Rückkehr zum Kern der BörseDas Phänomen der „Meme-Aktien“

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Dierk Himstedt spricht mit Marc Tüngler, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), uber das Phänomen „Meme-Aktien“.
Herr Tüngler, was erleben wir gerade rund um die sogenannten Meme-Aktien-Bewegung und die enormen Kurssprünge bei GameStop und AMC?
Kurz gesagt, viele Kleinaktionäre haben sich online verabredet, um den mächtigen Hedgefonds ein Bein zu stellen. Mit ihren Käufen von GameStop und AMC-Aktien wollen sie verhindern, dass die Wette der beteiligten Hedgefonds auf einen Kursverfall der genannten Aktien Erfolg hat. Es ist sozusagen ein Kampf „David gegen Goliath“. Ob das gelingt, ist offen und tatsächlich sehr spannend.
Glauben Sie an die Erzählung der Bewegung, sich vor allem an den Hedgefonds für die Folgen der Bankenkrise 2008 und wegen deren undurchsichtigen Geschäftspraktiken rächen zu wollen?
Ehrlich gesagt nein. Es mag ein paar Idealisten unter den „Affen“, wie sie sich nennen, geben. Aber den meisten, denke ich, geht es vor allem darum, Geld zu verdienen. Sie denken, dies ist eine einmalige Chance und gehen ein hohes Risiko ein. Aber die Robin Hood-Geschichte ist natürlich fantastisch und zieht viele junge Anleger magisch an. Wenn sie denn wirklich wahr wäre, hätte sie meine Sympathie.
Welche Rolle spielt bei dem aktuellen Phänomen das Internet?
Selbstverständlich eine überragende Rolle. Diese Bewegung wäre ohne das Internet gar nicht möglich. Zudem befördern die kostenlosen Online-Broker so ein Phänomen. Wenn man sich bei einem Kauf von Aktien für eine geringe Summe keine Gedanken um Broker-Gebühren machen muss, ist man natürlich viel schneller dabei.
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Angenommen, die „Affen“ hätten Erfolg und ein großer Hedgefonds würde wegen zu großer Verluste schließen müssen. Würde sich dadurch etwas ändern?
Eher unwahrscheinlich. Wichtiger ist, dass die Finanzaufsichten in den Staaten vernünftige Rahmen setzen, damit sowohl die Hedgefonds Aktienkurse nicht in ihrem Sinne beeinflussen können, aber auch solche Casino-Phänomene, wie sie gerade bei GameStop und AMC stattfinden, nicht mehr möglich sind. Denn das, was da gerade stattfindet, mag sympathisch sein. Aber letztlich ist es ein Zock mit großen Risiken für die, die dort ihr Geld investieren. Daher müssen wir zurückkommen zum Kern der Börse – sprich, Werte müssen sich anhand von Unternehmensdaten begründen lassen.

