Restaurant „Eigelsteyn“Die Macher wollen Strukturen aufbrechen

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Restaurant „Eigelsteyn“

  • Restaurant „Eigelsteyn“ in Köln: „Der Gast muss lernen, Gast zu sein“
  • Schmeckt's, Frau Floß? Unsere Restaurantkritikerin Julia Floß ist gelernte Köchin und Patissière.
  • Die Macher des „Eigelsteyn" wollen bekannte Strukturen aufbrechen. Unsere Restaurant-Kritikerin hält das Restaurant für eine große Bereicherung in der Kölner Gastro-Szene.

Sascha Gilles und Daniel Lengsfeld sind mächtig stolz auf ihr „Eigelsteyn“. Völlig zu Recht. Beim Umbau wurde kein Stein auf dem anderen gelassen und nun erstrahlt das Restaurant mit eingebauter Ortsangabe in neuem Glanz.

Regionale Zutaten

Das Innenraum-Konzept orientiert sich am Jugendstil: elegante Funktionalität, Symmetrie, geschwungene Linien. Diese Beschreibung trifft, ehrlich gesagt, auch auf die Karte zu. Hier wird nicht Haute Cuisine serviert, sondern kreative, gutbürgerliche Küche mit regionalen Zutaten. Eine Besonderheit ist die Portionsgröße. Küchenchef Daniel Lengsfeld meidet das Wort „Tapas“ und erklärt die Idee dahinter: „Wir möchten festgefahrene Strukturen aufbrechen und dem Gast die Möglichkeit geben, ganz viel zu probieren. Das ist nicht immer einfach und erfordert Kommunikation.“

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Damit meint er die gastronomischen Gewohnheiten der Deutschen: Vorspeise, Hauptgang, eventuell Dessert. Jeder hat „seinen“ Teller. Die Portionen sollten möglichst groß sein. Alles kommt gleichzeitig auf den Tisch. Und Umbestellungen sind völlig üblich. Ich mag keine Petersilie, also bestelle ich sie ab. Ziegenkäse schmeckt immer nach Stall, also bestelle ich ihn ab. Der Deutsche hat verlernt, möglicherweise sogar nie erlernt, dem Küchenchef, seinen Fähigkeiten und seinen Ideen zu vertrauen. Was spricht denn dagegen, sich auf etwas Neues einzulassen? Anstelle von einer großen Mahlzeit, drei kleinere zu probieren? Die „Eigelsteyn“-Macher zitieren an dieser Stelle gerne Brillat-Savarin: „Der Gast muss lernen, Gast zu sein.“

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Die „Eigelsteyn“-Macher Sascha Gilles (links) und Daniel Lengsfeld sind stolz auf das moderne  Ambiente.

Was in der Theorie streng klingt, funktioniert in der Umsetzung spielerisch und sanft. Die Karte ist lediglich in kalt, warm und süß unterteilt und der aufmerksame Service erklärt alles Wissenswerte. In jeder der drei Rubriken sitzt die Verlockung und man möchte am liebsten die Karte einmal rauf und wieder runter probieren. Beim „Vitello Forello“ trifft geräucherte Forelle aus dem Oberbergischen auf zartes Kalb aus dem Münsterland. Zusammen mit etwas Salzzitrone, Dill und frischen Radieschen wird daraus eine köstliche Adaption des Antipasti-Klassikers aus dem Piemont.

Selbstgemachte Flönz

Die selbstgemachte Flönz wird mit eingelegten Schalotten, Petersilie und Senfsorbet auf stark geröstetem Brot serviert. Eine perfekte Kombination aus süß, salzig, sauer, bitter, knusprig, weich, warm und kalt. Das buttrige Kartoffelpüree aus Rommerskirchener Kartoffeln wärmt die Seele und ist bereits Liebling der Gäste.

Über das „Eigelsteyn“ gäbe es noch viel zu erzählen: die ausgefallene Getränkekarte, die respektable Weinliste, die Qualität der Süßwaren (unbedingt Schokoladencreme mit knuspriger Schweineschwarte probieren!) und nicht zuletzt, der liebenswürdige, ungekünstelte Service. Eine Lektion in Gastronomie.

„Eigelsteyn“, Lübecker Str. 2, 50668 Köln, Tel: 0221/16996453, Öffnungszeiten: Mo-Fr 15-23 Uhr, Sa+So 10-23 Uhr, www.eigelsteyn.de

Das haben wir probiert:

Burrata mit Erdbeeren, Fenchel und Balsamico // 8 Euro Vitello Forello mit Salzzitrone, Dill und Radieschen // 9 Euro Hausgemachte Tortillas mit Blumenkohl und Mole // 5 Euro Kartoffelpüree mit vegetarischer Jus und Röstzwiebeln // 4 Euro Hausgemachte Flönz mit Röstbrot, Senfsorbet und Petersilie// 6 Euro

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