Kleinere Rüstungsfirmen kämpfen mit Kontenablehnungen bei Banken, während Konzerne wie Commerzbank in die Branche investieren.
Kredite verweigert, Konten gekündigtRüstungsbranche fühlt sich von deutschen Banken benachteiligt

Unternehmen aus der Rüstungsbranche klagen über hohe Hürden bei der Kontoeröffnung und Kreditvergaben.
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Die Rüstungsindustrie boomt und erlebt seit der sogenannten Zeitenwende spürbar mehr Anerkennung. Raus aus der Schmuddelecke, hin zum attraktiven Arbeitgeber und Wirtschaftstreiber. So hat beispielsweise die Rheinmetall-Aktie stark an Wert gewonnen. Ein Imagewandel, der jedoch noch nicht überall angekommen zu sein scheint: Kleinere Rüstungsunternehmen berichten über Probleme bei der Zusammenarbeit mit Banken. Es ist von der Kündigung bestehender Konten sowie der Ablehnung der Eröffnung neuer Konten die Rede.
Probleme kleinerer Rüstungsunternehmen mit Banken
„Vielen Dank für Ihr Interesse an der Kontoeröffnung für die Riseport Airdefender GmbH. Wir haben uns entschieden, keine weitere Verbindung zu Ihrem Unternehmen/Ihrer Unternehmensgruppe einzugehen und werden aus geschäftspolitischen Gründen ebenfalls die Kontoverbindung zu Riseport Europe GmbH ordentlich kündigen.“ So steht es in einer unserer Redaktion vorliegenden Mail der Oldenburgischen Landesbank (OLB) an Emanuel Aprill, Geschäftsführer des Rüstungsunternehmens Riseport Europe GmbH, das seinen Sitz in Hamburg hat.
Überraschende Kontoablehnungen in der Rüstungsbranche
Für Aprill kam die Mail sehr überraschend, habe die OLB ihm seiner Schilderung zufolge doch zuvor bereits die unterzeichneten Verträge im Original zugeschickt. Ursprünglich war das Tech-Unternehmen kaum im Rüstungssektor tätig und nach Angaben Aprills bei einer örtlichen Raiffeisenbank in Rheinland-Pfalz. Als sich die Unternehmensleitung jedoch entschied, komplett in die Verteidigungsindustrie zu gehen, habe die Raiffeisenbank laut Aprill mit Verweis auf das Geschäftsfeld des Unternehmens die Zusammenarbeit gekündigt.
Sukzessive hat Aprill das Unternehmen und die Tochtergesellschaften komplett nach Hamburg geholt und eine neue Hausbank gesucht. „Wir haben bei der Deutschen Bank angeklingelt. Die haben gesagt: ‚100 Prozent Rüstung? Kein Thema.‘ Doch als wir den Schritt komplett in die Rüstung gewagt haben, haben auch die das gleiche Spiel abgezogen“, so Aprill.
Schwierigkeiten neue Bankpartner zu finden
Mit der Muttergesellschaft sei er dann mit dem zu 100 Prozent durch Eigenkapital gedeckten Unternehmen zur Commerzbank und habe dort das Hauptkonto eröffnet. „Dann haben wir auch bei der OLB angefragt, denen den Handelsregisterauszug geschickt und für die Riseport Europe Anfang dieses Jahres ein Konto eröffnet – das war kein Problem“, sagt Aprill weiter.
Jetzt wollte er auch für die Tochtergesellschaft Riseport Airdefender, die einen Lenkflugkörper entwickelt, ein Konto bei der OLB eröffnen – auch weil das Tochterunternehmen im nahen Bremen sitzt. Er habe den Handelsregisterauszug hingeschickt und die Verträge erhalten. Dann sei unerwartet die Mail mit der Ablehnung zur Eröffnung des neuen sowie der Kündigung des bestehenden Kontos gekommen – ohne vorheriges persönliches Gespräch. Die OLB wollte gegenüber unserer Redaktion diesen Ablauf weder bestätigen noch dementieren. Stattdessen verwies sie auf das Kundengeheimnis.
Rüstung als Ausschlusskriterium bei Banken?
Die Frage, welche Gründe die OLB für die Kündigung hat und ob diese mit der Unternehmensgröße zusammenhängen, beantwortete die Bank ebenfalls nicht. Eine Sprecherin der Bank sagte lediglich, dass der Bereich Rüstung generell kein Ausschlusskriterium darstelle.
Auf erneute Nachfrage, ob es Ausnahmen gebe, in denen der Bereich Rüstung ein Ausschlusskriterium sei, erhielten wir von einem Sprecher die Antwort: „Ausgeschlossen sind aufgrund bankinterner Richtlinie jene Geschäftsbeziehungen, die sich auf folgende Bereiche beziehen: Herstellung verbotener Waffen, Atomwaffen, Herstellung international nach UN-Waffenkonvention geächteter Waffen, Ausfuhr/ Einfuhr von Waffen jeder Art in Krisengebiete.“ All das trifft auf Aprills Unternehmen nicht zu.
