Gewalt gegen FrauenIn Wipperfürth gibt es ein gutes Netzwerk und viele Anlaufstellen

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Häusliche Gewalt

Symbolbild

Wipperfürth – Am heutigen Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“, ist die Gleichstellungsbeauftragte Marlies Lützow in der Hansestadt unterwegs, um Flyer und Infobroschüren in den Geschäften und bei den Ärzten auszulegen. Sie ist Ansprechpartnerin wenn es um die Prävention häuslicher Gewalt geht. Als sichtbares Zeichen dieses Tages werden am Rathaus die Fahnen von „Terres des Femmes“ wehen. Viele  öffentliche Gebäude weltweit  sollen zudem Orange angestrahlt werden.

Zahlen im Lockdown gestiegen

Nicht nur deutliche Zeichen setzen, sondern konkrete Angebote und Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen zu schaffen, das ist das Ansinnen der Wipperfürther Gleichstellungsbeauftragten. Gerade während der Corona-Pandemie habe es bereits im ersten Lockdown im Frühjahr eine deutliche Zunahme von häuslicher Gewalt gegeben, berichtet die 56-Jährige. Sechs Frauen seien vor der Gewalt ihrer Partner geflohen und wurden in Frauenhäusern und Wohnungen untergebracht, so Lützow. Sonst gebe es im ganzen Jahr vielleicht zwei solcher Fälle in der Hansestadt.

Das heiße aber natürlich nicht, dass es nur  wenige Fälle von Gewalt gebe, denn das Verlassen des Partners sei ja nur der letzte Schritt nach einer langen Eskalation und einem langen Leidensweg, oft auch für die Kinder. Gewalt und Unterdrückung habe viele Formen, es gehe nicht nur um körperliche Gewalt.  Zudem gebe es eine hohe Dunkelziffer, viele Frauen würden sich nicht offenbaren und keine Hilfe suchen. Und manchmal auch keine suchen können, da es durch die Beschränkungen während der Pandemie kaum unbeobachtete Momente gebe.

Hier gibt es Hilfe

Bei Gefahr immer die 110 anrufen, sich in ärztliche Behandlung begeben und die Verletzungen dokumentieren, am besten Fotos machen, rät Gleichstellungsbeauftragte Marlies Lützow.

Hilfe bietet die Kreispolizei Oberberg mit den Beamtinnen und Beamten des Kriminalkommissariats Opferschutz , Telefon 0 22 61/81 99-880,

E-Mail gummersbach.kpo@polizei.nrw.de

Weitere Hilfsangebote in der Region gibt es hier:

  • Psychologische Beratungsstelle Herbstmühle: 0 22 67/30 34
  • Stadt Wipperfürth, Marlies Lützow 0 22 67/64-370
  • Caritas-Verband: 0 22 61/ 30 68 41, E-Mail frauenhaus@caritas-oberberg.de
  • Weißer Ring: 01 51/551 646 56

www.hilfetelefon.de

www.frauen-info-netz.de

„Gewalt hat viele Gesichter: Mord und Totschlag, Vergewaltigung und sexueller Missbrauch, Stalking und Bedrohung, Einschränkungen der persönlichen Freiheit, Cybermobbing und viele mehr. Das Leben ist für die Betroffenen von einem Moment auf den anderen ein ganzanderes geworden, geprägt von Ängsten, Not und Verzweiflung, oft gepaart mit Einsamkeit und Hilflosigkeit. Eins ist sicher: Ein wirklich freies Leben gibt es nur ohne Gewalt!“ so das Fazit von Sabine Steller, der Gleichstellungsbeauftragten des Oberbergischen Kreises Sabine Stelle, in einer Mitteilung zum Welttag. Wichtig sei es, das Selbstbewusstsein  bei Frauen schon im Kindesalter zu stärken. Bei manchen Familien mit Migrationshintergrund sei es zudem erforderlich,  über  die Rechte und die Rollen von Mann und Frau in Deutschland aufzuklären, so Lützow. Sie hat festgestellt, dass es dort eher zu Gewalt kommt.

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Insgesamt zieht sie aber zuversichtlich, denn: Es gebe in Wipperfürth ein gutes Netzwerk und eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und den anderen Hilfsangeboten. Auch die Vernetzung und die Zusammenarbeit mit dem Oberbergischen Kreis funktioniere  gut. So könne oft schon gehandelt werden, bevor es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen komme. Wichtig sei, sich rechtzeitig Hilfe zu holen und eine Beratungsstelle aufzusuchen.

Im Interview: Bürgermeisterin Anne Loth: "Wir müssen die präventive Arbeit stärken"

Gewalt gegen Frauen ist ein Thema, das am heutigen Tag im Fokus steht.

Loth: Und es ist gut, dass wir auf dieses Problem aufmerksam machen und die Angebote der Stadt und der zahlreichen Hilfsorganisationen vorstellen. Wir setzen heute ein Zeichen, aber es ist wichtig, an diesem Thema täglich zu arbeiten, denn körperliche Gewalt hat immer eine Geschichte. Natürlich muss im konkreten Gewaltfall sofort Hilfe erfolgen. Es ist aber  wichtig,die präventive Arbeit zu stärken.

Wie sieht das konkret aus? Welche Möglichkeiten hat die Stadt?

Wir haben hier ein engmaschiges Netzwerk, das von unserer Gleichstellungsbeauftragten Marlies Lützow koordiniert wird. Das Jugendamt und auch  die psychologische Beratungsstelle Herbstmühle kennen die Familien, in denen es Probleme gibt. Hier versuchen wir gezielt, Hilfsangebote zu vermitteln und ein Problembewusstsein zu schaffen. Wichtig ist, dass die Partner, allen voran die Männer, denn sie sind ja in den meisten Fällen die Aggressoren, lernen, Auseinandersetzungen friedlich auszutragen und Konflikte zu lösen. Gewalt ist keine Lösung.

In Corona-Zeiten steigen die Fälle von häuslicher Gewalt, für die Opfer ist es aber  wegen der reduzierten sozialen Kontakte schwieriger, sich jemandem anzuvertrauen.

Die psychische Belastung durch die Corona-Pandemie ist für viele Familien sehr hoch. Einige sind an ihren Grenzen angekommen. Für alle, die mit dem Thema befasst sind heißt das jetzt, noch sensibler und aufmerksam zu sein, damit die Fälle rechtzeitig erkannt und die Gewaltspirale durchbrochen werden kann. Die Opfer von Gewalt schweigen oft aus Angst oder Scham, haben teilweise auch Schuldgefühle.  Das gilt insbesondere für Kinder. Mit unseren präventiven Angeboten wollen wir das Selbstbewusstsein von Mädchen und Frauen stärken, damit sie gar nicht erst Opfer von Gewalt werden.

Interview: Michael Lenzen

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