Kugel Eis ist LuxusSozialberatungsstellen im Oberbergischen Kreis sind alarmiert

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Viele Familien sparen beim Wocheneinkauf. (Symbolbild)

Wipperfürth/Lindlar – Seit 25 Jahren hilft Thomas Kröger Menschen in Oberberg, die in Not geraten sind. Doch einen solchen Anstieg bei den Energie- und Lebenshaltungskosten hat der Sozialarbeiter noch nie erlebt: „Die Leute müssen nun mehr denn je schauen, wie sie mit dem Geld hinkommen“, sagt Kröger, der für die Arbeiterwohlfahrt (Awo) Oberberg arbeitet.

Die Kosten für Gas, Strom und Benzin steigen. Die hohen Energiepreise führen dazu, dass sich Menschen häufiger Hilfe suchen müssen, weil es finanziell eng wird. Einen direkten Anstieg an Klienten in der Beratung kann die Caritas Oberberg aktuell zwar nicht verzeichnen.

Aber: Das Thema Geld und Energiekosten wird in praktisch allen Beratungsangeboten dringender. So zum Beispiel in der Beratung junger Familien bei der Caritas.

Immer mehr Menschen von Energiearmut betroffen

Energiearmut nennt das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln diese Entwicklung, wenn mehr als zehn Prozent des Nettoeinkommens für Energie ausgegeben werden müssen. Dass diese Entwicklung auch in der Region zu Problemen führt, können auch die Berater der Caritas und der Awo bestätigen.

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Viele Menschen sparen an frischen Lebensmitteln. (Symbolbild)

„Wir merken, dass es durch die aktuellen Preise bei den Leuten immer enger wird“, berichtet Markus Würtz, der bei Caritas Menschen berät, bei denen das Geld knapp wird. „Das fängt schon im Kleinen an“, sagt Würtz. Kein Geld für frische Lebensmittel sei ein Beispiel. „Stattdessen wird zu Fertiggerichten und Toast gegriffen“, so Würtz.

Awo-Berater Thomas Kröger rechnet das vor: „Wenn eine Person in den letzten Monaten vielleicht 200 Euro für Energiekosten bezahlt hat, bezahlt sie jetzt 250 bis 300 Euro. Das lässt sich nicht mal so eben ausgleichen“, erklärt Kröger.

Kein Geld für frische Lebensmittel

Beim Einkauf müsse beispielsweise streng auf Angebote geachtet werden. „Ein ungeplanter Einkauf ist gar nicht mehr möglich“, so Kröger.

Wie die einzelnen Betroffenen mit der Situation umgehen, ist unterschiedlich. Mal werden Schulden gemacht, manchmal steht sogar die eigene Wohnung auf dem Spiel oder junge Eltern überlegen, wo sie sparen können „Wenn es darum geht, bei den Heizkosten zu sparen, müssen sich junge Eltern mit einem schlecht isolierten Haus zum Beispiel fragen, ob 18 Grad für ein Neugeborenes verantwortbar sind“, berichtet Markus Würtz.

Klar ist, dass die gestiegenen Lebenshaltungskosten Einfluss auf den Alltag haben: „Für die Menschen, die sowieso schon finanzielle Nöte haben, wird es noch enger“, so Caritas-Berater Würtz.

Wenn das Geld nicht mehr bis Monatsende reicht

Das Geld reicht dann nicht mehr bis zum Monatsende, sondern nur noch bis zum 20. eines Monats. „Selbst für eine Kugel Eis reicht es oft nicht“, so Würtz weiter. Von Ausflügen, Kunst und Kultur ganz zu schweigen.

Das merken auch schon die Kinder. „Die haben in der Schule das Gefühl nicht mehr mithalten zu können. All das, weil durch hohe Energie- und Lebenserhaltungskosten das Geld an anderer Stelle fehlt“, warnt der Caritas-Berater. Dabei sei der fehlende Ausflug mit den Kindern in den Zoo für viele mittlerweile längst ein Luxusproblem, hat auch der Awo-Berater festgestellt.

Bei der Schuldnerberatung der Awo geht es dann darum, einen genauen Haushaltsplan aufzustellen. Berater und Klient schauen, welche Fixkosten bestehen, wie hoch das Einkommen ist und was an Geld übrig bleibt. Dann werde überlegt, an welchen Stellen noch gespart werden kann. „Das ist aktuell ziemlich schwierig. Günstige Energieversorger gibt es nicht mehr und auch die Wohnkosten explodieren“, schildert Kröger das Problem.

Kritik am aktuellen Hartz-IV-Satz

Für die Beratungsangebote der Region hofft Thomas Kröger auf mehr Unterstützung seitens der Politik: „Der Hartz-IV-Satz muss dringend angepasst werden“.

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Angesichts hoher Strom- und Gasrechnungen und der hohen Lebensmittelpreise passe das schon längst nicht mehr. „Wenn nichts passiert, wird es in Zukunft für die Menschen immer schwieriger am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben“ sagt auch Markus Würtz. „Die Menschen sorgen sich um ihre Existenz“, fasst es Thomas Kröger zusammen.

Wo man in Oberberg Hilfe und Beratung findet

Beratungsangebote gibt es in Oberberg viele. Zum Beispiel über die Diakonischen Werke der evangelischen Kirchenkreise, den katholischen Caritasverband und die Arbeiterwohlfahrt.

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