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„Wir verkaufen nicht“Wald der Familie Lob soll Industriegebiet Klause weichen

Lesezeit 5 Minuten

Unterwegs im Wald. Neben dem Grundstück der Lobs liegt ein aufgegebener Steinbruch. Für die Erweiterung des Industriegebiets müssen rund 23 Hektar Wald gerodet werden.

Horpe – Und dann war da plötzlich der Holzpflock: In den Boden gerammt, markiert mit Neonfarbe. Mitten im Wald der Lobs. „Wahrscheinlich von der Vermessung“, sagt Werner Lob und zuckt mit den Schultern. Es ist der Wald seiner Familie, in dem jemand den Holzpflock in den Boden gesteckt hat – und wenn es nach dem Willen der Lindlarer Wirtschaftsförderungsgesellschaft BGW geht, dann sollen die Lobs diesen Wald bald verkaufen. Doch das wollen weder Werner Lob (77), noch sein Sohn Jörg. Der hat den Hof längst vom Vater übernommen. So läuft das bei den Lobs. Seit Generationen.

Werner Lob am Steuer seines MB-Trac. Der Schlepper ist Baujahr 1980. Die Landwirtschaft hat sein Sohn Jörg übernommen, Werner Lob wohnt auf dem Altenteil des Hofs.

Die Klause-Erweiterung ist ein großes Projekt: Es ist die letzte große Fläche, auf der es in Lindlar noch möglich ist, Industrie anzusiedeln. Und: Es ist eine der letzten großen Industrieflächen im ganzen Kreis. 50 Fußballfelder soll das ganze Gebiet groß werden. Das sind rund 35 Hektar. Auf rund 22 Hektar davon könnten Firmen und Gewerbebetriebe bauen. Wie das Gebiet Klause-Süd tatsächlich aussieht, steht noch nicht fest, denn bislang existieren nur Planentwürfe. Entwürfe, die mit den rund 1,5 Hektar der Lobs planen.

Alle anderen Flächen sind bereits verkauft

Auf dem Hof der Lobs in Horpe steht das Brennholz hoch wie ein Einfamilienhaus gestapelt. Wer Holz braucht, kann es hier bestellen. „Wir schneiden jede Größe“, sagt Werner Lob, als er den Schlepper aus der Remise rangiert. Der hellgrüne MB-Trac ist Baujahr 1980 und tut immer noch unverdrossen seinen Dienst, auch im Wald. Und den Wald steuert Lob jetzt an. Es ist ein kurzer Weg. Zwischen ein paar Wiesen durch, an der Grenze des bestehenden Industriegebiets vorbei und dann noch einmal links.

Schon seit über zehn Jahren liegt die Erweiterung von Klause auf dieser Fläche in den Schubladen der BGW. Über 30 Einzelverhandlungen hat die Gesellschaft geführt. Inzwischen hat die BGW „die Flächen erworben, die für die Erweiterung und Realisierung des Gewerbegebiets erforderlich sind“, berichtet Lindlars Bürgermeister Dr. Georg Ludwig. Der ist auch Geschäftsführer der BGW, die eine 100-Prozent-Tochter der Gemeinde ist. Allerdings räumt Ludwig ein: „Ein Grundstück fehlt noch“. Das sei zwar nicht zwingend notwendig, aber zumindest nützlich für die Planungen. Mehr sagen weder Gemeinde noch BGW zu dem Thema, denn bei Vertragsangelegenheiten gilt Datenschutz.

Lob rangiert den MB-Trac auf dem Wirtschaftsweg. Er fährt Schritttempo, denn immer wieder schlagen Zweige in die Fahrerkabine. Ein befreundeter Landwirt habe so mal ein Auge verloren, warnt Lob, aber das sei Jahre her. Auf dem Stück, das für die Klause Erweiterung fehlt, stehen derzeit vor allem Fichten, rund 60 Jahre alt.

