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Keine weiße WeihnachtStatt weißen Flocken „schneit“ es Pollen

Lesezeit 3 Minuten

Schnee produzieren derzeit nur die Schneekanonen, wie hier in Winterberg

Offenbach – Den Schlitten kann der Weihnachtsmann in diesem Jahr nicht gebrauchen - auf Rädern kommt er besser an sein Ziel, denn die Meteorologen sehen zur Bescherung grün. Die Südwest-Strömung bringt milde Luft aus Südeuropa ins Land, und an dieser Großwetterlage werde sich bis Weihnachten nichts ändern, sagte Meteorologe Stefan Bach vom Deutschen Wetterdienst (DWD) am Mittwoch.

So mild ist es derzeit in Deutschland, dass diesmal Pollen und nicht Flocken unterwegs sind. Schon am Dienstag startete der DWD seinen Pollenwarndienst. „Mitte Dezember - so früh waren wir noch nie dran“, sagte DWD-Sprecher Andreas Friedrich am Mittwoch. Gewöhnlich beginne die Saison im Januar oder Februar.

Zwar seien nur ganz vereinzelt und lokal im Südwesten Hasel-Pollen unterwegs, aber „Allergiker reagieren schnell“, sagt Christian Haller vom DWD-Zentrum für Medizinisch-Meteorologische Forschung in Freiburg. Ein großer Teil des Blütenstaubs komme mit dem Südwest- oder Südwind aus Frankreich oder der Schweiz, nur wenige Haselkätzchen in Deutschland seien schon so weit entwickelt.

Wenigstens keine Rutschpartie

Die Fahrt zur Familienfeier mit festlichem Gansessen dürfte ohne Rutschpartie abgehen. „Das freut alle, die unterwegs sind“, sagt Johannes Boos vom ADAC, der für das kommende vierte Adventswochenende die erste Reisewelle erwartet. Die Mannschaften der Räum- und Streudienste können die Bescherung voraussichtlich ungestört zu Hause erleben. Auch der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport freut sich, wenn seine 319 Spezialfahrzeuge zum Räumen der Bahnen an den Feiertagen nicht gebraucht werden.

Nach dem wärmsten November in Deutschland liegt auch der Dezember auf Rekordkurs: Derzeit ist das Temperaturniveau 4,6 Grad höher als der Monatsdurchschnitt. Aber das ganze Jahr werde in Deutschland keinen neuen Rekord aufstellen, der Spitzenwert von 2014 wird laut DWD-Sprecher Friedrich nicht überholt. Global wird 2015 jedoch ein neuer Höchstwert erwartet.

Schnee schon lange ohnehin die Ausnahme

Bis auf die Alpen und die Hochlagen der Mittelgebirge ist Schnee hierzulande zu dieser Jahreszeit seit jeher die Ausnahme. Die Chancen seien am niedrigsten in Küstennähe und im Flachland, sagt DWD-Sprecher Gerhard Lux. Auf den Nordseeinseln oder am Niederrhein werde man wohl fast immer vergeblich auf einen weihnachtlichen Spaziergang im Schnee hoffen. Nach DWD-Angaben lag zuletzt 2010 ganz Deutschland unter einer weißen Decke. Vor zwei Jahren hatten zu Weihnachten im Südwesten und Süden fast 20 Grad geherrscht. Mit dem Klimawandel habe mildes Weihnachtswetter nichts zu tun, weiße Weihnachten seien in den vergangenen 100 Jahren nicht seltener geworden.

Schnee zu Weihnachten gehöre aber trotz der geringen Wahrscheinlichkeit einfach immer noch dazu, sagt Trendforscher Christian Rauch vom Zukunftsinstitut Frankfurt. „Das ist Teil unseres kulturellen Gen-Codes.“ Mit Weihnachten würden Winter, Schnee, Schlitten und Rentiere verbunden - alles zusammen stehe für Gemütlichkeit, Ruhe und Abschalten. Da bekomme die ungemütliche, dunkle Jahreszeit etwas Heimeliges.

Aber noch größer als die Sehnsucht nach weißen Weihnachten ist offenbar der Wunsch nach schönen Stunden im Kreis der Familie: In einer repräsentativen Studie des Marktforschungsunternehmens GfK für die „Apotheken Umschau“ gaben etwa 30 Prozent der Befragten ein verschneites Fest als Wunsch an. Aber gut 60 Prozent nannten das harmonische Familientreffen als ihren sehnlichsten Weihnachtswunsch. (dpa)