Marcus Uhlig, Geschäftsführer von Rot-Weiß Oberhausen, gehört zu den lautstärksten Stimmen für eine Regionalliga-Reform. Im Interview erklärt er, warum es längst nicht mehr nur um den Aufstieg geht.
Rot-Weiß Oberhausen-Chef Marcus Uhlig„Wir wollen das Produkt Regionalliga komplett neu denken“

Marcus Uhlig ist seit Januar 2025 Vorstandsvorsitzender bei Rot-Weiß Oberhausen und ein prominentes Gesicht der Initiative „Aufstiegsreform 2025 – Meister müssen aufsteigen“ im Westen.
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Herr Uhlig, Sie sind in der Regionalliga West einer der lautstarken Unterstützer der Initiative „Aufstiegsreform 2025 – Meister müssen aufsteigen.“ Wie kam die Initiative zustande und was sind Ihre Grundforderungen?
Marcus Uhlig: Die Gründung der Initiative ist über einige maßgeblich treibende Vereine im Osten gelaufen. Aufgrund der Tatsache, dass die Regionalliga Ost keinen sicheren Aufstiegsplatz hat und sich dort immer mehr ambitionierte Traditionsvereine tummeln, die alle in die Dritte Liga wollen, wurde die Forderung nach „Meister müssen aufsteigen“ immer lauter.
Was genau ist das Problem mit der aktuellen Aufstiegsregel?
Das aktuelle Aufstiegsverfahren ist mindestens komisch. Die Meister der Staffeln Südwest und West steigen sofort auf. Im rotierenden Verfahren wird zudem ein direkter Aufsteiger aus Nord, Nordost oder Bayern festgelegt. Die dann übrigbleibenden Meister müssen per Playoff den Aufstieg klarmachen. Dass das natürlich ein mindestens mal komisches System ist und insbesondere für die anderen drei Regionalligen ein nicht planbares Verfahren ist – und auch den Fußballfans ein kaum vermittelbares Verfahren – sollte keinen überraschen. Im Nordosten ist der Druck daher immer stärker geworden, da die ganzen Erfurts, Jenas, Chemnitzes und Zwickaus dort sind und alle Drittliga-Ambitionen haben.
Aus fünf sollen vier Regionalliga-Staffeln werden
Welches Modell verfolgt die Initiative konkret?
Das favorisierte und realistische Modell wäre, von fünf auf vier Regionalligen zu reduzieren. Sprich Nord, Ost, Süd und West. Landes- sowie Verbandsgrenzen würden gesprengt werden, daher wäre das ein sportpolitischer, komplizierter Prozess. Aus Oberhausener Sicht sage ich, wenn wir beispielsweise nach Erfurt oder Homburg fahren müssten, ist das nicht schlimm. Die Spiele wären zuschauertechnisch stark.
Um den Vorschlägen Gehör zu verschaffen, berief der DFB eine Arbeitsgruppe. Die Besetzung sowie wann diese final gegründet wird, ist jedoch noch offen...
„Leider ja. Diejenigen, die die Initiative gegründet haben, wollten das Thema noch mal richtig anfassen und auf die Agenda bringen. Nicht, indem wir jetzt irgendeinen schlauen Vorschlag erarbeiten, sondern erstmal versuchen, in den komplizierten sportpolitischen Prozess Ordnung und Struktur zu bekommen. Am Ende soll eben jene Arbeitsgruppe ins Leben gerufen werden, die maßgeblich vom DFB begleitet, gesteuert und moderiert wird. Die soll wiederum durch die richtigen Vertreter der Verbände, der DFL und der Vereine besetzt werden. Der Runde müssen die Werkzeuge an die Hand gegeben werden, eine echte Reform zu erarbeiten, unter Einbeziehung aller denkbaren Aspekte, auch unabhängig von der Aufstiegsregel.

