Die grüne WelleWie exotische Papageien Köln erobern

Halsbandsittiche fühlen sich in unseren Städten so richtig wohl.
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Köln/Heidelberg – Die urbane Vogelwelt verzeichnet exotische Neuzugänge: Grüne und gelbe Papageien haben in vielen Großstädten Deutschlands Einzug gehalten. Auf 20000 Exemplare schätzt der Biologe Michael Braun die Population der Halsbandsittiche mit ihrem leuchtend grünen Gefieder und dem schwarzen Kragen der Männchen. „Die Exoten haben eine freie ökologische Nische für sich gefunden“, erläutert Braun, der sich wissenschaftlich mit dem Alexandrinus manillensis beschäftigt hat.
Insbesondere am Rhein haben die Vögel optimale Lebensbedingungen gefunden. Ausgerechnet Bäume auf der noblen Kö in Düsseldorf haben sie sich als Nachtlager auserkoren – sehr zum Unmut der Einzelhändler. An der Kölner Rheinpromenade sind sie eine Touristenattraktion. „Die Leute fühlen sich wie im Amazonaswald“, sagt Horst Bertram, Chef des Kölner Naturschutzbundes Nabu. In Heidelberg werden Reisende vor dem Hauptbahnhof am Abend vom Kreischen der etwa 1000 Exemplare auf ihren Schlafbäumen an einer der größten Kreuzungen der Stadt begrüßt. Und in Stuttgart suchen Gelbkopfamazonen im innerstädtischen Rosensteinpark nach Nahrung.
Phänomen nicht auf Deutschland begrenzt
„In den Citys ist es noch mal wärmer als in der Umgebung“, sagt Braun, der die Heidelberger Gruppe untersucht hat. Das Phänomen sei nicht auf Deutschland begrenzt, auch in anderen mitteleuropäischen Ländern und Südeuropa seien Papageien mittlerweile zuhause. Der Halsbandsittich habe sich von seinem Ursprungsland Indien nach Südostasien und Südamerika ausgebreitet und sei nun weltweit die häufigste Papageienart, sagt Naturschützer Bertram. „Der Halsbandsittich ist quasi der neue Spatz.“
Die Ursprünge der deutschen Populationen liegen Jahrzehnte zurück. „In den 60er und 70er Jahren gab es in Deutschland einen Papageien-Hype“, erzählt Bertram. Die Haltung von Papageien sei damals ein verbreitetes Hobby gewesen. Aus der Gefangenschaft geflüchtete Exemplare bildeten die Basis für die einzelnen Bestände. So war das auch in Stuttgart, wo die einzige deutsche Gruppe der Gelbkopfamazonen zu finden ist.
„Damals haben Vogelfreunde gesammelt, um eine Partnerin für ein entflohenes Männchen zu erwerben“, erzählt die Fotografin Bianca Horn, langjährige Beobachterin der 60 Papageien. Aus der damaligen Verbindung gingen 1986 drei Jungvögel hervor und verhalfen einer Spezies zu neuem Schwung, die in ihrer mittelamerikanischen Heimat fast ausgestorben ist. Dort gibt es nur noch 3500 Exemplare.
Ganz konfliktfrei ist das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier nicht. In Heidelberg nisteten Papageien 2003 in der Wärmedämmung eines Seniorenheimes. Brutkästen lösten schließlich das Problem.
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In Köln wollte man sogar schon eine „Vergrämungsbeauftragte“ einsetzen, um die Tiere zu verscheuchen, nachdem Anwohner von Schlafbäumen sich über Lärm und Kot der insgesamt 3000 Vögel beschwert hatten. Besonders betroffen davon war ein Biergartenbetreiber, dessen Markise täglich von Papageien verschmutzt wurde. Die Vögel zogen 50 Meter weiter auf Bäume vor einem Hotel, dessen Gäste nun das bunte Treiben genießen. „Eine glückliche Fügung“, sagt Nabu-Chef Bertram. So musste die „Vergrämungsbeauftragte“ nicht mit Lärm, Licht und Greifvogel-Attrappen ausrücken. Im nahen Düsseldorf war einst sogar im Gespräch, die Sittiche mit Falken von der Flaniermeile zu vertreiben.
Nach Bertrams Worten ist das Aufsuchen eines gemeinsamen Schlafbaumes ein Urinstinkt der Tiere, der ihnen Sicherheit gibt. Würden sie vertrieben, teilten sie sich in mehrere kleine Grüppchen auf. „Das Schlafplatzsplitting bedeutet Stress und Unruhe für die Sittiche.“ Fazit: „Dann würden sich noch mehr Menschen gestört fühlen.“ (dpa)