Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kanzler in Israel-FrageWie Friedrich Merz in die Staatsräson-Falle tappte

Ein Kommentar von
2 min
Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz

Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz

Der CDU-Chef wollte mit dem Stopp von Offensivwaffen für Israel ein Zeichen setzen - und scheiterte an der eigenen Kommunikation.

Die Wirkung von Friedrich Merz' recht einsamer Entscheidung, Israel keine Offensivwaffen für einen möglichen Einsatz im Gazastreifen mehr zu liefern, ist verheerend. Weite Teile seiner Partei fühlen sich überrumpelt und sind schockiert über ein Signal der Schwächung der Solidarität mit Israel.

Auch das Verhältnis zur israelischen Regierung hat Schaden genommen und das Gegenteil der erhofften Wirkung ist eingetroffen: Statt Benjamin Netanjahu bei seinem gnadenlosen Vorgehen im Gazastreifen zu mäßigen, dürfte Berlins ohnehin geringer Einfluss nun noch weiter geschwunden sein, wenn er sich nicht vollständig aufgelöst hat. Olaf Scholz' große Schwäche war es, dass er seine Politik nicht erklären konnte oder wollte. Bei seinem Nachfolger im Kanzleramt ist das Kommunikationsversagen im Fall der Israel-Entscheidung total.

Was die Sache noch schlimmer macht: Die Entscheidung wirkte wie aus dem Impuls heraus getroffen; als wäre Merz die Sensibilität und symbolische Tragweite nicht bewusst gewesen. Dabei ist die Einbindung von Partei und Bevölkerung eine Grundvoraussetzung, um erfolgreich regieren zu können. Wenn Merz hier nicht dazulernt, kann er kein guter Kanzler werden.

Alles zum Thema

Was die Wellen der Empörung verdecken, ist freilich die Frage, ob die Entscheidung an sich eine komplett falsche war. Oder ob es nicht höchste Zeit war, zu zeigen, dass Deutschland nicht alles hinnehmen kann. Festzuhalten ist: Die Bekenntnisse zur „Staatsräson“ haben offenbar die Suche nach einem angemessenen Umgang mit der Netanjahu-Regierung blockiert. Die Lähmung hat Deutschland im Kreis der westlichen Partner zunehmend isoliert. Und nach der jüngsten Eskalation – der Ankündigung, Gaza-Stadt zu erobern – sah sich Merz gezwungen, die Reißleine zu ziehen. So konnte erst der falsche Eindruck entstehen, aus der bedingungslosen Unterstützung einer aggressiven Regierung sei die Aufkündigung der Solidarität mit dem jüdischen Staat geworden.

Die verheerenden Wirkungen von Merz' Schritt sind umso bitterer, als dass sie keine Auswirkungen für den Gaza-Krieg haben: Dass Deutschland dafür keine Waffen und Munition liefern will, war in Tel Aviv und Jerusalem längst bekannt. Daher gingen von dort gar keine Bestellungen mehr ein. Und für U-Boote oder Flugabwehrgeschütze soll der Lieferstopp nicht gelten. Kurz um: Es war nur Symbolpolitik.