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Konzern in LeverkusenBayer-Konzernchef Baumann verabschiedet sich mit guten Zahlen

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Bei schwierigen Rahmenbedingungen hat Bayer im abgelaufenen Jahr Umsatz und Ergebnis gesteigert. 

Gute Zahlen für das abgelaufene Jahr, aber ein verhaltener Ausblick auf das laufende Jahr. Das war nicht nach dem Geschmack der Börse, wo die Bayer-Aktie am Dienstag unter Druck war. Es war das letzte Zahlenwerk, das der scheidende Konzern-Chef Werner Baumann (60) vorlegte. 

Das Jahr 2022 sei ein sehr erfolgreiches für Bayer gewesen, sagte Werner Baumann, der nach sieben Jahren an der Konzernspitze Ende Mai vorzeitig die Leitung des Pharma- und Agrochemiekonzerns an den US-Amerikaner Bill Anderson übergibt, bei seiner letzten Bilanzvorlage. „Wir haben auch in schwierigen Zeiten geliefert“, so Baumann.

Rekordumsatz in der Agrarsparte

Der Umsatz legte um 8,7 Prozent auf 50,7 Milliarden Euro zu, das operative Ergebnis des Konzerns mit 101.369 (2021: 99.637) Vollzeit-Mitarbeitenden um 20,9 Prozent auf 13,51 Milliarden, der Nettogewinn stieg von einer Milliarde auf 4,15 Milliarden.

Ausgerechnet der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat hat die Geschäfte angeschoben. Vor allem Preissteigerungen aufgrund von Versorgungsengpässen für Produkte mit dem Wirkstoff ließen den Umsatz der Agrar-Sparte um 15,6 Prozent auf den Rekordwert von 25,17 Milliarden klettern. Das operative Ergebnis (Ebitda) vor Sondereffekten der Sparte kletterte um 46,2 Prozent auf 6,87 Milliarden.

154.000 Kläger in den USA

Zu Beginn der Amtszeit von Baumann hatte Bayer den US-Konzern Monsanto für über 50 Milliarden Euro übernommen und sich damit ein Imageproblem und Rechtsrisiken ins Haus geholt. 154 000 Kläger in den USA machen Glyphosat für ihre Krebserkrankung verantwortlich. 109 000 dieser Klagen sind inzwischen durch Verständigung erledigt, für die Bayer 9,5 insgesamt Milliarden aufgewendet hat, oder kommen laut Bayer nicht für Einigungen in Frage.

Nach zuletzt sechs gewonnen Schadenersatzprozessen ist Bayer nach eigenen Angaben sehr zurückhaltend bei weiteren Einigungen. Für mögliche Rechtsrisiken hatte der Konzern aber noch Rückstellungen gebildet. Zwei bis drei Milliarden waren für Auszahlungen vorgesehen, darunter 1,2 bis 1,3 Milliarden für Einigungen in den USA rund um Schäden durch PCB, das für Umweltschäden verantwortlich gemacht wird, die im Januar ausgezahlt wurden.

Neuen Mitteln traut Bayer viel zu

Der Umsatz mit rezeptpflichtigen Medikamenten stieg um 1,1 Prozent auf 19,25 Milliarden. Dabei erlösten die neuen Mittel Nubeqa zur Krebsbehandlung und das Nierenmedikament Kerendia über eine halbe Milliarde. Beiden Mitteln traut Bayer Milliardenumsätze zu. Beim Gerinnungshemmer Xarelto sanken die Umsätze. Das operative Ergebnis der Sparte legte um 1,6 Prozent zu auf 5,87 Milliarden.

Bei den rezeptfreien Mitteln steigerte Bayer den Umsatz um 8,4 Prozent auf 6,1 Milliarden. Besonders stark um 21,5 Prozent legte der Umsatz mit Allergie und Erkältungsprodukten zu, so Bayer. Das operative Ergebnis wuchs um 14,9 Prozent auf 1,37 Milliarden. Das Unternehmen sei in den richtigen Bereichen tätig, so Baumann: „Gesundheit und Ernährung sind essenzielle Grundbedürfnisse der Menschen.“

Baumann zieht zufrieden Bilanz

Um einen Rückblick auf seine Zeit an der Bayer-Spitze gebeten, sagte Baumann, der Konzern sei heute fokussierter aufgestellt. Er nehme in allen Bereichen, in denen er tätig sei, führende Positionen ein. Das Zahlenwerk für 2022 wollte Baumann als Beleg für die Aufstellung sehen. Mittelfristziele für 2024 seien oft bereits jetzt erreicht worden. Insgesamt sei er stolz auf das, was er in insgesamt 35 Jahren bei Bayer erreicht habe, der Konzern habe eine „Supermannschaft“ und werde auch die Rechtsthemen in den Griff bekommen. Sein Dasein als Konzernchef sei nicht auf das Thema Monsanto beschränkt. Er verwies etwa auf Fortschritte im Bereich Nachhaltigkeit.

Bayers Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr enttäuschte die Börse. Die Aktie verlor in der Spitze 3,9 Prozent, erholte sich im Handelsverlauf aber etwas. Nach zwei Jahren mit Wachstumsraten im oberen einstelligen Bereich erwartet Baumann ein Umsatzplus um zwei bis drei Prozent. Zum einen erwartet er bei Unkrautvernichtern „eine Normalisierung der Preise“, also eine Reduzierung. Aber auch bei einigen etablierten rezeptpflichtigen Medikamenten rechnet er mit rückläufigen Preisen. Gleichzeitig sieht er Belastungen durch die Inflation, teurer Energie oder andere Kostensteigerungen. Die laufenden Effizienzprogramme könnten das nicht kompensieren, so Baumann. Er erwartet ein niedrigeres operatives Ergebnis von 12,5 bis 13 Milliarden.

Droht Bayer die Aufspaltung?

Spannender wird die künftige Aufstellung von Bayer. Wichtige Aktionäre hatten wegen des Kurssturzes nach dem Kauf von Monsanto zuletzt nicht nur auf einen vorzeitigen Abschied von Baumann von der Konzernspitze gedrängt, sondern auch eine Aufspaltung von Bayer mit seinen derzeit drei Divisionen ins Gespräch gebracht. Der Wert der drei Divisionen zusammengerechnet sei höher als der des Gesamtkonzerns, haben Analysten etwa ermittelt.  Arbeitnehmer und Gewerkschaften lehnen eine Aufspaltung oder eine Abspaltung der Sparte mit rezeptfreien Medikamenten ab. Wie die Bewältigung der Rechtsthemen ist die künftige Aufstellung allerdings eine Aufgabe von Anderson, der im April ins Unternehmen eintritt und dann Ende Mai das Steuer übernimmt.