Bayer 04Perfekte Saison ist für Leverkusen zum Greifen nah

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Schiedsrichter Daniel Siewert (r.) erklärt Granit Xhaka (l.) seine Gelbe Karte erklären. Foto: imago/Hübner

Schiedsrichter Daniel Siewert (r.) erklärt Granit Xhaka (l.) seine Gelbe Karte erklären.

Josip Stanisics 1:1 in Dortmund war Leverkusens 20. Pflichtspieltor nach der 85. Minute.

Mitten im neuerlichen Last-Minute-Wahnsinn hätte Xabi Alonso die Zeit am liebsten eingefroren. Mit einem Jubelsprint zur Eckfahne und einem fulminanten Luftsprung feierte der Meistertrainer das unglaubliche 20. Pflichtspieltor von Bayer Leverkusen, das in dieser Saison nach der 85. Minute fiel. Dieses Gefühl, „diesen besonderen Moment“ nehme er mit, sagte Alonso: „Die Challenge ist jetzt, bis zum Ende ungeschlagen zu bleiben. Das wäre top.“

Der Spanier hat mit seinen Triple-Jägern eine neue Zeitzone eingeführt. Es gibt die Greenwich Mean Time, die mitteleuropäische Sommerzeit - und die Bayer Leverkusen-Zeit, die sich auf die letzten regulären fünf Minuten plus alles erstreckt, was danach noch kommen mag. Bei Borussia Dortmund lief die 97. Minute, als Josip Stanisic die Meister-Ekstase mit dem 1:1 steigerte: „Wir haben fast mehr gefeiert als letzte Woche“, stellte Alonso lachend fest. „Das war super.“

Die erste perfekte Saison der Bundesliga-Geschichte ohne Niederlage ist nach 30 von 34 Spieltagen zum Greifen nah. „Wir haben schon untereinander gesprochen. Wir wollen damit Geschichte schreiben“, sagte Granit Xhaka - wie einst die „Invincibles“ des FC Arsenal in England 2003/04. Einmütig sprachen die Bayer-Profis von der Herausforderung, die sie zum vierten möglichen „Titel“ erhoben haben.

Nachspielzeit ist Bayer-Zeit

Dass die Nachspielzeit inzwischen längst Bayer-Zeit heißen müsste, hilft dabei enorm. 20 Tore erzielte Leverkusen wie erwähnt ab der 86. Minute, 14 davon nach der 90. Minute. Zwölf waren entscheidend für die Tendenz, allein sechs verhinderten eine Niederlage - zuletzt zweimal in Folge: Am Donnerstag bei West Ham United in der 89. Minute, am Sonntag in Dortmund in der siebten Minute der Nachspielzeit. Eine Mischung aus Glaube, Glück, Widerstandsfähigkeit und Klasse. Wann hört das mal auf? Am besten gar nicht, sagen sie bei Bayer. „Unglaublich, ich habe selbst nicht damit gerechnet“, berichtete Stanisic nach seinem Kopfball, der die Rekordserie von nun 45 Spielen ohne Niederlage gerettet hatte. „Als der Ball drin war, war ich überwältigt. Und ich wusste: Wir verlieren doch nicht.“

Also: Ein ähnlicher Fehlalarm wie jener wenige Minuten danach, durch den der Medienbereich im Dortmunder Stadion sofort geräumt werden musste. Alonso aber bringt derzeit nichts aus der Ruhe, er verlegte seine Pressekonferenz einfach neben den Bayer-Bus. Dort erzählte er, dass „die große Party“ noch warten müsse: „Wir haben noch ein großes Ziel zu erreichen.“ Die perfekte Saison — und vielleicht einen Triumph in der Europa League. Und, ach ja: den Pokalsieg.

Im 46. Bayer-Spiel in drei Wettbewerben darf der VfB Stuttgart am kommenden Samstag (18.30 Uhr/DAZN) in Leverkusen versuchen, die Unbesiegbaren in die Knie zu zwingen. „Ich mag, wie sie spielen“, lobte Alonso. Er freue sich drauf, obwohl ihm mit dem nach seiner fünften Gelben Karte in Dortmund gesperrten Xhaka sein Taktgeber fehlen wird. Beim VfB ist das möglicherweise ein wenig anders, er musste bereits schmerzhaft in die Zeitzone Bayer eintauchen: Anfang Februar verlor er das DFB-Pokal-Viertelfinale in Leverkusen mit 2:3 – natürlich durch ein Tor in der 90. Minute. (sid)

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