Die Stadt Bergheim will Energie sparen. Doch die Berechnungen dafür sind kompliziert, weswegen die letzte Bilanz erst 2021 im Blick hatte.
360.000 Tonnen CO₂So bilanziert die Stadt Bergheim ihre Emissionen

Das Kraftwerk Niederaußem findet sich nur über Umwege in der städtischen CO₂-Bilanz wieder.
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Knapp 360.000 Tonnen CO₂-Äquivalente: So viel Treibhausgas emittierte die Stadt Bergheim im Jahr 2021 laut ihrer eigenen Bilanz. Damit verschlechterte die Kreisstadt ihren Wert aus dem Pandemiejahr 2020, der bei 324.000 Tonnen CO₂-Äquivalente lag und verfehlte das Ziel, jedes Jahr die Emissionen um drei Prozent zu senken.
Die Verwaltung erklärte das damit, dass 2020 wegen der Pandemie ein Ausnahmejahr und das Jahr 2021 vergleichsweise kalt war, also mehr geheizt wurde. Im Jahr 2019 lag der Wert bei etwa 372.000 Tonnen. Das Pandemiejahr führte also zu einer Reduktion der Emissionen um 12,9 Prozent. Bis 2045 soll Bergheim CO₂-neutral werden.
Bergheim: Verwaltung nutzt den Klimaschutzplaner
Doch wie genau bilanziert die Stadt ihren Verbrauch? Dafür nutzt sie den Klimaschutzplaner, ein Tool, das das Land NRW aktuell kostenfrei zur Verfügung stellt. Laut Dr. Ruth Laengner, Leiterin des Fachbereichs Strukturwandel und Nachhaltigkeit in Bergheim, fließen zum Teil Daten in den Planer, die die Stadt selbst erhebt, etwa der Strom- und Gasverbrauch von städtischen Gebäuden.
Die Stadt erkundigt sich wegen des Erdgasverbrauchs von Privathäusern beim Netzbetreiber, bestimmt anhand von Schornsteinfegerdaten, wie viel Heizöl und Holz verbraucht wurde, holt Einkünfte bei der REVG ein, um den öffentlichen Nahverkehr abbilden zu können, und fragt bei lokalen Netzbetreibern, wie viel an Erneuerbaren Energien hinzugekommen sind.
2020 waren die Emissionen um 12,9 Prozent zurückgegangen
Diese Daten werden über das sogenannte „Bisko-Protokoll“ validiert. „Die rechnen aufgrund der Lage und der Bevölkerung hoch, wie viel CO₂-Äquivalente wir in der Stadt verbrauchen“, so Laengner. Bei Bisko handelt es sich um eine standardisierte Methodik, um Treibhausgasemissionen auf kommunaler Ebene abzubilden.
Heraus kommt eine Endenergiebilanz, die nur innerhalb der Stadtgrenzen verbrauchte Energie berücksichtigt. „Diese Bisko-Berechnungen hängen immer mindestens zwei Jahre hinterher, weil die Bilanzierung komplex ist“, sagt Laengner. Die Daten des Pandemiejahrs 2020 auszuwerten habe zudem länger gedauert, weil die Datenlage eine ganz andere war. Aktuell sei Laengners Team mit der Auswertung der Daten für das Jahr 2022 beschäftigt.
Klimaschutzplaner arbeitet mit deutschlandweitem Strommix
Doch wie genau sind die erhobenen Daten? Im Jahr 2021 bilanziert Bergheim einen Endenergieverbrauch von 1.150.467 Megawattstunden. Um daraus Emissionswerte abzuleiten, muss die Zusammensetzung zwischen verschiedenen Energieträgern berücksichtigt werden – hier greift der Klimaschutzplaner auf einen Strommix zurück, der deutschlandweit berechnet wird, nicht spezifisch für eine einzelne Kommune.
Sprich: Nutzen viele Menschen in Bergheim Strom des Braunkohlekraftwerks in Niederaußem, spiegelt sich das letztlich nicht eins zu eins in der städtischen Bilanz wider, ebenso wenig wie die schrittweise Abschaltung des Kraftwerks. Der Strommix werde sich voraussichtlich auch auf die Bilanz für 2022 auswirken: „Durch den Ukraine-Krieg sind deutlich mehr Kohlekraftwerke gelaufen als ursprünglich geplant“, sagt Laengner.
Andererseits fließen auch Maßnahmen nicht in die Bilanz, die hier vor Ort geschehen, etwa der Ausbau Erneuerbarer Energien, wenn Bergheim künftig mehr Fläche für Windenergie ausweist. „Wir wissen, welchen Einfluss das auf die Stadt hat, auch wenn sich das nicht immer im Klimaschutzplaner zeigt“, sagt Laengner. „Deshalb haben wir immer auch eine parallellaufende Rechnung, wie viel denn die einzelnen Maßnahmen gebracht haben oder bringen werden. Vieles davon braucht einen langen Atem.“
Die Berechnungen sind relativ grob
Auch graue Energie ist bisher nicht im Klimaschutzplaner berücksichtigt worden, also Energie, die zum Beispiel bei der Herstellung oder dem Transport von Beton anfällt. „Ich glaube, dass es vielen Menschen, die sich nicht alltäglich damit beschäftigen, nicht bewusst ist, wie viel wir verbauen und wie viel CO₂ das am Ende emittiert“, sagt Laengner. Ein neues Tool soll hier Abhilfe schaffen.
Ruth Laengner räumt ein, dass sowohl der Klimaschutzplaner, als auch die Berechnungen der Verwaltung relativ grob sind. Sie findet die Bilanz trotzdem hilfreich. Zum einen zeigen die Daten eine Tendenz auf. Zum anderen hat die Stadt das Ziel formuliert, Energie zu sparen, entsprechend müsse man das auch messbar machen. Ihr zufolge sei es besser, zu starten und einige Jahre lang zu messen, anstatt auf Perfektion zu warten. Ob die Verwaltung aber bei diesem Tool bleibt, hängt auch davon ab, ob es weiterhin kostenfrei angeboten wird. „Ich würde das sehr befürworten“, sagt Laengner. Es sei ein Mehrwert für die Verwaltung, das nicht alles selbst auf Emissionsfaktoren herunterrechnen zu müssen.
Zur CO₂-Bilanz der Stadt Bergheim
Im Jahr 2021 gibt die Kreisstadt einen Verbrauch von 359.531,44 Tonnen CO₂-Äquivalente an. 126.224,16 Tonnen davon entfallen auf den Verkehr, 161.773,53 Tonnen auf private Haushalte, 39.364,77 Tonnen auf die Industrie, 25884,88 Tonnen auf Gewerbe, Handel und Dienstleistungen und 6284,1 Tonnen auf kommunale Einrichtungen.