In den USA kann man gerade sehen, was passiert, wenn Rechtspopulisten die Migrationsfrage auf ihre Weise klären. Migranten, die zuallererst Menschen sind, werden in Lager deportiert, in Länder verschleppt, das Recht wird gebeugt. Mit Menschen wird nach Gusto des Präsidenten verfahren. Die vielen illegalen Einwanderer in den USA leben in Angst und Schrecken. Das sollte nicht Europas Weg sein, und es sollte nicht Deutschlands Weg sein. Von der Frage, wie gut es dem Kontinent gelingt, die von ihren Bevölkerungen zu großen Teilen nicht mehr akzeptierte irreguläre Migration zu begrenzen und zu steuern, hängt deshalb sehr viel ab.
Dass Bundesinnenminister Alexander Dobrindt sich mit seinen Amtskollegen aus jenen Ländern getroffen hat, die ebenfalls eine härtere Migrationspolitik anstreben, ist deshalb ganz sicher kein Fehler. Nicht umsonst wählte er dafür die Zugspitze als Treffpunkt aus, viel mediale Aufmerksamkeit war dem Treffen so gewiss.
Noch gibt es ein Zeitfenster
Aber es stimmt ja: Noch gibt es gerade ein Zeitfenster, in dem gemäßigte Kräfte in den großen Ländern Europas die Regierungen anführen. Ihnen muss es gelingen, eine europäische Migrationspolitik zu entwickeln, die den Schutzanspruch von Flüchtlingen ebenso wahrt wie den Anspruch der Bürger Europas, dass nicht jeder, der kommen will, auch kommen und vor allem bleiben kann.
Nicht zufällig fand der Abschiebeflug von 81 Straftätern nach Afghanistan am selben Tag statt wie das Treffen auf der Zugspitze. Es ist wichtig, dass sie Regierung auch in dieser Frage zeigt, dass sie es ernst meint. Dass die Vorbereitung einer solchen Aktion schon die Vorgängerregierung mit Nancy Faeser als Innenministerin nur ein einziges Mal gelungen ist, zeigt aber, wie schwierig das bislang ist.
Was die deutsche „Migrationswende“ betrifft, hat die Bundesregierung bisher vor allem Glück. Die Entscheidungen zur Aussetzung des Familiennachzugs und zur Rückabwicklung der schnellen Einbürgerung, ja selbst die Zurückweisungen an den Grenzen haben weniger Einfluss auf die deutlich sinkenden Zahlen als die Tatsache, dass der Regimesturz in Syrien den Flüchtlingsstrom aus dem Land vorerst fast zum Erliegen gebracht hat. Eine Antwort auf die Frage, wie Europa reagiert, wenn sich das wieder ändern sollte, gibt es bislang nicht.