Die Pläne für die Erweiterung von Klause werden in Gummersbach bei der Oberbergischen Aufbaugesellschaft vorbereitet. Offenbar gibt es zumindest Gedankenspiele, was geschieht, wenn die Lobs hart bleiben. Änderungsplanung heißt das im Amtsdeutsch. Wege müssten verlegt und Grundstücke neu zugeschnitten werden.

Der Schlepper zischt, als Lob ihn an einem alten Steinbruch stoppt. Farne und Fingerhut wachsen über den Grauwacke-Blöcken, die noch an der aufgegebenen Abbaustelle liegen. Die Naturschützer des Nabu hatten hier nach geschützten Tierarten gesucht – und gefunden. „Man muss kein Grüner sein ...“, fängt Lob einen Satz an und schaut in den Wald.

Die Erweiterung von Klause soll für Oberberg eine Premiere sein: Mit Lindlar und Engelskirchen wollen zwei Gemeinden gemeinsam ein Industriegebiet entwickeln, ausschließlich auf dem Gebiet einer der beiden beteiligten Kommunen. Zwar hatte Engelskirchen schon für den bestehenden Teil von Klause seinen Namen gegeben, aber das war es dann auch schon. Jetzt verhandeln die beiden Rathäuser und wollen die Zusammenarbeit in einem Vertrag festlegen. Dabei geht es auch um Geld: Um die Kosten für die Erschließung, aber auch für zu erwartenden Steuereinnahmen. Mitte Juli soll es dazu ein weiteres Treffen geben, teilt Lindlars Verwaltung mit.

Der Trac tuckert weiter über den Wirtschaftsweg. Links neben dem Weg wuseln Ameisen. Werner Lob steigt die zwei Trittstufen vom Führerhaus runter und zeigt den Ameisenhaufen, den hat er schon länger im Blick. Wenn er im Wald zu tun hat, schaut er auch gerne nach, was die Ameisen so machen.

Für die Erweiterung von Klause sollen rund 23 Hektar Wald gerodet werden. Viel davon Fichtenwald, aber eben auch alter Laubwald. Als Ausgleich hat die Gemeinde Flächen an anderen Orten schon aufgeforstet. Auch die Lobs hätten eine andere Fläche zur Bewirtschaftung haben können. Und bei einem passenden Waldstück als Ersatzfläche hätten sie über den Tausch vielleicht nachgedacht. „Aber unser Wald ist hier. Was soll ich mit einem Wald, der 20 Kilometer weit weg ist?“, fragt Lob und runzelt die Stirn.

Im September wird sich der Bauausschuss voraussichtlich das nächste Mal mit dem Thema beschäftigen. Dann sollen auch die Ergebnisse zur Prüfung der Eingaben von 103 Lindlarer Bürgern vorliegen, die sich kritisch zu Klause geäußert haben.

Seit dem 15. Jahrhundert beackert die Familie Lindlarer Boden. In den 1960er Jahren hat Werner Lob den Hof von seinem Vater übernommen, jetzt ist Sohn Jörg der Bauer und Vater Werner wohnt auf dem neu gebauten Altenteil.

Im Winter haben die Lobs ihren Wald zuletzt durchgeforstet. Das hat Werner Lob selbst gemacht, geholfen haben Enkel Tim und der Hanomag Perfekt 400. Der Traktor hat 32 PS und wirkt neben dem MB-Trac wie ein Smart neben einem Lieferwagen. Gekauft hat ihn schon Werner Lobs Vater. Der Vorteil des Hanomag: Er kommt zwischen den Bäumen im Wald gut durch. „Nicht so wie die neuen Riesenmaschinen“, erklärt Lob.

Enkelsohn Tim ist zehn Jahre alt und er steuert den Oldtimer-Traktor schon ziemlich routiniert, wenn er auf dem Hof Vater und Großvater hilft, auch bei den Arbeiten im Wald.