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Interview mit Forstwirtschaft-Chef„Holz als Heizenergie auszuschließen wäre hochgradig absurd“

Lesezeit 5 Minuten
Georg Schirmbeck, Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates, steht vor einer blauen Wand und gestikuliert.

Georg Schirmbeck, Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates

Kommt das Aus für Pelletheizungen? Georg Schirmbeck, Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates, übt im Interview harsche Kritik an den Plänen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will Holz- und Pelletheizungen mit seinem Heizungstauschgesetz weitgehend aus dem Verkehr ziehen. Georg Schirmbeck, Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates, kritisiert das im Interview mit Tobias Schmidt scharf.

Herr Schirmbeck, hat Heizen mit Holz noch eine Zukunft?

Das Ampel-Kabinett hat mit seinen Heizungsverbotsplänen jedenfalls eine riesige Verunsicherung in der Holzbranche ausgelöst. Das Allerschlimmste ist, dass selbst Fachleute gerade nicht erkennen können, wohin genau die Reise gehen soll. Laut FDP ist das Holzheizungsverbot vom Tisch, auch die SPD ist dagegen, aber es gibt auch andere Aussagen. Was mir ganz wichtig ist: Die Forstwirtschaft selbst ist für Umweltpolitik! Auch die Waldbesitzer leiden ja teils dramatisch unter den Folgen des Klimawandels. Aber es braucht rational nachvollziehbare Maßnahmen. Und Holz als nachwachsende regionale Heizenergie auszuschließen, das wäre hochgradig absurd.

Als Ergänzung zu Wärmepumpen oder Solarthermie soll die Holzheizung in Bestandsgebäuden aber doch erlaubt bleiben …

Das reicht nicht aus. Auch in neue Gebäude müssen weiterhin Biomasse-Heizungen eingebaut werden dürfen, denn Holz zählt zu den erneuerbaren Energien, das hat das EU-Parlament kürzlich so festgelegt. Das beim Verbrennen von Holz freigesetzte CO2 wird schließlich wieder gebunden, denn Bäume wachsen nach. Und was die CO2-Bilanz angeht, sind Holzheizungen ein Nullsummenspiel.

Steigert das Heizen mit Holz die CO2-Konzentration nicht deutlich, weil die Freisetzung sofort passiert, das Nachwachsen aber Jahrzehnte dauert?

Auch wenn die Bäume im Wald verfaulen, wird CO2 freigesetzt.

Was ist mit Feinstaub, Methan, Ruß?

Gehen Sie mal durch den ländlichen Raum, wo hauptsächlich mit Holz geheizt wird: Gibt es dort ein Feinstaubproblem? Mitten in der Stadt, hier im Berliner Regierungsviertel, ja klar, aber im Erzgebirge oder im Bayerischen Wald? Nein. Und wenn wir auf diesem Niveau diskutieren, muss ich sagen: Bitte die Atomkraftwerke wieder anwerfen, um weniger Kohle verfeuern zu müssen! Die Holzindustrie bestrafen, dafür Volldampf bei Stein- und sogar Braunkohle: So vergrätzt man die Leute.

Dann halten Sie eine Staubfilter-Pflicht für neue Biomasseanlagen für Schikane?

Gegen die Pflicht zum Staubfilter spricht gar nichts, wenn der Staat das bezahlt. Fakt ist, dass diese und viele andere geplante Zwangsmaßnahmen der sogenannten Wärmewende für viele Familien und Haushalte finanziell schlicht nicht zu stemmen sein werden.

Vergangenes Jahr wurde so viel Brennholz aus den deutschen Wäldern geholt wie nie zuvor. Verfeuern wir die grünen Lungen, die wir für den Klimaschutz brauchen?

Es gibt einen gewissen Kampf um den Rohstoff Holz. Spanplattenhersteller brauchen denselben Stoff, der für Pellets benötigt wird. Es gibt eine robuste Nachfrage aus dem Ausland. Das zeigt sich in den gestiegenen Preisen, indem sich auch die gestiegenen Energiekosten abbilden. Wegen der guten Erlöse wird mancherorts wieder mehr minderwertiges Holz geerntet als erwünscht. Dennoch: Wir haben in Deutschland nach wie vor die höchsten Holzbestände pro Hektar, weil lange Zeit weniger geerntet worden ist als nachwächst.

