Mit der Reform wird nun durch die Möglichkeit der Sanktionen bis zur gänzlichen Streichung von Leistungen dem Missbrauch begegnet. Gut so.
Reform der GrundsicherungBürgergeld-Frieden wäre Fortschritt

Das Bundeskabinett hat eine Sozialreform beschlossen, die das bisherige Bürgergeld durch eine neue Grundsicherung ersetzen soll
Copyright: Carsten Koall/dpa
Für die SPD war es ein weiter Weg – und beschlossen ist die Reform der Bürgergeldreform im Bundestag noch nicht. Aber die Parteispitzen Lars Klingbeil und Bärbel Bas haben den Weg geebnet für die neue Grundsicherung. Schon der Name kommt dem näher, was die Hilfe für Langzeitarbeitslose eigentlich sein sollte. In der SPD könnten die letzten Skeptiker allmählich anerkennen, dass die Bürgergeldreform von 2023, mit der für sie der Wunsch nach der endgültigen Überwindung ihres Hartz-IV-Traumas wahr wurde, sie ihrer früheren Stammklientel entfremdet hat. Das Bürgergeld, vor allem seine starke Erhöhung 2024, hat Menschen mit kleineren Einkommen, die ihren Lebensunterhalt mit Ach und Krach, aber selbstständig bestreiten, vor den Kopf gestoßen.
Mehr Sanktionen sind nun möglich
Mit der Reform wird nun durch die Möglichkeit der Sanktionen bis zur gänzlichen Streichung von Leistungen dem Missbrauch begegnet. Gut so. Das wird nicht diejenigen treffen, für die der Sozialstaat da sein muss, kranke Menschen etwa oder solche, die besondere Härten und Schicksalsschläge geltend machen können. Aber wer zu keinem Termin erscheint und auch auf Briefe und Anrufe nie reagiert, bei dem muss der Staat davon ausgehen, dass er die Unterstützung eigentlich nicht braucht. Das betrifft eine kleine Minderheit, aber solche Fälle gibt es.
Milliarden werden sich damit nicht einsparen lassen, wie es Friedrich Merz und sein Generalsekretär Carsten Linnemann einst vollmundig angekündigt hatten. Das Signal, das von dieser Reform ausgeht, ist trotzdem wichtig: Der Sozialstaat bleibt verlässlich, aber er lässt sich nicht ausnutzen. Es ist eine Maßnahme, um ihn zu erhalten. Für diejenigen, die ihn wirklich brauchen. Die täglichen schlechten Nachrichten von Stellenabbau allerorten lassen erahnen, dass es eher mehr Menschen sein werden, die künftig auf ihn angewiesen sein könnten.
Nicht gelöst ist mit der jetzigen Reform das Problem des zu geringen Lohnabstands. Derjenige, der arbeitet, hat zwar in Deutschland immer mehr Geld als jemand, der von der Grundsicherung lebt. Aber für den Stress, den es für eine Familie bedeutet, neben zwei Jobs auch die Kinderbetreuung zu organisieren, fällt er in vielen Konstellationen zu gering aus. Die Abgabenlast aus Steuern und vor allem (steigenden) Sozialbeiträgen ist einfach zu hoch. Mehr Netto vom Brutto muss deshalb das nächste Ziel dieser Bundesregierung sein.

