Zu Besuch in Ludwigs Reich

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BONN. Fritz Vöpel stand vor einem Problem. „Wie schaffe ich planmäßig das Chaos?“ Im Alten Testament lesen wir zwar, dass am Anfang das Chaos herrschte, doch das Buch Genesis konnte der Experte für Computer-Animation schwerlich als Bauanleitung für die virtuelle Rekonstruktion von Beethovens Arbeitszimmer im so genannten Schwarzspanierhaus in Wien heranziehen.

In jedem der zahlreichen beethovenschen Arbeits- und Komponierzimmer in Wien herrschte das schiere Papier-Chaos: Bekritzelte Notenblätter, deren Entzifferung jeden Kopisten zum Stöhnen brachte, die Konversationshefte, mit den der ertaubte Meister seine Gespräche führte - alles lag nach Augenzeugenberichten wahllos auf dem Boden zerstreut. Jede Chefsekretärin wäre sofort rückwärts aus der Wohnung im zweiten Stock des Mietshauses gegangen.

Nicht so Fritz Vöpel, er verbiss sich ins Problem und hatte letztlich Erfolg. Wer die neue CD-ROM des Beethovenhauses in seinen PC einlegt und das Arbeitszimmer anklickt, wird sofort jede Menge Papierstücke rund um den Arbeits-Sekretär erblicken. Ja, das sieht richtig gut chaotisch aus!

Auch sonst waren die Schöpfer dieser CD-ROM, neben Fritz Vöpel der Kunsthistoriker Dr. Marcus Frings sowie Silke Bettermann vom Bonner Beethovenhaus, bestrebt, Beethovens letzte Wohnung in Wien möglichst authentisch zu rekonstruieren. Nichts wurde hinzugefügt, was nicht durch Augenzeugenberichte und zeitgenössische Zeichnungen belegt ist.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der „Besucher“ kann in sieben Etappen (sogenannten „Panoramen“) einen frappierend lebensechten Rundgang durch eine Biedermeierwohnung des 19. Jahrhunderts machen. Im Eingangszimmer hängen Gehrock, Zylinder und Schal Beethovens an der Wand. Aha, der Meister muss zu Hause sein, vielleicht brütet er gerade über einer neuen Komposition. Die CD-ROM liefert parallel dazu die Interpretation der letzten musikalischen Gedanken Beethovens - gespielt auf dem originalen Graf-Flügel, der sich im Bonner Beethovenhaus befindet. Die vier erstaunlich großen Wohnräume - die Wohnung war um die 140 Quadratmeter groß - sind in pastosen Biedermeierfarben gehalten. Auch der Lichteinfall entspricht exakt dem eines sonnigen Frühlingstages - Beethoven starb am Nachmittag des 26. März 1827. Neueste Digital-Technik macht s möglich. Der Fachmann staunt und der Laie wundert sich.

Beethovens letzte Wohnung in Wien - Eine digitale Rekonstruktion; zum Preis von 29, 95 Euro im Shop des Beethovenhauses erhältlich; www beethoven-haus-bonn.de.

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