Fortuna Köln und Rot-Weiß Oberhausen positionieren sich im Rahmen des Ligaalltags klar für eine Regionalliga-Reform
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Wie ist der aktuelle Stand?
Wir haben beim DFB bereits mehrfach nachgefragt, wann es endlich Informationen zur Auftaktveranstaltung der Arbeitsgruppe gibt. Bisher hat sich der Verband damit aber offenbar noch gar nicht ernsthaft beschäftigt. Bis zum nächsten DFB-Bundestag wird das vermutlich nichts mehr. Dabei freuen wir uns sehr über den grundsätzlichen Beschluss, eine solche Arbeitsgruppe überhaupt ins Leben zu rufen. Jetzt erwarten wir aber auch zeitnah einen konkreten Fahrplan, wie der Reformprozess ablaufen soll. Ziel ist es ja, zur Saison 2027/28 unter neuen Rahmenbedingungen zu starten.
Ein häufig diskutiertes Thema sind die Zweitvertretungen der Profivereine. Welche Ansätze schlägt die Initiative diesbezüglich vor?
Es gibt zwei Ansätze für die zweiten Mannschaften. Einmal analog zum englischen System. Alle zweiten Mannschaften kommen in eine Liga. In der Weststaffel ist es so, dass wir gegen sieben Zweitvertretungen spielen müssen. Das hilft den zweiten Mannschaften mehr als es uns hilft. Die zweite Variante wäre, dass jeder Verein, der eine zweite Mannschaft stellt, eine Summe X in einen gemeinsamen Topf einzahlt. Das Geld sollte dann unter allen Profimannschaften verteilt werden, um die fehlenden Einnahmen, etwa durch das Ticketing, auszugleichen.
Was genau sind die Probleme im Umgang mit den Zweitvertretungen?
Es gibt da nicht die eine Wahrheit. Wenn zum Beispiel Zweitvertretungen in Oberhausen spielen, sagen die betreffenden Vereine, das sei gut: die Spieler treten vor vielen Zuschauern im echten Männerfußball auf, bekommen mediale Aufmerksamkeit und erleben richtigen Wettbewerb, anders als in der NLZ-Blase.
Aber: Wir haben in der Regionalliga einen ungleichen Wettbewerb. Die Amateurmannschaften verfügen über deutlich breitere Kader und können theoretisch auf alle Profispieler zurückgreifen. Man weiß nie, wer tatsächlich auf dem Platz stehen wird. Die Teams bringen keine Zuschauer mit und auch für unsere eigenen Fans sind solche Spiele wenig attraktiv.
Die Initiative zielt also auf mehr als nur die Änderung der Aufstiegsregel ab. Worum geht es darüber hinaus?
Ich sehe mich als Manager in der Verantwortung, auch über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Wir beschäftigen uns nicht nur mit der Aufstiegsregel, sondern mit dem gesamten Produkt „Vierte Liga“. Im Westen haben wir in der vergangenen Saison drei Vereine erlebt, denen der Sprit ausgegangen ist: Düren, Türkgücü Dortmund und Uerdingen. Es gibt so viele Themen und so viel Verbesserungspotenzial auf dem Weg hin zu einer echten, professionellen Vierten Liga. Deshalb müssen wir das aktuelle Momentum nutzen. Wenn sich ganz Fußball-Deutschland mit der Regionalliga-Reform beschäftigt, dann lasst uns die Chance ergreifen. Wir wollen das Produkt Vierte Liga komplett neu zu denken.
Das ist mein Beweggrund aus RWO-Sicht: Wir wollen die Struktur der Regionalliga in vielen Bereichen anpacken. Es braucht eine neue, tragfähige Struktur, angefangen bei der Trägerschaft bis hin zu modernen Vermarktungsansätzen. Wir brauchen ein vergleichbares, professionelles Produkt. Wenn alle vier Regionalliga-Staffeln ein seriöses Lizenzierungsverfahren durchlaufen, wenn die Verbände gemeinsam mit Agenturen professioneller an die Vermarktung herangehen und eng zusammenarbeiten, dann entsteht etwas Neues. Auch das Thema TV-Verträge muss ganz anders gedacht werden. In den Osten schauen wir alle mit Neid. Dort wird die Regionalliga im Fernsehen übertragen.

Im Rahmen der Aufstiegsinitiative spielten Rot-Weiß Oberhausen und der FC Chemnitz gegeneinander (5:1 für RWO), unter dem Motto „das Nichtaufstiegs-Spiel.“ Ziel war es, weitere Aufmerksamkeit auf die Initiative zu lenken. Links im Bild Marcus Uhlig, rechts Tommy Haeder, Sprecher der Initiative Aufstiegsreform 2025 sowie Geschäftsstellenleiter bei Chemnitz.
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Auch der FC Schalke hat sich der Initiative angeschlossen. Wie kam das zustande?
Ich habe tatsächlich Schalke 04 für die Initiative gewinnen können. Die verfolgen denselben Ansatz. Die zweite Mannschaft der Schalker wäre in der vergangenen Saison fast abgestiegen, unter anderem wegen der Machenschaften von Düren, Uerdingen und Türkgücü Dortmund. Ich habe lange mit Schalkes Sportvorstand Frank Baumann darüber gesprochen. Die Erstligisten sowie die größeren Zweitligisten haben nochmal eine ganz andere Wucht, eine ganz andere mediale Wirkung.
Begeisterung beim DFB über Veränderung nicht immer spürbar
Gab es denn auch Vereine, die sich gegen die Initiative ausgesprochen haben?
Es gab Vereine, die das abgelehnt haben. Sie äußern die Sorge, dass zu viel Veränderung ins System kommt und kleinere Vereine hinten herunterfallen, also künftig nur noch fünftklassig spielen würden. Wenn die Regionalligen zum Beispiel auf vier Staffeln reduziert werden, wären es statt 90 nur noch 72 Vereine.
Wie schätzen Sie die Haltung von DFB-Präsident Bernd Neuendorf ein?
Mein Eindruck ist, dass Herr Neuendorf das Thema auf der Agenda hat und gesprächsbereit ist. Aber der DFB ist ja kein kleiner Verband, dort werden tausende Themen besprochen. Für die Landes- sowie Regionalverbände als auch für den DFB gilt, dass die Begeisterung über Veränderungsprozesse nicht unbedingt überall zu spüren ist. Selbst wenn unser DFB-Präsident nach vorne geht, wird es so sein, dass er intern nicht nur Beifall bekommt.