Umgang mit dem ChefWer schreit, verliert Autorität

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Wichtig für Chef und Mitarbeiter: sachlich bleiben. (Bild: Thinkstock)

Wichtig für Chef und Mitarbeiter: sachlich bleiben. (Bild: Thinkstock)

Herr Glazinski, einer Umfrage des Ruhr-Universität Bochum aus dem Jahr 2009 zufolge ist der Chef im Betrieb der Unzufriedenheitsfaktor Nummer 1. Was bemängeln Mitarbeiter an ihren Vorgesetzten hauptsächlich?

Bernd Glazinski: Da kommen einige Faktoren zusammen. Beanstandet wird anweisendes Verhalten, fehlende Empathie oder mangelndes Verständnis für die Situation des Mitarbeiters. Geradezu klassisch ist unklares Delegieren. Der Chef sagt so einen Satz wie: ,Machen Sie mal’. Oft weiß der Untergebene dann gar nicht, was genau er tun soll und was er überhaupt machen darf. Das kann für ihn äußerst negative Konsequenzen haben. Ein Beispiel ist der Versandmitarbeiter, der die Ware am Freitag wegschicken muss. Die Ware darf nicht ohne Papiere zum Kunden raus, die Papiere sind aber freitags nie da. Der Mitarbeiter schickt die Ware stets doch weg, weil der Kunde wartet. Damit entsteht in der Firma ein massives Spannungsfeld, denn der Mitarbeiter kann sich gar nicht mehr korrekt verhalten.

Es gibt Chefs, die auch schon Mal cholerisch werden, wenn ihnen etwas nicht passt. Verschafft man sich mit Anschreien Autorität?

Glazinski: Im Gegenteil, der Chef verliert sogar an Autorität. Die Führungskraft zeigt Kontrollverlust, doch sie wird ja gerade dafür bezahlt, in schwierigen Situationen die Kontrolle zu behalten. Führung ist eine Steuerungsaufgabe. Wenn rund herum alle hektisch werden, muss der Chef den Überblick bewahren. Das kann man mit der Rolle eines Kapitäns vergleichen, der in Krisensituationen genaue Anweisungen geben muss. Das Schiff kann in der Zwischenzeit auch der erste Offizier steuern. Wenn es im Berufsalltag schwierig wird, sind Erfahrung, Ruhe und Souveränität gefragt. Genau das schafft Glaubwürdigkeit und Vertrauen.

Sollte man die Konfrontation mit einem brüllenden Chef suchen?

Glazinski: Nein, auf keinen Fall. Denn der cholerische Vorgesetzte ist in dem Moment emotional instabil. Wenn man diese Kerbe vertieft und sich ebenfalls gehen lässt, schaukelt sich die Konfrontation immer weiter hoch. Besser ist es, die Situation zu verlassen, später noch mal mit dem Chef zu sprechen und klar zu sagen, dass man so nicht behandelt werden möchte. Der Mitarbeiter muss seinen Toleranzraum definieren. (siehe auch acht goldene Regeln zum Umgang mit cholerischen Chefs)

Welche Rolle spielt das Thema Menschenführung in Managerseminaren?

Glazinski: Mittlerweile eine sehr große. Denn die Wirtschaft hat erkannt, dass in guter Menschenführung ein zentraler Erfolgsfaktor liegt. Wenn man sich heute in großen Unternehmen umschaut, sind Psychologen alltäglich geworden. In den letzten 20 Jahren gab es einen deutlichen Trend hin zum menschlichen Faktor. Die Soft Skills gewinnen immer mehr an Bedeutung. Das Führungsverhalten ist durch die vielen Trainings insgesamt eher moderater denn lauter geworden.

Das Gespräch führte Dogan Michael Ulusoy

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