„Der Charakter ist mitentscheidend“Matthias Baldys über seine Arbeit als Sportlicher Leiter und die Transferoffensive des KEC

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Matthias Baldys ist seit über zwei Jahren bei den Kölner Haien.

Matthias Baldys ist seit über zwei Jahren bei den Kölner Haien.

Matthias Baldys bleibt bei den Haien eher im Hintergrund. Der Sportliche Leiter zeigt sich vor dem Auftakt in der DEL überzeugt vom neuen Team.

Mit zwei Heimspielen gegen die Nürnberg Ice Tigers (Freitag, 19.30 Uhr) und den ERC Ingolstadt (Sonntag, 16.30 Uhr) starten die Kölner Haie am kommenden Wochenende in die Saison 2023/24 der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Im Gespräch mit Alexander Wolf spricht der Sportliche Leiter Matthias Baldys (40) über seine Arbeit und die Transferoffensive des KEC.

Herr Baldys, in Ihrem Job arbeiten Sie meist hinter den Kulissen. Kommt Ihnen das gerade recht?

Ehrlich gesagt ist es ganz okay, wenn man ein bisschen Ruhe hat. In Bad Nauheim war ich lange in einer kleineren Stadt tätig. Dort war der EC immer Thema – egal ob morgens beim Bäcker oder abends im Restaurant. Hier in Köln ist es ganz angenehm.

Wie blicken Sie auf Ihre bisherige Karriere zurück?

Die Zeit in Bad Nauheim war prägend. Aktiv begonnen habe ich bei einem kleinen Hockeyclub in Wesel, wo ich schnell merkte, wie viel Spaß mir der Sport macht. Anschließend ging es für mich in den Nachwuchs nach Köln. Die Zeit bei den Junghaien war ebenfalls sehr prägend für mich. Das war zwar noch die Zeit an der Lentstraße, aber beim Umzug nach Deutz haben wir als Teenager große Augen gemacht und gemerkt, was die Haie für ein Potential haben.

Nach Ihrer Zeit in der KEC-Jugend haben Sie an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert. Wie haben Sie die Zeit in Erinnerung?

Ich habe mich auf die Management-Schiene fokussiert, da ich gemerkt habe, dass ich allein mit Eishockey nicht aussorgen kann. Ich wusste, dass ich sehr gerne weiter im Eishockey-Sport tätig sein möchte, aber noch nicht recht, in welchem Bereich ich arbeiten will. Daher war der kaufmännische Hintergrund gut, um verschiedene Türen zu öffnen. Ich weiß nicht, ob ich alles nochmal genauso machen würde, aber es war eine gute Zeit.

2021 ging dann die Türe bei den Kölner Haien auf.

Wir hatten ja schon Bezug zueinander durch die Kooperation zwischen Bad Nauheim und dem KEC und ich wusste, dass ich mich weiterentwickeln wollte. Ich wollte vorwärtskommen und der Zeitpunkt konnte nicht besser sein. Vorher gab es auch Jobangebote in höheren Ligen, aber die waren entweder nicht für den richtigen Bereich oder ich habe mich auch noch nicht bereit gefühlt. Vor zwei Jahren hatte ich aber gleich ein sehr gutes Bauchgefühl.

Ist die Aufgabe bei den Haien komplizierter als in Bad Nauheim?

Die Aufgabe ist anders. Man sieht, dass die Dinge hier funktionieren. Du musst das Rad nicht neu erfinden. Den Fehler machen schon auch mal junge Leute, dass sie denken, sie müssten alles anders machen. Jünger, frischer, moderner. Ich glaube, die Mischung macht’s. Du hast Menschen, die seit 20, 30 Jahren dabei sind. Die verstehen ihr Handwerk. Da braucht es nicht mich, um ihnen die Dinge neu zu erklären. Natürlich braucht es Impulse oder auch frische Ideen und auch mal eine Veränderung. Aber die Kunst ist es, die Balance zu finden. Nach welchen Kriterien gehen Sie bei der Kaderplanung vor?

Es mag zwar wie eine Floskel klingen, aber neben den sportlichen Fähigkeiten ist für uns auch der Charakter entscheidend. Weil der dich eben durch eine Saison trägt. Es gibt ja auch schwere Phasen und wenn du da einen guten, geerdeten Typen hast, der den Fokus nicht verliert, dann hilft dir das ungemein. Und wenn du solche Charaktere gleich mehrfach in der Kabine hast, dann hast du eine stabile Mannschaft. Mit Chefcoach Uwe Krupp haben Sie ein weltweit bekanntes Zugpferd an Ihrer Seite. Erleichtert das Ihre Arbeit oder entstehen dadurch eher mal Reibereien?

Uwe hat natürlich eine Strahlkraft, von der wir als gesamter Club profitieren. Generell muss ich das Thema Kaderplanung perspektivischer betrachten als vielleicht der Coach, der tagtäglich mit den Spielern arbeitet. Ich glaube, dass es immer eine gute Diskussion braucht. Wenn alle nur das Gleiche denken und reden würden, dann wäre dies nicht vorteilhaft. Wir haben aber im ganzen Trainerteam so viel Knowhow, da sind unterschiedliche Meinungen normal. Wenn sich zu einem Spieler fünf Meinungen viermal decken, dann hast du eine gute Bewertung. Am Ende braucht es doch einen Konsens und ich muss mit verantworten, welche Spieler bei uns auf dem Eis stehen.

Als Stürmer waren Sie früher angriffslustig und auf Ihren Instinkt angewiesen. Finden sich diese Attribute auch in Ihrem Job als Sportdirektor wieder?

Ich glaube nicht, dass ich forsch bin. Ich schaue mir Situationen an, bewerte sie und fälle dann wohlüberlegt meine Entscheidungen. Man sieht es ein Stück weit auch an der Arbeit. Seit ich hier bin, haben wir in keinem Jahr den Kader komplett umgestaltet, sondern Veränderungen mit Bedacht vorgenommen. Genau genommen war ich auch Mittelstürmer, und da brauchst du schon einen breiten Blick, musst nach links und nach rechts schauen und einschätzen können, was die Leute neben dir tun. Dies benötige ich auch in meiner aktuellen Position.

Für die Kölner Verpflichtungen gab es in diesem Sommer viel Lob. War es eine perfekte Transferperiode?

Wir sind sehr glücklich mit der neuen Truppe. Jeden Spieler, den wir verpflichtet haben, wollten wir aus voller Überzeugung. Jetzt müssen wir schauen, wie die Jungs zusammenpassen. Wir haben sicherlich eine andere Tiefe im Sturm und können auch defensiv anders reagieren. Alle, die kamen, sind mit einer großen Grundmotivation gekommen. Tobias Ancicka kommt beispielsweise, um den nächsten Schritt zu machen und sich für die Nationalmannschaft zu empfehlen. Tim Wohlgemuth will wieder zu alter Stärke finden. Andrej Sustr ist das erste Mal in Europa und hat sich bewusst für uns entschieden. Das spricht letztlich auch für die gute Arbeit, die im gesamten Club geleistet wird.

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