nicht viele Spiele.

„Wenn Hennes Weisweiler früher zum FC gekommen oder länger geblieben wäre, hätten wir mehr Titel geholt“, ist sich der damalige Torhüter und ehemalige Vizepräsident Toni Schumacher sicher. In den knapp vier Jahren zwischen Juli 1976 und April 1980 führte der charismatische Trainer die Kölner zum DFB-Pokalsieg 1977, zu Meisterschaft und Pokalsieg 1978, ins Halbfinale des Europapokals der Landesmeister 1979 und ins DFB-Pokalfinale 1980.

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Weisweiler in seinem Element.

Nur gut drei Jahre nach seinem letzten Einsatz für den FC, an einem heißen Juli-Tag, trauerten 4000 Menschen im und geschätzt 15 000 Menschen außerhalb des Kölner Doms um Hennes Weisweiler. In seinem Haus am Zürichsee hatte ein Herzinfarkt seinem Leben ein Ende gesetzt. Eine Anomalie des Herzens hatte ein Arzt schon in jungen Jahren bei dem in Lechenich, heute zu Erftstadt gehörend, geborenen Sohn eines Prokuristen diagnostiziert und ihm Sportverbot erteilt. Wie es seinem Charakter entsprach, scherte sich der Gymnasiast nicht darum. Seinen eigenen Weg verfolgend, oft genug mit dem Kopf durch die Wand, das entsprach seinem Geist.

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Weisweiler war ein echter Hingucker auf dem Trainingsplatz.

Weisweiler konnte ebenso eine Vaterfigur für seine Spieler sein wie ein Despot. Talente nahm er unter seine Fittiche und entwickelte ihr Talent zur Höchstform. Stars wie Wolfgang Overath und Heinz Flohe in Köln, Günter Netzer in Mönchengladbach oder Johan Cruyff beim FC Barcelona konnten aber auch seine Härte zu spüren bekommen.

Zur Person

Hennes Weisweiler spielte zwischen 1928 und 1952 für den VfB Lechenich, den Kölner BC, Wacker München (während des Krieges) und den 1. FC Köln. Ab 1945 war er Trainer beim VfB Lechenich, 1. FC Köln, dem Rheydter SV, Viktoria Köln, Borussia Mönchengladbach, FC Barcelona, Cosmos New York und Grasshoppers Zürich. Außerdem war er von Juli 1954 bis Juni 1955 Assistenz-Trainer der deutschen Nationalmannschaft. Weisweiler war dreimal verheiratet. Er war 61 Jahre alt, als ihm Gisela, seine dritte Ehefrau, an ihrem 38. Geburtstag 1981 Sohn John gebar. (JoS)

Neben seinen praktischen Fähigkeiten als Trainer, der zwischen 1970 und 1983 zehn nationale Meisterschaften und Pokalsiege in Deutschland, den USA und der Schweiz sowie den Uefa-Pokalsieg 1975 feierte, vermochte er theoretisches Wissen anschaulich zu vermitteln. 13 Trainerlehrgänge leitete er zwischen 1957 und 1970 als Dozent an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Die Ausbildungsstätte in Hennef, die bald zur neuen DFB-Zentrale nach Frankfurt verlegt wird, ist nach ihm benannt.

Begonnen hatte Weisweilers Trainerkarriere 1948 beim gerade gegründeten 1. FC Köln. Dadurch, dass er beim Kölner Ballspiel-Club spielte, gehörte der Mittelläufer bei der FC-Gründung am 13. Februar 1948 dem neuen Großclub von Beginn an. Zu dieser Zeit absolvierte der gelernte Großhandelskaufmann seine Trainerausbildung unter Nationaltrainer Sepp Herberger. Am 1. September übernahm er als Spielertrainer erstmals den 1. FC Köln und blieb bis Juni 1952.

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Weisweiler und die Meisterschale.

Nur drei Jahre nach seinem Weggang kehrte Weisweiler für weitere drei Jahre zum in der Oberliga spielenden FC zurück. Das dritte und erfolgreichste FC-Engagement wurde im Frühjahr 1976 auf Ibiza perfekt gemacht. Nach nur halbjährigem Gastspiel beim FC Barcelona verpflichtete Präsident Peter Weiand den zum Erfolgstrainer aufgestiegenen 56-Jährigen. Fast 10 000 FC-Anhänger kamen zu dessen erstem Training am 11. Juli ins Franz-Kremer-Stadion.

Es folgten die aufgezählten Erfolge, im Frühjahr 1980 allerdings ein bitteres Ende. Frustriert über die sich hinauszögernde Vertragsverlängerung kündigte Weisweiler Ende Januar von sich aus an, den FC nach der Saison zu verlassen. Am selben Tag unterschrieb er bei Cosmos New York. Zweieinhalb Monate später war es wieder der selbstbestimmende Trainer, der nach einem 0:1 bei Hertha BSC die Brocken hinwarf.

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Hennes Weisweiler war dem Karneval natürlich auch nicht abgeneigt.

Anschließend führte er Cosmos zum Titel und übernahm im Juli 1982 in seiner Wahlheimat den Grasshopper Club Zürich. Mit dem feierte Hennes Weisweiler am Saisonende das Double, wie 1978 mit dem 1. FC Köln. Nur wenige Wochen später hörte sein Herz auf zu schlagen. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Friedhof von Lechenich.

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