SchuldneratlasNRW ist stärker verschuldet als der Bundesschnitt

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Schuldneratlas

Der Schuldneratlas von Creditreform

Düsseldorf –  Die Zahl der Schuldner ist mit 6,91 Millionen im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Prozent gestiegen. Das geht aus dem Schuldner-Atlas von Creditreform hervor, einem Unternehmen für Wirtschaftsforschung. Die Überschuldungsquote ist hingegen von 10,06 Prozent auf 10,04 gesunken. Das liegt daran, dass die Bevölkerung in Deutschland im vergangenen Jahr durch Zuzug nochmal deutlich zugenommen hat. Denn die Quote bezieht sich auf den Anteil der überschuldeten Personen im Verhältnis zu allen über 18-Jährigen in Deutschland.

Schlechter als in Gesamtdeutschland sieht die Situation im Westen aus. Dort drehe sich die "Überschuldungsspirale" deutlich schneller als im Osten, heißt es in dem Bericht von Creditreform. Vor allem die Fälle mit hoher Überschuldung sind gestiegen - um 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 62 000 der neuen Schuldner leben in Westdeutschland, 3000 im Osten.

Forscher hatten mit Schlimmerem gerechnet

Insgesamt sind in Deutschland also 65.000 Menschen mehr überschuldet als noch 2016. Ein geringerer Anstieg als die Wirtschaftsforscher befürchtet hatten. Zudem ist das Gesamtvolumen der Schulden von Privatpersonen zurückgegangen: von 230 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf nun voraussichtlich 209 Milliarden Euro. Die Wissenschaftler führen dies auf die gute Konjunktur, die stabilen Einkommen und die gesunkene Arbeitslosigkeit zurück.

"Dass die Überschuldung etwas weniger stark angestiegen ist als befürchtet, beruhigt mich nur ein wenig. Ich glaube nicht an eine Trendwende", sagt Georg Eickel, Referent für Schuldnerberatung beim Paritätischen NRW.

In Nordrhein-Westfalen liegt die Schuldnerquote mit 11,63 Prozent fast 1,6 Prozentpunkte über der Bundesquote. Spitzenreiter bei den Bundesländern ist Bremen (13,97 Prozent), gefolgt von Sachsen-Anhalt, Berlin und eben NRW. Insgesamt sind in NRW mehr als 1,7 Millionen Menschen überschuldet. Das sind 17 000 mehr als im Vorjahr und 176 000 Schuldner mehr als vor 13 Jahren. Negativ-Spitzenreiter in NRW ist Wuppertal mit einer Überschuldungsquote von 18,38 Prozent. 2014 lag die Quote dort noch bei 17,77 Prozent.

Ruhrgebiet bleibt Sorgenkind

"Sorgenkind" sei aber vor allem das Ruhrgebiet, so die Experten von Creditreform. Mit seinen zum Teil noch altindustriell geprägten, strukturschwachen Regionen sei das Ruhrgebiet ein "Hotspot" sozialer Probleme. In vielen Städten dort ist die Überschuldung gestiegen. Duisburg (17,08 Prozent), Dortmund (14,44) und Essen (13,76) führen die Liste der Großstädte mit den höchsten Überschuldungsquoten an.

Doch nicht nur im Ruhrgebiet ist die Zahl der Schuldner hoch. In Mönchengladbach ist die Quote seit 2012 von 15,52 auf 16,12 Prozent gestiegen. Damit rangiert die Stadt direkt hinter Duisburg auf Platz fünf der Städte mit den höchsten Überschuldungsquoten. In Düsseldorf liegt die Überschuldungsquote bei 12,12 Prozent. Damit rutscht selbst die Landeshauptstadt unter die zehn deutschen Großstädte mit den höchsten Quoten (Platz sieben). Köln liegt in dieser Rangfolge auf Platz neun, mit 11,78 Prozent. Als einzige größere Stadt liegt Bonn (neun Prozent) unter den zehn NRW-Städten mit den geringsten Überschuldungsquoten.

In NRW Arbeitslosigkeit Hauptauslöser

Während die Wissenschaftler in Nordrhein-Westfalen Arbeitslosigkeit und geringes Einkommen als Hauptauslöser für die Überschuldung sehen, geht deren Einfluss insgesamt auf die Verschuldung zurück. Die Fälle, in denen Arbeitslosigkeit der Hauptauslöser für die Schulden war, sind von 2008 bis 2017 um 27 Prozent gesunken. Heute gelten Unfall, Sucht und Erkrankung sowie schlechte Haushaltsführung als Auslöser, sagen die Creditreform-Experten. "Wir haben auf der einen Seite die Form der Konsumverschuldung, bei der sich die Betroffenen einfach mehr zugemutet haben, als sie es konnten. Und auf der anderen Seite gibt es die Überschuldung aus der prekären Situation heraus, beispielsweise beim Verlust des Arbeitsplatzes oder einer Mietpreiserhöhung. Beides nimmt zu und ist auch nicht gänzlich voneinander zu trennen", sagt Michael Bretz, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform.

Verschuldete Senioren bereiten Kummer

Daher sei Verschuldung auch nicht nur ein Problem der unteren Einkommensschichten. Fast alle neuen Fälle kämen aus der Mittelschicht. Insgesamt kommen 4,38 Millionen Schuldner aus der Mittelschicht. Das sind 68 600 mehr als noch 2016.

Sorgen macht den Wirtschaftsforschern vor allem die Zahl der verschuldeten Senioren. 5,48 Prozent der 60- bis 69-Jährigen und 1,5 Prozent der ab 70-Jährigen sind verschuldet. Die Zahl der jungen Schuldner hat hingegen abgenommen - von 15,37 Prozent im Jahr 2014 auf nun 14,06 Prozent.

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