Bayer LeverkusenBoldt gibt Posten ab: „Entwicklung ist nur durch Veränderung möglich“

Lesezeit 3 Minuten
JOnas Boldt

Jonas Boldt gibt sein Amt als Sportdirektor bei Bayer 04 ab.

Leverkusen – Die Erleichterung nach dem Befreiungsschlag gegen den VfB Stuttgart lag noch über der BayArena, da überraschte Bayer 04 Leverkusen mit einer Nachricht, die auf den ersten Blick so gar nichts mit dem 2:0-Heimsieg am Freitagabend zu tun haben wollte. Kurz nach 11 Uhr am Samstag verkündete die Medienabteilung, dass Simon Rolfes zum 1. Dezember neuer Sportdirektor des Fußball-Bundesligisten wird. Eine Meldung, die nicht etwa unerwartet kam, weil der smarte Ex-Bayer-Profi diesen Job übernimmt, sondern weil sie gleichzeitig den Abschied von Jonas Boldt bedeutet. Der 36-Jährige wird seinen Nachfolger noch einarbeiten und dann nach 16 Jahren unter dem Bayer-Kreuz den Club zum 30. Juni 2019 verlassen – auf eigenen Wunsch.

„Mittlerweile bin ich an einem Punkt angelangt, an dem ich glaube, dass eine Weiterentwicklung nur durch Veränderung möglich ist.“ Boldts Begründung für seinen Abschied im nächsten Sommer lässt tief blicken. Erst im April hatte der 2003 als Praktikant unter Rainer Calmund an die Dhünn gestoßene Betriebswirtler seinen 2019 auslaufenden Vertrag bis 2021 verlängert. Zu Beginn dieser Saison folgte er dem ins Amt des Geschäftsführers Sport gewechselten Rudi Völler in dessen Funktion des Sportdirektors. Dass Boldt trotz neuen Vertrags und neuem Titel nun für sich die Reißleine zieht, deutet auf nichts anderes als einen internen Streit um Kompetenzen hin.

Als nach nur zwei Spieltagen der neuen Saison und den beiden Niederlagen in Gladbach und gegen Wolfsburg Trainer Heiko Herrlich in der Öffentlichkeit an den Pranger gestellt und Ralph Hasenhüttl bereits als Nachfolger genannt wurde, dürfte Boldt dahinter gesteckt haben. Der neue Sportdirektor galt schon zuvor als Kritiker von Herrlich und sah das von ihm ausgegebene Saisonziel Champions League früh in Gefahr. Im Gegensatz zu Rudi Völler. Und weil der Weltmeister von 1990 weiter der starke Mann bei Bayer ist, blieb Herrlich und sitzt nach dem 2:0 gegen Stuttgart wieder fest im Trainer-Sattel.

„Zu großem Dank verpflichtet“

Eine Situation, die dem ehrgeizigen Boldt zu denken gab und seine Unzufriedenheit schürte. Er, der seit 2007 in unterschiedlichen Funktionen hauptberuflich bei Bayer 04 arbeitet und 2014 Nachfolger von Sportmanager Michael Reschke wurde, hatte immerhin diesen verheißungsvollen Kader zusammengestellt. Boldt ist dafür verantwortlich, dass Nationalspieler wie Julian Brandt und Jonathan Tah oder ein Leon Bailey ihre Verträge in Leverkusen verlängert haben. Boldt ist auch maßgeblich an der Entwicklung von Juwel Kai Havertz beteiligt gewesen. Der Sportdirektor zeichnet auch für den satten Überschuss im Transfergeschäft verantwortlich. Die Verkäufe von Hakan Calhanoglu, Kevin Kampl oder Bernd Leno haben die Leverkusener Kassen prall gefüllt. Nicht verwunderlich, dass Boldt attraktive Angebote aus Mainz und Hamburg vorgelegen haben.

„Wir sind Jonas zu großem Dank verpflichtet. Er hat mit Zielstrebigkeit und bedingungslosen Engagement deutlichen Anteil an unserem erfolgreichen Abschneiden in den vergangenen Jahren. Das wir ihn auf ganz hohem Niveau wiedersehen werden, ist für mich keine Frage“, schickte Völler seinem ehemaligen Assistenten warme Worte mit auf den Weg. Sorgen um die Zukunft unter Simon Rolfes macht sich der Geschäftsführer nicht: „Simon hat Stallgeruch, ist international bestens vernetzt und besitzt alle Fähigkeiten, um Bayer 04 erfolgreich nach vorne zu bringen.“

Vorschusslorbeeren verteilte auch Fernando Carro: „Die Entscheidung für Simon Rolfes als Sportdirektor ist ein klares Bekenntnis zur DNA von Bayer 04. Er war langjähriger Kapitän der Werkself und allseits respektierte Identifikationsfigur“, adelte der Vorsitzende der Geschäftsführung den 26-maligen Nationalspieler. Rolfes war erst im Juni 2018 als „Leiter Jugend und Entwicklung“ zu Bayer zurückgekehrt. „Für mich ist der Eintritt in die Führungsriege des Vereins die Erfüllung eines Traums“, sagte der 36-Jährige.

Gut möglich, dass neben dem so wichtigen Heimsieg von Freitagabend auch der Wechsel von Boldt auf Rolfes zur Beruhigung der Verhältnisse an der BayArena führt.

Rundschau abonnieren