„Konjunkturprogramm für China“Heftiger Gegenwind für Verkehrsminister Wissing nach Kritik an Euro-7-Abgasnorm

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Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr, ist gegen die Euro-7-Abgasnorm.

Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr, ist gegen die Euro-7-Abgasnorm.

Ab 2025 soll eine EU-weit eine neue Abgasnorm gelten. Die FDP ist dagegen – erntet für ihre Position aber auch heftige Kritik.

Ab 2025 plant die EU-Kommission eine Verschärfung der Abgasnormen für Neuwagen. Diese Euro 7 genannte Regelung bringt erstmals die Emissionsgrenzwerte für alle Kraftfahrzeuge – also Autos, Lieferwagen, Busse und Lastwagen – unter ein einziges Regelwerk. Es dann auch keine Rolle spielen, ob das Fahrzeug mit Benzin, Diesel, Elektroantrieb oder alternativen Kraftstoffe angetrieben wird.

Insgesamt sieht Euro 7 keine nennenswerte Verschärfung der Grenzwerte für Autos im Vergleich zu der seit 2015 maßgeblichen Abgasnorm Euro 6 vor. Sie sollen aber in einer ausgeweiteten Form von Tests gemessen werden, bei denen Parameter wie Kälte oder kurze Fahrtstrecken berücksichtigt werden. Auch sollen Grenzwerte für Partikelemissionen durch den Abrieb von Bremsen und Reifen eingeführt werden, was etwa auch Elektroautos betreffen würde.

Protest der Autoindustrie gegen Euro-7-Abgasnorm

Die Anschaffungskosten für ein Auto könnten sich durch die Abgasnorm Euro 7 erhöhen. Laut Berechnungen der EU-Kommission ist dieser Faktor nicht gravierend, laut Auskunft des Bundesverkehrsministeriums könnten die Kosten aber doch höher liegen. Für einen Wagen der Mittel- oder Oberklasse seien bis zu 400 Euro Mehrkosten zu veranschlagen. Leichte, mit Diesel betriebene Nutzfahrzeuge kosteten als Folge pro Stück bis zu 900 Euro mehr, so ein Ministeriumssprecher gegenüber der „Tagesschau“. Bei schweren Nutzfahrzeuge sei demnach mit Mehrkosten zwischen 2500 und 4000 Euro zu rechnen.

Die Autoindustrie wehrt sich daher gegen die Einführung der Euro-7-Abgasnorm. Man befürchtet den Verlust von Arbeitsplätzen und spricht von einem „Verbrennerverbot“ durch die Hintertür. Auch sechs östliche Mitgliedstaaten sowie Frankreich und Italien setzten ein gemeinsames Schreiben auf, in dem sie vor den strengeren Vorschriften warnen.

Volker Wissing will lieber in klimaneutrale Antriebe bei Autos investieren

Deutschland hat dieses Schreiben nicht unterzeichnet, allerdings sprach sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing vor einem Treffen der EU-Verkehrsminister in Luxemburg erneut gegen die Regelung aus. „Ich halte das für einen Fehler, jetzt eine Euro-7-Regulierung vorzulegen und damit erhebliche Kosten für die Automobilindustrie und auch den Nutzfahrzeugbereich zu verursachen“, sagte der FDP-Politiker. Das Geld sei dringend erforderlich, um „in klimaneutrale Antriebe für die Zukunft zu investieren“.

Dies twitterte Wissing auch – und erhielt prompt viel Gegenwind. User weisen darauf hin, dass jedes Elektroauto automatisch die Anforderungen von Euro 7 erfüllen würde.

Unter Verweis auf vermeintliche „Technologieoffenheit“ setze die FDP immer noch auf nicht massentaugliche Antriebe wie E-Fuels, meinen andere.

Das müsse aufhören, so der Tenor. „Durch euer angebliches Eingreifen aus 'Technologieoffenheit' verkackt ihr jeden Gedanken an Investition und oder Planung“, schreibt ein Kommentator.

Kritik: Volker Wissing soll nicht auf „dreckige Verbrenner“ setzen

Diese Userin meint ebenfalls, die FDP solle endlich auf einen Ausbau der Elektromobilität setzen, um auch weltweit – besonders in China – wieder konkurrenzfähig zu werden.

Auch dieser User bezieht sich auf China und die dort abgehängte deutsche Automobilbranche:

„Graslutscher“ Jan Hegenberg nimmt Bezug zu Post von Volker Wissing

Der Autor und Blogger Jan Hegenberg, bei Twitter unter dem Namen „Der Graslutscher“ bekannt, interpretiert Wissings Standpunkt als „Konjunkturprogramm für die chinesische Autobranche“. Hintergrund: Auch in China sollen ab Juli verschärfte Abgasnormen für Verbrenner gelten.

Hegenberg befasst sich immer wieder mit Daten und Fakten zu den Themen Mobilitätswende, Wind- und Solarenergie und Klimakrise. Der Titel seines Buches lautet: „Weltuntergang fällt aus“. Er glaubt, dass die Energiewende möglich ist – die Maßnahmen müssten nur umgesetzt werden. Immer wieder kritisiert er Verkehrsminister Volker Wissings Einsatz für E-Fuels und den schleppenden Ausbau der E-Mobilität in Deutschland.

Greenpeace: Autobauer sollen auf Mobilitätswende setzen

Auch Greenpeace rief die Autobauer in der Vergangenheit bereits dazu auf, emissionsfreien Antrieben zum Durchbruch zu verhelfen. „Wenn Wissing für langfristig sichere Arbeitsplätze in der Branche sorgen will, dann sollte er alles daran setzen, die deutsche Autoindustrie an die Spitze der Mobilitätswende zu setzen“, erklärte Verkehrsexperte Benjamin Stephan bereits im Februar.

Wissing äußerte sich in Luxemburg nicht dazu, ob seine Haltung zur Euro-7-Norm innerhalb der Bundesregierung geeint sei. Bei der Frage der E-Fuels hatte sich die FDP innerhalb Bundesregierung auch auf europäischer Ebene durchgesetzt und damit für erhebliche Kritik gesorgt. (mit afp)

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