Viele Praxen sind wegen grassierender Atemwegsinfekte gerade voll - zugleich stockt der Nachschub bei bestimmten Arzneimitteln nicht nur für Kinder. Rufe nach einem schnelleren Krisenmanagement werden laut.
Arznei-KnappheitKölner Mediziner will Medikamenten-Herstellung zurück nach Deutschland holen

Medikamente liegen im Lager einer Apotheke.
Copyright: dpa
Angesichts von Lieferengpässen bei wichtigen Medikamenten bringt ein Experte nun eine staatliche Produktion lebenswichtiger Arzneimittel in Deutschland ins Spiel. Nach der Verlagerung an günstigere Produktionsstandorte etwa in Indien und China in den vergangenen Jahrzehnten sei es Zeit für ein Umdenken, sagte Christian Karagiannidis, Mitglied der Regierungskommission für Krankenhausversorgung, im ZDF. „Wir müssen jetzt schon den Weg gehen, dass wir das Ganze wieder zurückholen. Vielleicht muss man auch diskutieren, dass wir bundeseigene Produktionsstätten brauchen für lebenswichtige Medikamente.“ Auch eine Vorratshaltung könne man machen, sagte der Kölner Intensivmediziner. Hier sei aber die begrenzte Haltbarkeit ein Problem.
Weniger Abhängigkeit von einzelnen Herstellern als Ziel
Die Bundesregierung will als Reaktion auf die Lieferengpässe das Vergaberecht ändern. Ziel ist laut Gesundheitsministerium, Lieferketten breiter anzulegen, damit die Abhängigkeit von einzelnen Herstellern abnimmt. Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann sagte, man dürfe nicht länger von wenigen Lieferanten abhängig sein. Das gelte zum Beispiel bei von Antibiotika – nur ein bis zwei Firmen in Asien belieferten Europa mit solchen Präparaten.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) nahm die Apotheken in die Pflicht. Sie könnten etwa Fiebersäfte selbst anfertigen und bekämen dies bezahlt. Apotheken und Großhandel seien zudem aufgerufen, dringend benötigte Arzneimittel nicht zu horten. GKV-Chefin Doris Pfeiffer betonte: „Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass kranke Kinder unter der aktuell mangelnden Lieferfähigkeit der Pharmaindustrie zu leiden haben.“ Die AOK Rheinland/Hamburg kündigte an, sie werde bei solchen Fiebersäften auch Mehrkosten überstehen, wenn die verfügbaren Medikamente einen höheren Preis hätten als den von den Kassen anerkannten Festbetrag. Pfeiffer verlangte zudem Meldepflichten, wenn Arzneimittel nicht verfügbar seien. (dpa)