Während andere Länder mit weniger auskommen, spielen hierzulande allerdings Faktoren wie Leerstand und Alterung der Gesellschaft in der Statistik eine wichtige Rolle.
Trotz WohnungsnotDer Wohnraum pro Kopf wächst seit Jahrzehnten

Gebaut wird in Deutschland immer noch zu wenig.
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Die Menschen in Deutschland beanspruchen immer mehr Wohnraum. Und das, obwohl er vielerorts Mangelware ist. Die aktuellen Daten des Statischen Bundesamtes legen hier ein krasses Missverhältnis nahe. Demnach standen Ende 2024 einer Person durchschnittlich 49,2 Quadratmeter zur Verfügung. Innerhalb von zehn Jahren ist dieser Wert um 2,7 Quadratmeter pro Person gewachsen – ein Trend, der seit Jahrzehnten anhält. Im Jahr 1991 waren es nach Angaben der Statistiker noch knapp 35 Quadratmeter, die pro Person zur Verfügung standen.
Internationale Vergleiche zeigen Unterschiede im Wohnraum
In den Analysen dieser Daten taucht immer wieder das Fazit auf: Die individuellen Ansprüche wachsen, und mit ihnen die Wohnungen. Das enthält in manchen Medienberichten den impliziten Selbstvorwurf, dass wir uns nur etwas beschränken müssten, dann hätten wir weniger Probleme. Unterfüttert wird das durch internationale Vergleiche, in denen die Einwohnerinnen und Einwohner Deutschlands sogar besonders anspruchsvoll dastehen: In wirtschaftlich vergleichbaren Ländern wie Schweden, Frankreich, Spanien oder Italien liege der Wert deutlich niedriger, etwa auf dem besagten deutschen Niveau von Anfang der 1990er Jahre. Bei diesen Einschätzungen gibt es allerdings ein paar statistische Fallen zu berücksichtigen.
Einfluss von Eigentumsquote und Alterspyramide
Eine davon ist die Eigentumsquote, die in Deutschland relativ niedrig ist (s. Infobox). Länder mit höherer Eigentumsquote haben generell geringere individuelle Flächen. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Entwicklung der Alterspyramide. Grundsätzlich verfügen ältere Menschen überdurchschnittlich mehr Wohnfläche als jüngere. Und da sich der Bevölkerungsanteil seit Jahren immer mehr in Richtung der Älteren verschiebt, erklärt dies auch jedenfalls zum Teil den durchschnittlichen Zuwachs an Wohnfläche.
Unterschiede in Berechnungsmethoden bei Wohnfläche
Ein dritter Punkt kommt dazu: In den Statistiken sind Wohnfläche pro Person – also die zu Beginn genannten 49,2 Quadratmeter – und Wohnfläche je Einwohner nicht dasselbe. Letztere lag schon beim Zensus im Jahr 2022 bei 55 Quadratmetern. Grund dafür sind unterschiedliche Berechnungsmethoden. Einer der Unterschiede: Bei der Wohnfläche pro Person werden alle theoretisch zur Verfügung stehenden Flächen eingerechnet, also auch die Leerstände. Beim Zensus 2022 wurden 1,9 Millionen leer stehende Wohnungen gezählt, davon etwa die Hälfte für mehr als ein Jahr ungenutzt. Was gerne als Skandal vor dem Hintergrund der vielerorts bestehenden Wohnungsnot formuliert wird, hat in vielen Fällen allerdings mit aufwendigen Renovierungen und Sanierungen zu tun.
Neubauten und verfehlte Bauziele in Deutschland
Bei der Interpretation der Daten gilt es also, Vorsicht walten zu lassen. Klar ist dennoch, dass in Deutschland zu wenige neue Wohnungen gebaut werden. Zu diesem Punkt hat das Statistische Bundesamt schon im Mai Zahlen vorgelegt: Im Jahr 2024 wurden 251.900 neue Wohnungen fertiggestellt. Auch hier muss man indes die Zahlen genau anschauen, denn das bedeutet eben nicht einen gleich hohen Zuwachs an Wohnungen. Der lag, wie das Bundesamt jetzt aktuell mitteilt, bei 238.500 oder 0,5 Prozent. Es gibt eben auch Rückbau, also einen Verlust an bestehendem Wohnraum.
Prognosen und Bauziel der Ampelkoalition
Nach einer Prognose des ifo-Instituts werden in diesem Jahr gut 200.000 neu gebaut werden. Das schon von der Ampelkoalition zu Beginn ihrer Regierungszeit ausgegebene Ziel, pro Jahr 400.000 neue Wohnungen zu bauen, wird damit wiederum deutlich verfehlt, wie in den Vorjahren. Dabei erscheint die Zielsetzung nicht illusorisch, wie wiederum Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen: Zwischen 1950 und 2022 wurden in Deutschland im Durchschnitt 405.000 neue Wohnungen jährlich gebaut.
