Für die einen war das Risiko einkalkuliert, die anderen traf die Entscheidung des Guide Michelin völlig unvorbereitet.
Guide MichelinDiese drei Kölner Restaurants verlieren ihre Michelin-Sterne

Sonja Baumann und Erik Scheffler verlieren im Neobiota ihren Stern.
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Das Risiko war in gewissem Maße einkalkuliert. Ende Februar schloss das Sterne-Restaurant „Neobiota“ seine Türen in der Kleinen Brinkgasse am Rande der Ehrenstraße, um gute zwei Monate später am Pantaleonswall neuzueröffnen. Mit mehr Platz für die eigene Vision und letztlich auch für mehr Gäste. Das kleine Lokal nahe der Ehrenstraße war für das Chefkoch-Duo Sonja Baumann und Erik Scheffler einfach zu klein geworden. Die Umzugs-Euphorie bekommt nun nach dem gelungenen Start an neuem Standort einen Dämpfer. Der Restaurantführer Guide Michelin vergibt in diesem Jahr keinen Stern an das „Neobiota“. Für die gehobene Kölner Gastronomie-Szene bleibt die Nachricht am Dienstagabend nicht die einzige negative. Auch das „maiBeck“ direkt am Altstadt-Rheinufer verliert überraschend seinen Stern. Durch das im Januar geschlossene „Astrein“ auf der Krefelder Straße sinkt die Zahl der Kölner Sterne-Restaurants von zwölf auf neun.
Auch wenn wir dieses Szenario für möglich gehalten haben, sind wir sehr enttäuscht“, sagt Erik Scheffler vom „Neobiota“. „Einen Leistungsabfall sehen wir nach dem Umzug nicht. Wir haben weiterhin Vollgas gegeben, sind keine Kompromisse eingegangen.“ Ob die anonymen Tester des Guide Michelin das anders gesehen haben oder der französische Restaurantführer nach der zweimonatigen Schließzeit überhaupt den neuen Standort besucht hat, bleibt Spekulation. Umso größer ist die Enttäuschung, da das „Neobiota“ statt mit einer Abstufung eher mit einer zusätzlichen Auszeichnung geliebäugelt hatte: einem grünen Stern, den der Guide Michelin seit 2020 an Vorreiter der umweltverträglichen Gastronomie vergibt. In den Bereichen Nachhaltigkeit und Regionalität sei das „Neobiota“ laut Scheffler so „radikal und exzessiv“ wie kaum ein anderes Sterne-Restaurant. Vor allem aus Gründen des Marketings, speziell für Gäste von außerhalb, sei die Entscheidung ein Rückschlag. „Für uns verändert sich dadurch aber nichts. Wir glauben an unsere Vision und halten daran fest.“ Er sei „guter Dinge, dass der Stern nächstes Jahr wieder über unserer Tür hängt“.
Tränen im „maiBeck“: „Müssen ohne diesen Ritterschlag durchs Jahr gehen“
Tränen flossen am Dienstagabend im „maiBeck“, als das Chef-Duo Tobias Becker und Jan Maier ihrem Team die „komplett überraschende“ Nachricht vom verlorenen Stern überbrachte. „Viele im Team motivieren sich durch den Stern. Für unsere Arbeit ist der Stern die Belohnung, die jetzt nicht mehr da ist“, sagt Maier, der die Auszeichnung gemeinsam mit Tobias Becker erstmals 2014 ins „maiBeck“ geholt hatte. Wie die Tester zu ihrer Entscheidung kamen, ist ihm ein Rätsel. „Wir haben weder das Konzept, noch das Personal verändert.“ Verändern soll sich im Restaurant aber nichts. „Erstmals müssen wir allerdings ohne diesen Ritterschlag durchs Jahr gehen. Dieses Feedback müssen wir uns nun auf anderem Wege einholen.“

Überraschende Entscheidung: Tobias Becker (rechts) und Jan Maier vom „maiBeck“ (hier in ihrem Zweit-Restaurant „Otto“ gingen bei der Sterne-Verleihung leer aus.
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Ein weiteres besterntes Restaurant verliert Köln durch die Schließung des „Astrein“ von Eric Werner. Das Lokal auf der Krefelder Straße hatte im Januar den Betrieb eingestellt, Werner nannte sowohl geschäftliche als auch private Gründe für diesen Schritt. Der Abschluss des Kapitels „Astrein“ kam auch deshalb überraschend, weil Werner und sein Team erst im Oktober das fünfjährige Bestehen des Restaurants auf der Krefelder Straße gefeiert hatten. Im Zuge der Feierlichkeiten hatte der Spitzenkoch seine bisherige Sous-Chefin Mona Baumgarten als neue Küchenchefin vorgestellt. Alles sprach damals dafür, dass Köln neben Julia Komp („Sahila“) und Sonja Baumann („Neobiota“) eine dritte Sterneköchin bekommen würde. Nun ist mit Komp eine einzige geblieben. Komplett von der kulinarischen Bildfläche verschwunden ist Werner jedoch nicht, er fokussiert sich nun auf sein 2022 eröffnetes „Augustin“ in der Dagobertstraße im Kunibertsviertel.
„Ox & Klee“: Daniel Gottschlich bleibt Kölns einziger Kölner Zwei-Sterne-Koch
Einziges Kölner Zwei-Sterne-Restaurant, und damit für den französischen Restaurantführer „einen Umweg wert“, bleibt das „Ox & Klee“ im Rheinauhafen von Inhaber und Küchenchef Daniel Gottschlich. „Das ist eine erneute Bestätigung für die tolle Arbeit des Teams“, freut sich der Zwei-Sterne-Koch.

Daniel Gottschlich bleibt Kölns einziger Zwei-Sterne-Koch.
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Weil Stillstand für den umtriebigen Gastronomen keine Option ist, ist im „Ox & Klee“ aktuell einiges in Bewegung. Vor zwei Wochen startete das Restaurant unter dem Titel „Art of Taste“ ein neues kulinarisches Konzept. „Wir wollen die Gäste noch mehr ins Geschehen einsaugen“, sagt Gottschlich. „Jedes Gericht wird zu einer künstlerischen Darbietung.“ Hintergrund ist Gottschlichs Aufenthalt in der Künstlerakademie Villa Massimo in Rom. Als erster Koch überhaupt wurde er dort Stipendiat, entdeckte einmal mehr die Kunst in seinem Wirken und hielt die Erlebnisse in seinem kürzlich erschienenen und viel beachteten Buch „Grazie Roma“ fest.
Auch, wenn man es nicht erzwingen könne, sieht sich Gottschlich mit seinem Restaurant mittelfristig auf Drei-Sterne-Kurs. „Wir arbeiten stetig an den Details, die dafür notwendig sind“, sagt Gottschlich. „Unser Weg ist noch nicht am Ende.“