Die Warnung von Robert Habeck vor einer Holzknappheit ist übertrieben?

Ja, ich kann keinen Holzmangel am Horizont erkennen. Es wird teurer, und das ist völlig angemessen, denn lange war Waldholz viel zu billig. Die Preise werden weiter steigen. Aber es ist genug Waldholz da, auch zum Heizen. Schnittholz im Supermarkt ist allerdings in den letzten Jahren unanständig teuer geworden. Der Schnittholzpreis steht in keinem angemessenen Preis zum Waldholz.

Steigende Holzpreise würden für den Einbau von Wärmepumpen statt Pelletheizungen sprechen, oder?

Die Entscheidung soll doch bitte jeder selbst treffen dürfen, dafür braucht es keine Verbote oder unsinnigen Auflagen! Ich persönlich würde mir auch keine Gasheizung mehr einbauen, denn Gas wird absehbar teurer werden als Strom aus erneuerbaren Quellen. Das Gleiche mag tendenziell für Holz gelten. Aber jeder kann sich informieren. Und für manche liefern Holzheizungen auch Lebensqualität. Warum will man sie ihnen nehmen? Muss der Staat im Detail vorgeben, wie wir zu heizen haben oder eben nicht?

Aber braucht es eine Bezuschussung von Holzheizungen mit Steuergeld?

Die verschiedenen Ansagen aus der Ampel machen den normalen Bürger inzwischen total kirre. Es braucht erstmal ein einigermaßen schlüssiges Konzept. Nicht jeder benötigt einen Zuschuss, aber viele brauchen definitiv Hilfe vom Staat.

Wenn die Holzheizung keine Zukunft hätte, wie hart träfe das die Forstwirtschaft?

Wenn strenge Auflagen oder gar Verbote kommen, geht der Holzpreis in den Keller. Viele Waldeigentümer würden sich sagen: Dann kann ich den Scheiß auch liegen lassen. Vor drei, vier Jahren waren die Preise schon einmal ganz unten, bei 14,50 statt wie heute bei 40 Euro pro Kubikmeter Kiefer-Industrieholz. Schon damals standen viele kurz davor zu sagen, jetzt sägen wir halt nicht mehr. Das völlig unterschätzte Problem: Dann verschwinden auch die kleineren Dienstleister, die Zwei-, Drei-, Vier-Mann-Betriebe. Wenn es größere Standorte trifft, sind schnell mal Dutzende Jobs weg. Junge bunte Wälder, die an den Klimawandel angepasst sind, müssen wir aber durch ausreichend Fachpersonal pflegen.


SPD: Holz und Pellets nicht ausschließen

In der SPD-Fraktion im Bundestag regt sich Widerstand gegen die im Ampel-Gesetzentwurf vorgesehenen strikten Auflagen und Verbote für Holz- und Pelletheizungen. Man stehe erst am Anfang der parlamentarischen Beratungen, und „in den anstehenden Gesprächen schließen wir keine klimafreundlichen Technologien von vornherein aus“, sagte Fraktionsvize Matthias Miersch unserer Redaktion.

Hauseigentümern müssten auch in Zukunft unterschiedliche Möglichkeiten des Heizens zur Verfügung stehen, auch mit Biomasse – „Hauptsache mindestens 65 Prozent erneuerbar“. Miersch betonte, die Umstellung auf klimafreundliche Heizungstechnologien müsse „für alle leistbar“ sein. Das Kabinett hatte vorige Woche einen Gesetzentwurf zum Umstieg auf Heizungen mit erneuerbaren statt fossilen Energiequellen verabschiedet. Darin ist ein Verbot von Pellet- und Holzheizungen für Neubauten vorgesehen. Im Bestand sollen Biomasse-Heizungen nur noch unter strengen Auflagen (u.a. eine Staubfilterpflicht) und nur in schwer sanierbaren oder denkmalgeschützten Häusern eingebaut werden dürfen. Ein Grund: Das Bundesumweltministerium bewertet das Heizen mit Holz „entgegen der weit verbreiteten Meinung“ als „nicht klimaneutral“. (tob)

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