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Proteste gegen MassentourismusDemonstranten kapern Touristenbus in Mallorca

Lesezeit 3 Minuten
Palma: Die Teilnehmer der Demonstration gegen den Massentourismus

Palma: Teilnehmer der Demonstration gegen den Massentourismus

Auf Mallorca gibt es massive Proteste gegen den Massentourismus. Einheimische und Bürgerinitiativen fordern politische Maßnahmen gegen die negativen Folgen.

Der Zorn kocht über: Auf Mallorca haben Einheimische genug vom Massentourismus – und gehen auf die Barrikaden. Am Wochenende kaperten Aktivisten der Plattform „Menys turisme, més vida“ (Weniger Tourismus, mehr Leben) einen Sightseeing-Bus im Zentrum der Inselhauptstadt Palma. Sie bestiegen das Fahrzeug und entrollten ein Transparent mit der Aufschrift: „Stoppt die Touristifizierung“. Sie protestieren dagegen, dass das ungezügelte Wachstum des Tourismus zunehmend zu Lasten der einheimischen Bevölkerung geht.

Die Aktion war der Startschuss zu einer neuen Welle von Protesten gegen die Auswirkungen des Massentourismus auf der beliebten Ferieninsel. Am Sonntagabend fand eine weitere Demonstration in der Innenstadt Palmas mit rund 8000 Teilnehmern statt. Für diesen Protestmarsch hatten sich über 60 Bürgerinitiativen zusammengeschlossen – darunter der große mallorquinische Umweltverband GOB.

Gleichzeitig fanden auch in anderen südeuropäischen Städten, die unter einem ähnlichen Besucheransturm leiden, Kundgebungen statt. Dieser Tourismusboom hat nach Meinung der Kritiker zunehmend zerstörerische Folgen für die Umwelt und verschärft die vielerorts ohnehin schon dramatische Wohnungsnot.

„Wir demonstrieren für das Recht auf ein würdiges Leben“

Laut der mallorquinischen Bürgerbewegung „Menys turisme, més vida“ ist das Ziel der Proteste, die zunehmende wirtschaftliche Ausrichtung der Insel auf das Urlaubsgeschäft anzuprangern und politische Maßnahmen zu fordern, um das Wachstum des Tourismus zu stoppen. „Unser Territorium steht nicht zum Verkauf“, erklärte die Organisation. „Es ist dringend notwendig, dem Tourismus Grenzen zu setzen und einen Kurswechsel einzuleiten.“

„Wir demonstrieren für das Recht auf ein würdiges Leben“, betonte ein Sprecher der Aktivisten. Er verwies darauf, dass die Touristensaison auf Mallorca bereits mit „untragbaren Zuständen“ in Urlauber-Hotspots wie Sóller, Artà oder Palma begonnen habe. Auf Mallorca dauert die Hauptsaison von Frühjahr bis Herbst.

Im Juli und August kommen monatlich mehr als zwei Millionen Urlauber auf die Insel, auf der 950.000 Menschen leben. Die Wohnungsnot werde durch die zunehmende Ausbreitung von Ferienapartments und die Immobilienkäufe durch Ausländer immer größer. Das führe zur Verdrängung der Einheimischen, die in vielen Wohnvierteln zu einer Minderheit geworden seien. Rund ein Drittel aller Wohnungs- und Hauskäufe auf der Insel werden inzwischen durch wohlhabende Ausländer getätigt.

13,5 Millionen Touristen auf der Insel im Jahr 2024

Allein im Jahr 2024 empfing Mallorca über 13,5 Millionen Touristen – ein Rekordwert, der laut Prognosen der balearischen Regierung 2025 sogar übertroffen werden könnte. Die meisten Besucher, mehr als 40 Prozent, kommen aus dem deutschsprachigen Raum. Aus Sicht zahlreicher Anwohnervereine und Umweltgruppen führt die touristische Überlastung auch zu Verkehrschaos, Naturzerstörung und Trinkwassermangel.

Der konservativen Regionalregierung wird vorgeworfen, nichts gegen die wachsenden Probleme zu unternehmen, sondern sie sogar noch zu verschlimmern: „Mallorca erlebt derzeit eine neue Welle der territorialen Zerstörung.“ Gemeint sind Beschlüsse der Inselregierung wie die Legalisierung illegaler Bauten auf ländlichem Boden, die weitere Liberalisierung des Grundstücksmarkts und die Übertragung öffentlichen Bodens an private Investoren.

Die Folgen dieser Politik seien für die Insel verheerend, heißt es. „Mehr Bauprojekte, mehr Spekulation, mehr Umweltzerstörung – und ein beschleunigter Kollaps Mallorcas.“ In der Balearenregion regiert die konservative Volkspartei, unterstützt von der rechtspopulistischen Bewegung Vox. Bereits in den Vorjahren gab es große Demonstrationen auf der Insel gegen den Massentourismus. Doch trotz der öffentlichen Mobilisierungen sei wenig passiert, kritisieren die Initiatoren der Proteste.