Dass es sich bei Riseport Europe und der OLB nicht um einen Einzelfall handelt, zeigt nicht nur die Bankhistorie des Unternehmens, sondern auch das Beispiel Donaustahl aus dem niederbayrischen Hutthurm. Geschäftsführer Stefan Thumann berichtet auf Nachfrage unserer Redaktion: „Wir wurden von mehreren Dutzend Banken, vom Börsenkonzern bis zur Genossenschaftsbank, abgelehnt. Mit Verweis auf deren Unternehmenspolitik wurden Geschäftsbeziehungen pauschal abgelehnt.“
Eine nicht näher benannte börsenorientierte Bank habe begründet: „Nach interner Klärung muss ich Ihnen leider mitteilen, dass wir aus geschäftspolitischen Gründen einer Geschäftsbeziehung mit Ihrem Unternehmen nicht nähertreten wollen.“ Von der genossenschaftlich organisierten Raiffeisenbank habe es geheißen: „Aufgrund der Branche der Donaustahl GmbH wurde entschieden, Ihre Finanzierungsanfrage abzulehnen.“
Finanzierungsalternativen für Rüstungsfirmen
Die Folge sei für Thumann gewesen, dass er die Finanzierung so selbst organisieren und aufstellen musste. Dies sei über die in Deutschland ansässige Defence Crowd Investing Plattform Tacct gelungen. Auch Aprill werde sich nun neue Partner suchen. Die Frage, wie lange man mit einer Bank wirklich zusammenarbeiten kann, hinge wie ein Damoklesschwert über dem Unternehmen.
Ein Problem, das mit dem unfreiwilligen Banken-Hopping einhergehe, ist laut Aprill die Herabstufung im Ranking der Creditreform und somit schlechtere Bonitätseinstufung. Hinzu käme: „Sowas kann man im laufenden Geschäftsbetrieb, wo man sich auf anderes konzentrieren muss, nicht brauchen.“ Wenn es einen Finanzierungsbedarf geben wird, werde Aprill nicht an Banken herantreten, sondern diese ebenfalls über Tacct organisieren.
Einfluss der Bankpolitik auf die Rüstungsindustrie
Verständnis für das Verhalten der Banken hat der Reserveoffizier, der seit 17 Jahren mit dem Militär zu tun hat, nicht. So gebe es keine Chancengleichheit für kleinere Unternehmen in der Rüstungsbranche und Innovationen würden gehemmt. Für Thumann ist das Verhalten der Banken „wirtschaftsschädlich und beinahe landesverräterisch.“
Auf Nachfrage heißt es von der Hamburger Sparkasse (Haspa): „In unserer Leitlinie (...) haben wir festgelegt, dass wir bei der Kreditvergabe immer auch ethische Aspekte berücksichtigen.“ In Bezug auf Waffen bedeutete das, dass die Haspa den Handel und die Produktion geächteter Waffen sowie direkte oder indirekte Geschäfte in Kriegs- und Krisenländern grundsätzlich ausschließe. „Als regional verankerte Bank im Hamburg haben wir keine direkten Finanzierungen von Rüstungsunternehmen im Portfolio“, so der Sprecher. Von der Sparkasse Bremen heißt es, dass Rüstungsfinanzierungen – wenn überhaupt – Einzelfallentscheidungen sind. Das Rüstungsgeschäft spiele nur eine sehr untergeordnete Rolle.
Commerzbank und ihre Rolle in der Rüstungsfinanzierung
Andere Töne kommen von der Commerzbank, an der die Bundesrepublik beteiligt ist. Ein Sprecher sagte unserer Redaktion: „Wir finanzieren bereits seit langer Zeit die Verteidigungsindustrie. Wir verstehen die entscheidende Rolle, die die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie bei der Gewährleistung unserer nationalen Sicherheit und der Förderung der politischen Stabilität spielt. Nationale Sicherheit ist die Grundlage unserer Demokratie.“
Die Commerzbank trage ihren Teil dazu bei, die notwendige Finanzierung für unsere Sicherheit und Verteidigung bereitzustellen. „Das tun wir innerhalb unserer eigenen sowie der gesetzlichen Vorgaben“, so der Sprecher weiter. Daher finanziere die Bank Rüstungshersteller, die Waffen und Rüstungssysteme für die Bundesrepublik Deutschland und ihre Verbündeten produzieren.
Finanzierungsentscheidungen der Commerzbank
Die Commerzbank betreue Kunden von mittelständischen Zulieferbetrieben bis hin zu börsennotierten Unternehmen in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie mit Schwerpunkt in Europa. Ablehnungen beziehungsweise Kündigungen von Kunden würden nur im begründeten Einzelfall vorkommen. „Es kommt auf die Geschäftsanfrage an, nicht auf die Unternehmensgröße“, so der Commerzbank-Sprecher weiter. Auch begleite man keine Rüstungsgeschäfte mit international geächteten Waffen. Das Kreditfinanzierungsvolumen im Bereich der Verteidigungsindustrie liegt bei der Commerzbank nach eigenen Angaben im Bereich eines einstelligen Milliardenbetrages.
Die Postbank und die Deutsche Bank ließen Fragen zu Geschäftspolitik in Bezug auf die Verteidigungsindustrie unbeantwortet.