LieferengpässeZahlreiche Medikamente fehlen in Kliniken – so ist die Lage in Köln

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Eine Apothekerin nimmt in einer Apotheke in Köln ein Medikament aus dem Schrank.

In Krankenhäusern und in Apotheken sind immer mehr Medikamente nicht lieferbar.

Nach den Apotheken klagen auch Krankenhäuser über viele fehlende Medikamente. Alleine in den Kliniken der Stadt Köln können rund 150 Arzneimittel nicht geliefert werden, darunter Schmerzmittel, aber auch Schlaganfall-Medikamente.

Schmerzmittel, Antibiotika, Psychopharmaka, Magen-Mittel – die Liste der Medikamente, die aktuell kaum noch zu bekommen sind, wird immer länger. Neben den Apotheken klagen auch viele Krankenhäuser über den Medikamentenmangel, dessen Ende nicht in Sicht scheint.

Alleine die Klinken der Stadt Köln verzeichnen aktuell Lieferengpässe für fast 150 Arzneimittel. Betroffen seien sowohl Wirkstoffe aus dem niedergelassenen Bereich, wie Ibuprofen oder Elotrans, als auch rein im Krankenhaus eingesetzte Arzneimittel wie etwa Actilyse, das auch bei Lungenembolien und Herzinfarkten eingesetzt wird. Mehr als 100 Medikamente sind auch in der Apotheke der Uniklinik Köln nur noch eingeschränkt lieferbar.

Eine Kollegin mit qualifizierter Fachausbildung kümmert sich täglich etwa vier bis sechs Stunden um die Bearbeitung von Lieferengpässen.
Sigrid Krebs, Sprecherin der Kliniken Köln

Für die Beschaffung der fehlenden Medikamente wird in den Krankenhäusern ein erheblicher Aufwand betrieben: „Eine Kollegin mit qualifizierter Fachausbildung kümmert sich täglich etwa vier bis sechs Stunden um die Bearbeitung von Lieferengpässen“, sagt Sigrid Krebs, Sprecherin der Kliniken Köln. Die Uniklinik betreibt ebenfalls ein umfassendes „Lieferengpass-Management“, erklärt Dr. Andrea Liekweg, Leiterin Krankenhausapotheke der Uniklinik. Sie bezeichnet den Mangel als „Flächenbrand“ für die gesamte Versorgungslandschaft. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat in Einzelfällen bereits angeordnet, dass bestimmte Medikamente auch aus den europäischen Nachbarländern importiert werden sollen. „Mehrarbeit entsteht schon dadurch, dass fremdsprachige Packungen für Ärzte und Pflegende übersetzt werden müssen“, so Liekweg.

Wie berichtet, sind bundesweit derzeit schon über 1000 Arzneimittel nicht lieferbar oder teilweise überhaupt nicht zu bekommen. In den Apotheken der Region seien vor allem verschiedene Antibiotika und Paracetamol- und Ibuprofen-haltige Fiebersäfte und -zäpfchen für Kinder Mangelware, sagt Thomas Preis, Vorsitzender der Apothekerverbände Köln und Nordrhein. Die Gründe dafür sieht Preis bei der Produktion im Ausland: „Deutschland war einmal die Apotheke der Welt, heute sind es China und Indien.“ Von dort werde ganz Europa beliefert, „gibt es dort ein Problem, brechen die sowieso schon instabilen Lieferketten zusammen.“ Bei den Fiebersäften sei ein Engpass vor allem dadurch entstanden, dass sich zahlreiche Marktteilnehmer zurückgezogen haben: Nur noch zwei Produzenten stellen das nachgefragte Medikament her.

Mehr als 100 000 Stunden Mehrarbeit für Apotheken in NRW

Nicht immer seien es fehlende Wirkstoffe, es fehlen auch Kartonagen für die Verpackungen, Papier für Beipackzettel oder Plastik-Sprühköpfe für Sprays. Auch die Belastungsgrenze vieler Apotheken sei in vielen Fällen erreicht, sagt Thomas Preis. Mehr als 100 000 Stunden Mehrarbeit investieren seine Kolleginnen und Kollegen in NRW Monat für Monat in die Beschaffung der Arzneimittel, „und die Tendenz ist stark steigend“, so Preis.

Teilweise werden in den Krankenhäusern zur Behandlung von Patientinnen und Patienten identische Wirkstoffe von anderen Firmen eingesetzt, teilweise werden andere Arzneimittel verwendet. Dennoch: Gerade für ältere Menschen sei die Veränderung einer bewährten Wirkstoffmischung nicht immer gut verträglich, sagt Preis. Die Apotheken der Kliniken und der Uniklinik Köln stellen inzwischen einige Arzneimittel selbst her und portionieren Engpassmedikamente so, dass die Versorgung weiter gesichert ist. „Das ist unglaublich aufwendig. Das Ziel ist aber, den Schaden von den Patientinnen und Patientinnen abzuhalten“, sagt Liekweg. Eine Besserung des Problems im Jahr 2023 erwarte man nicht.

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