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Royal AscotCharles’ Pferde und Kunstwerke auf dem Kopf

Lesezeit 4 Minuten
A racegoer poses for a photograph on Ladies Day, the third day of the Royal Ascot horse racing meeting in Ascot, west of London, on June 19, 2025. (Photo by JUSTIN TALLIS / AFP)

Schmetterlinge, diesmal nicht im Bauch: Eine Ascot-Besucherin am Donnerstag.

Noch bis zum Samstag läuft das Pferderennen von Ascot. Ein Höhepunkt für Freunde des Reitsports – gewiss. Aber abseits der Rennbahn gibt es einen weiteren Wettstreit. Und auch dabei wird streng geprüft, ob die Bedingungen eingehalten werden.

Ob knallig bunt oder dezent elegant – das Pferderennen von Ascot ist ein royales Großereignis unter der Schirmherrschaft der britischen Krone. Am bekanntesten ist es für das, was sich abseits der Rennbahn abspielt: ein inoffizieller Wettstreit um die spektakulärste Kopfbedeckung. Bei strahlendem Sonnenschein strömten diese Woche wieder fein gekleidete Gäste auf das Gelände, bereit für ein Ereignis voller Etikette, Pferdestärken und gesellschaftlichem Schaulaufen.

Viele Frauen inszenierten ihren Kopfschmuck als flüchtigen Moment: Schmetterlinge schienen sich aus ihren Kreationen zu erheben, als wollten sie im nächsten Augenblick davonfliegen. Die Hüte bei Ascot, nur wenige Kilometer von Schloss Windsor entfernt, sind oft kleine Bühnenstücke, extravagant und kunstvoll. Zahlreiche pinke Kugeln umspielten ein anderes Exemplar wie Planeten ihre Sonne – ein Miniaturkosmos, der den Kopf der Trägerin zum Mittelpunkt machte.

Die legendäre englische Rennwoche, die noch bis Samstag dauert, ist ein Spektakel und einer der wichtigsten Termine im britischen Gesellschaftskalender. Seit mehr als 300 Jahren vereint das Galopprennen Sport, Stil und Staatsritual. „Die Rennwoche ist fest in der Populärkultur verankert. Vor allem die Mode, allen voran die Hutmode, sorgt regelmäßig für großes mediales Aufsehen“, sagt Pauline Maclaran, von der Royal Holloway University of London unserer Redaktion.

RECORD DATE NOT STATED 19th June 2025 Ascot Racecourse, Berkshire, England Royal Ascot Horse Racing, Day 3 Charles Darwin ridden by Ryan Moore wins The Norfolk Stakes PUBLICATIONxNOTxINxUK ActionPlus12802594 SimonxWest

Pferderennen gibt es natürlich auch. Am Fronleichnamstag gewann Charles Darwin, geritten von Ryan Moore, den Wettbewerb The Norfolk Stakes

Auftritt in offener Kutsche Für den nötigen Glamour sorgt auch die königliche Familie. Die Royal Procession, also der Einzug des Königspaares und seiner Familie, eröffnet offiziell den Renntag. Das Ritual gilt als feierlicher Höhepunkt. „Für die Royals ist es wichtig, dort gesehen zu werden. Es unterstreicht die heitere, traditionsreiche Seite der Monarchie und trägt dazu bei, dass sie der Öffentlichkeit sympathisch bleibt“, sagt Maclaran. Bei der Royal Procession am Mittwoch fuhren König Charles III., Königin Camilla und Prinz William mit der offenen Kutsche ein. Prinzessin Catherine hingegen fehlte – und das überraschend. Laut Palastquellen sei sie enttäuscht, nicht teilnehmen zu können, müsse jedoch das richtige Gleichgewicht finden, während sie langsam zu öffentlichen Aufgaben zurückkehrt. Nach ihrer Krebserkrankung und vorbeugenden Chemotherapie befindet sich die 43-Jährige in der Genesungsphase.

Die Gäste in der Royal Enclosure, dem traditionsreichsten und abgeschirmtesten Bereich der Rennbahn, empfingen die Royals im feinsten Zwirn. Zutritt erhält nur, wer Mitglied ist oder persönlich eingeladen wurde. Der Dresscode ist streng geregelt. Morning Dress, ein Frack für den Tag, mit Zylinder für Herren sind Pflicht.

Kopfschmuck auf fester Basis mit mindestens zehn Zentimeter Durchmesser

Frauen müssen entweder einen klassischen Hut oder einen Kopfschmuck mit fester Basis von mindestens zehn Zentimetern Durchmesser tragen. Vor Ort achtete auch am Mittwoch eigens dafür eingesetztes Personal darauf, dass die Regeln eingehalten werden. Etwas lockerer und legerer geht es in der Windsor Enclosure zu. Hier kosten die günstigsten Tickets rund 40 Euro.

Bei all dem Prunk, Pomp und gesellschaftlichen Getöse sollte man nicht vergessen: Auch sportlich ist Ascot ein Ereignis der Superlative. An fünf Tagen werden 35 Rennen ausgetragen. Mit Preisgeldern im Umfang von Hunderttausenden Pfund zieht das Ereignis die besten Pferde, Jockeys und Trainer der Welt an.

Skeptiker hatten nach dem Tod von Queen Elizabeth II. ein Ende der königlichen Nähe zum Rennsport befürchtet. Doch König Charles III. hat diese Prognosen widerlegt. Auch 2025 gehen wieder Pferde aus dem Rennstall der Royals an den Start – darunter Reaching High, trainiert von Trainer Willie Mullins. Das Pferd stammt aus irischer Zucht und wurde noch von Königin Elizabeth II. selbst gezogen.

Für die verstorbene Queen war Ascot eine Herzensangelegenheit. Als ihre selbst gezüchtete Stute Estimate im Jahr 2013 den Gold Cup gewann – das traditionsreichste Rennen des Meetings – reagierte sie sichtlich bewegt. Sie lachte und klatschte begeistert, ein seltenes Bild der sonst kontrollierten Monarchin. Charles gilt als interessiert, aber nicht so leidenschaftlich vertieft wie seine Mutter.

Historisch betrachtet überrascht dies nicht, wie Nick Smith, Direktor für Rennbetrieb und Öffentlichkeitsarbeit der Rennbahn betont: „Das Interesse der Monarchen war nie durchgehend konstant.“ So sei etwa bekannt, dass Königin Victoria in der späteren Phase ihres Lebens kaum noch kam. Royal Ascot bestand dennoch fort – als Bühne, auf der sich Monarchie, Mode und Mythos jedes Jahr neu begegnen.