Köln – Auf den englischen Inseln ist manches anders als auf dem Kontinent. Auch ihre Bewohner sind mitunter speziell. Inselbegabt sozusagen, wie zum Beispiel Colin Taylor. Colin Taylor ist 49 Jahre alt und Sergeant bei der Polizei von Devon und Cornwall, den südwestlichsten Ausläufern des Vereinigten Königreichs. „Ich bin der am längsten twitternde Polizist in Großbritannien. Seit vier Jahren schreibe ich Beiträge für die Facebook-Seite des Polizeireviers der Scilly Islands“, antwortet er umgehend auf die Nachfrage aus Köln – per Mail natürlich.
Denn Schreiben scheint Taylors zweite Berufung zu sein. Seine Beiträge spiegeln die Alltagsarbeit seines Teams an einem zugegeben nicht eben kriminellen Brennpunkt mit einem Augenzwinkern. Das Einsatzgebiet für Taylor und seine Kollegen ist ein aus fünf bewohnten Inseln – 2200 Untertanen der Königin und ungezählte Möwen leben hier – bestehendes Archipel 28 Meilen westlich von Land’s End, dem westlichsten Zipfel Cornwalls. Was er und seine Kollegen dort erleben, liest sich so lustig, dass die Seite inzwischen von knapp 50.000 Usern mit „Gefällt mir“ markiert wurde.
Selfies und Facebook-Posts an der Tagesordnung
„Ich bin der dienstälteste Polizist in Scilly. Ich war hier von 1998 bis 2000 und seit 2011 bin ich erneut hier. Üblicherweise bleiben Polizisten nur zwei bis drei Jahre. Ich werde nächstes Jahr zurückgehen nach Exeter, wo ich auch ein Haus habe.“ Bis dahin wird er auf der Facebook-Seite der Isles of Scilly Police weiter berichten. Und neben Vogelbeobachtern kommen nun immer mehr Touristen, nicht mehr nur wegen der Unberührtheit und Abgeschiedenheit der weißen Strände, sondern auch wegen des postenden Polizisten. „Gerade vor einigen Tagen war eine deutsche Dame hier, die ein Selfie mit mir machen wollte, ich habe ihr dafür meinen Helm geliehen“, sagt Colin Taylor, der sich auf keinen Fall als Berühmtheit sieht. „Ich habe ein Gesicht fürs Radio und bin nicht James Bond“. Auch wenn schon das ZDF und ein „Stern“-Reporter bei ihm waren.
Als im Sommer ein Zahnarzt aus Texas den Löwen Clarence erschoss, postete Taylor ein Bild von einem Kollegen in einem Ruderboot, um ihn herum zahlreiche Möwen. Mit Hilfe eines Bildbearbeitungsprogramms wurde allen Vögeln per Pfeil Namen gegeben. Taylors Untertitel: „Wenn uns die Nachrichten aus dieser Woche irgendetwas gelehrt haben, dann dieses: Jag’ keine Tiere, die einen Namen haben, es sei denn, du willst ein sozialer Pariah sein“.
Im nächsten Abschnitt weist er dann noch daraufhin, dass Unbekannte aus zwei Booten im Hafen Treibstoff geklaut hätten. „Zum Glück haben die Bootsbesitzer den Diebstahl noch im Hafen bemerkt und nicht erst auf offener See. Das hätte zu ernsten Konsequenzen führen können“, mahnt er auch an die Adresse der Täter.
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Ernstes lustig verpacken, darin ist Taylor ein Meister. Mit seiner Arbeit will er auch das Image der Polizei verbessern, nicht nur das der Beamten auf den Scilly-Inseln. „Die Polizei steht oft im Verdacht, eine eigene Kultur des Umgangs zu pflegen, die in der Öffentlichkeit kritisch beäugt wird. Mein Ziel ist, meine Arbeit auf humoristische Art einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, um diesem Misstrauen vorzubeugen. Ich hoffe außerdem, dass es dazu beiträgt, das Verständnis für die Arbeit der Polizei zu verbessern.“
Als sich im Juli royaler Besuch auf der Insel ankündigte – seine königliche Hoheit, der Prince of Wales und die Herzogin von Cornwall, Charles und Camilla –, schrieb er auf Facebook: „Ich bin nur einige Polizei-Pylone entfernt von einer vielversprechenden Karriere. Aber wie es aussieht, fehlen uns noch einige Aufsteller, um eine Haltezone einzurichten für den royalen Besuch heute. Ich fordere Sie deshalb auf: Bitte parken Sie heute nicht in Holgates Green, denn dieser Platz wird für Autos gebraucht, die etwas mehr auf Hochglanz poliert sind als Ihre. Bitte gebt die Pylone, die ihr euch eventuell von uns »geliehen« habt, so schnell wie möglich zurück. Ich verspreche eine Pylon-Amnestie.“
Facebook als Hilfe bei Polizei-Arbeit
Mithilfe eines Fotos dreier eis-schleckender Polizei-Offiziere erklärt er auch schon mal das Rangsystem der Polizei: „Der Inspektor hat zwei Streifen und keine Nummer, der Sergeant hat Winkel und eine Nummer, und der PC (Police Constable = einfacher Polizist) hat nur eine Nummer. Aber es gibt noch eine Methode, die Ränge zu unterscheiden: Der PC hat zwei Kugeln, die beiden anderen nur eine. Er hat am längsten und härtesten gearbeitet. Der Sergeant kauft sein Eis und das des PCs. Der Inspektor kauft sein Eis selbst.“
Doch es gibt nicht nur Bagatellen und königliche Besuche auf den Scilly-Inseln. In den frühen Morgenstunden des 13. September ist der 23 Jahre alte Josh Clayton in der Nähe der Ortschaft Tresco verschwunden. Taylor informierte unermüdlich über die Suche und forderte die Bevölkerung zur Mithilfe auf. Claytons Schwester Dani bedankte sich per Facebook-Post: Vielen Dank für alles, was Sie tun, um meinen kleinen Bruder zu finden.“
Am 24. September wurde ein lebloser Körper an einem Strand bei Tresco gefunden. Nicht alles endet gut auf den Scillys. Aber Colin Taylor wird seine Mission weiter erfüllen: „Ich werde solange weiter schreiben, bis mir jemand sagt, ich soll damit aufhören“.