Unwetter in NRWUnwetter sucht die Eifel heim

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Bei dem Unwetter im Kreis Euskirchen wurden zahlreiche Straßen überflutet. Hier in Kall war die Bahnunterführung betroffen. (Bild: M. Hilgers)

Bei dem Unwetter im Kreis Euskirchen wurden zahlreiche Straßen überflutet. Hier in Kall war die Bahnunterführung betroffen. (Bild: M. Hilgers)

Kreis Euskirchen – Eine heftige Unwetterfront hat gestern Teile des Kreises Euskirchen überflutet. In Kall stand die Bahnunterführung „so voll, wie ich sie noch nie voll gesehen habe“, sagte Kalls Gemeindebrandinspektor Harald Heinen. In Rheder war die L 178 überflutet und unpassierbar, allerorten liefen Keller voll, Kanaldeckel wurden aus völlig überlasteten Rohrsystemen nach oben gedrückt. In Kall musste auch die Bahnlinie gesperrt werden.

Gegen 12.30 Uhr hatte das Unwetter begonnen und sich zunächst über Kall entladen. Im Neubaugebiet an der Hüttenstraße liefen die Keller in gut einem halben Dutzend Häuser voll. In einem der Häuser brachten Bewohner ihren Hund auf einem Schrank in Sicherheit, während sie versuchten, mit einer Eimerkette das Wasser aus dem Keller zu befördern. Besonders stark betroffen war der Stürzerhof. „Wir sind hier das Wasser-Sammelbecken fürs Industriegebiet“, schilderte die 38-jährige Susanne Mey-Baum. „Wir saufen hier ja regelmäßig ab.“

Hoher Schaden bei Möbel Brucker

Dieses Schicksal teilte Nachbarin Petra Lehmann. Der Garten der 45-Jährigen ähnelte einem See, die Garage stand unter Wasser. Dutzende Feuerwehrmänner versuchten, der Lage Herr zu werden. „Ohne die schnelle Hilfe unserer Nachbarschaft wären wir wohl total abgesoffen. Seit 2001 können wir fast jährlich Waschmaschine und Trockner neu kaufen. Das ganze Haus stinkt auch nach Wochen noch. Die Kosten der Reinigungsarbeiten steigen in die Höhe“, so Lehmann.

Derzeit werden in der Hüttenstraße Baumaßnahmen für eine Verbesserung der Kanalisation durchgeführt. „Wir fühlen uns von der Gemeinde im Stich gelassen. Niemand fühlt sich verantwortlich“, ärgern sich die Anwohner des Stürzerhofs.

Weil sich in Kall immer mehr Einsatzstellen auftaten, entsandte die Euskirchener Rettungsleitstelle zwei komplette Löschzüge aus Nettersheim und Schleiden nach Kall, um die Kollegen zu unterstützen. Das DRK aus Kall richtete eine Verpflegungsstelle für die Wehrmänner ein.

Einen großen Schaden hat auch das Möbelhaus Brucker zu verzeichnen. Am früheren Eingang des „Hauses 1“ sammelte sich das Wasser. Parkende Autos füllten sich bis unter die Motorhaube. Sämtliche Brucker-Mitarbeiteter waren damit beschäftigt, das Wasser aus dem Gebäude zu kehren. Der Strom fiel aus.

Unter der Leitung von Manfred Frontzek kämpften Wehrleute aus Wahlen, Sistig und Pesch gegen die Wassermassen. Betroffen: Die komplette Schlafabteilung im Erd- und weitere Bereiche im Kellergeschoss. Auch in Keldenich waren Dutzende Häuser betroffen. Heinen: „Und das, obwohl es in Keldenich meistens glimpflich ausgeht.“

Communio-Küche überflutet

Unterdessen hatte das Unwetter Mechernich erreicht. Hier wurden sofort alle Löschzüge alarmiert, eine Koordinierungsstelle im Feuerwehrgerätehaus eingerichtet. Zahlreiche Keller mussten ausgepumpt werden, vereinzelt wurden Straßen kurzfristig überflutet. Gruppenführer Steffen Hausner war mit vier Fahrzeugen in der Weierstraße, Kreuzung Emil-Kreuser-Straße mit Tauchpumpen und Wassersaugern im Einsatz.

Erst vor einem Jahr hatte Dirk Helmes ein kleines Geschäft eröffnet. „Das Wasser kam blitzschnell“, schilderte er. Mitarbeiterinnen versuchten, die Ware zu retten. Der Keller lief voll. 13 000 Haarreifen, Schuhe, Weihnachtsdekoration und 1500 Kinderjeans schwammen durch die Räume. Ebenfalls erwischte es die Zentralküche der „Communio in Christo“. Durch die Ventilatoren der Kühlräume lief das Wasser, so Mitarbeiter Helmut Kirch. Dort, wo ansonsten strengste Hygiene herrscht, schrubbten Anja Weiß und Cornelia Pörschke den Dreck aus den Fluren.

Das zehnte Eifel-Triker-Treffen am Mühlenpark fiel im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser: Die gestern aufgebauten Zelte der Teilnehmer standen zum Jubiläum knietief in den braunen, matschigen Fluten, die sich in der Anlage rund um die Sommerrodelbahn verteilten.

Die Bad Münstereifeler kamen vergleichsweise glimpflich davon: In drei Straßen drückte die Flut in der Kanalisation die Gullydeckel hoch, ein Baum hielt den heftigen Windböen nicht stand, einige Keller wurden überflutet. Unter Einsatzleitung von Stadtbrandinspektor Horst Griesenbrock waren Feuerwehrleute in der Kernstadt, in Iversheim und in Arloff tätig, hatten die Lage aber schnell unter Kontrolle.

Derweil spitzte sich die Situation in Euskirchen zu: Die Straße zwischen Rheder und Billig war stellenweise überflutet, in Kreuzweingarten, Kirchheim, Kuchenheim, Stotzheim und Rheder liefen Keller voll. Auch an der Steinbachtalsperre mussten die Helfer ihre Saugpumpen einsetzen, um Keller trocken zu legen.

VON FRANZ KÜPPER, MANFRED HILGERS, FRANZ-JOSEF VOGT und BERND ZIMMERMANN

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