Wie eng waren die Kontakte des Sexualverbrechers Jeffrey Epstein zum britischen Königshaus? Der Historiker Andrew Lownie hat ein schonungsloses Porträt von Prinz Andrew und seiner Ex-Frau Sarah Ferguson geschrieben, das die Royals erheblich unter Druck bringt.
Schwere Vorwürfe gegen Bruder von Charles III.Palast-Mitarbeiter wurden vor Prinz Andrew gewarnt

Peinliche Verwandtschaft: Der damalige Kronprinz Charles und seine Mutter Elizabeth II. mit Prinz Andrew (r.) 2019.
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Prinz Andrew lebt zwar weiterhin gemeinsam mit seiner Ex-Frau Sarah Ferguson in einem Anwesen in Windsor, circa eine Autostunde von London entfernt. Doch in „Entitled: The Rise and Fall of the House of York“ („Privilegiert: Aufstieg und Fall des Hauses York“) beschreibt der Historiker Andrew Lownie bröckelnde Wände und tropfende Wasserleitungen.
Die Residenz steht sinnbildlich für den tiefen Fall eines Prinzen, der seinen Platz im britischen Königshaus längst verloren hat – und dennoch weiter für Skandale sorgt. Der Autor zeichnet in seinem Buch, das schon vor seiner für den 14. August geplanten Veröffentlichung für Aufsehen sorgt, auf 456 Seiten ein schonungsloses Porträt von Andrew und Sarah. Dabei zeigt er den Prinzen nicht nur als Royal, der durch seine Verbindungen zum inzwischen verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein in Ungnade gefallen ist – sondern als Sinnbild eines abgehobenen Lebensstils: geprägt von Arroganz, Maßlosigkeit und Desinteresse.
Masseurin nennt Andrew „ständigen Belästiger“
So habe der jüngere Bruder von König Charles III. seinem Ruf als „Randy Andy“ – dem notorischen Schürzenjäger – über Jahre hinweg mehr als entsprochen. Während eines Besuchs in Thailand 2006 sollen ihn über 40 Frauen innerhalb eines Wochenendes in seiner Hotelsuite besucht haben. Eine Masseurin bezeichnet ihn als „ständigen Belästiger“. Neue Palast-Mitarbeiter wurden gewarnt, sich von ihm fernzuhalten. Auch in seiner öffentlichen Rolle versagte der Prinz, schreibt Lownie: Seine Funktion als Handelsgesandter in den 2000er-Jahren habe er für eigene finanzielle Interessen genutzt. Immobilien-Deals, diplomatische Kontakte – all das floss in ein Netzwerk royaler Monetarisierung. Ernsthafte Vorbereitung? Fehlanzeige. Britische Diplomaten gaben ihm spöttisch den Spitznamen „His Buffoon Highness“, seine lächerliche Hoheit.
Ferner zeichnet Lownie ein bemerkenswert klares – und angesichts der aktuellen Debatten über die Verstrickungen des US-Präsidenten Donald Trump in das Epstein-Netzwerk brisantes – Bild von Andrews Beziehung zu dem US-Sexualstraftäter, der sich mutmaßlich in Haft das Leben genommen hat. Laut seinen Recherchen kannten sich Andrew und Epstein deutlich länger und trafen sich häufiger, als es der Herzog von York je zugegeben hat. Bereits in den frühen 1990er-Jahren sollen er und seine Ex-Frau Sarah Ferguson engen Kontakt zu dem US-Millionär gepflegt haben.
Epstein war Teil des royalen Umfeldes
Ein Foto, das dieser Tage durch die britischen Medien geht, wirft ein Schlaglicht auf die Nähe zwischen Epstein und Andrew. Aufgenommen am 22. Juni 2000 beim Pferderennen Royal Ascot, ist der US-Millionär mit Krawatte und Zylinder in der königlichen Ehrentribüne zu sehen, jenem exklusiven Bereich, in dem an diesem Tag auch Königin Elizabeth II. anwesend war. Epstein war sichtbar Teil des royalen Umfelds.
Bereits Ende 2019, nach dem desaströsen BBC-Interview zu seinen Verbindungen zu dem umstrittenen US-Finanzier, zog sich Andrew aus dem öffentlichen Leben zurück. Virginia Giuffre, die im April dieses Jahres Suizid begangen hat, hatte dem Royal sexuelle Übergriffe in London, New York und auf Epsteins Privatinsel in der Karibik vorgeworfen. Ihre Klage wurde 2022 außergerichtlich beigelegt, ohne dass der Royal ein Fehlverhalten einräumte. Königin Elizabeth II. soll laut Medienberichten einen Teil der Vergleichssumme im zweistelligen Millionenbereich aus privaten Mitteln beigesteuert haben.
Zu den schwerwiegendsten Behauptungen, die Lownie in seinem Buch erneut aufgreift, zählt die Annahme, Epstein könnte belastendes Material – darunter möglicherweise sogar intime Videoaufnahmen – über Andrew gesammelt und überdies an ausländische Nachrichtendienste weitergegeben haben. Die Vorstellung, dass ein Mitglied der königlichen Familie erpressbar gewesen sein könnte, verleiht dem Fall eine sicherheitspolitische Brisanz, die weit über persönliche Verfehlungen hinausreicht.
„Bei dieser Geschichte steht viel auf dem Spiel“, schreibt Lownie am Ende seines Buches. Denn: „Was wäre die Konsequenz für die Monarchie, wenn das ganze Ausmaß der Verstrickung des Hauses York mit Jeffrey Epstein ans Licht käme?“ Ein ehemaliger Mitarbeiter des Buckingham-Palasts bringt die möglichen Folgen drastisch auf den Punkt: „Davon könnten sie sich nie erholen. Sie haben im Laufe der Jahre viele Skandale überstanden, aber dieser würde sie endgültig zu Fall bringen.“