Rosenmontag in KölnWie die schwäbisch-alemannischen Narren den Kölner Zoch erlebten

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Mitglieder der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte stellen sich zum Gruppenfoto auf. Hingucker ist ein riesiger Fisch, den zwei Vertreter an einem Stamm durch die Straßen tragen.

Mit Holzmaske und Fisch im Netz: Die Mitglieder der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte

Erstmals war die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte Teil des Kölner Rosenmontagszugs. Für die Kölner bedeutete das: Ungewohnte Einblicke. Eine Rolle spielte dabei eine Schweineblase.  

Im Fastelovend gibt es wenig, was es nicht gibt. Eine getrocknete Schweineblase im Gesicht ist aber auch für den hartgesottenen kölschen Jeck eine eher ungewöhnliche Erfahrung. In diesem Jahr trifft dieses Schicksal gleich hunderte Kölner am Zugweg. Grund dafür ist eine Premiere. Erstmals ist eine Abordnung der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte Teil des Rosenmontagszugs.

Gleich zu Beginn der über 100 Personen starken Truppe gehen zwei Narren aus dem Süden mit dem kölschen Volk auf Tuchfühlung. An einem über die Schulter gelegten Stab schnellen die aufgeblasenen Schweineblasen immer wieder überraschend nach vorne und treffen die Jecken unvorbereitet mit einem sachten Schlag auf den Kopf. Der erste Schreck schwingt bei den meisten Opfern schnell in herzhaftes Lachen um.

In der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte schließen sich 68 Narrenzünfte zusammen, unter anderem aus Schwaben, Baden, dem Allgäu, dem Hochrhein und der deutschsprachigen Schweiz. Die Freundschaft zwischen den kölschen und den schwäbischen Karnevalisten besteht schon länger. 2019 reiste eine Kölner Abordnung um Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn nach Bad Dürrheim im Schwarzwald und stiftete dem dort ansässigen Fastnachtsmuseum drei Dreigestirn-Ornate.

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Auch im kommenden Jahr soll es einen Besuch geben. Dann steht das 100-jährige Jubiläum der Vereinigung an. Zum 200-jährigen Jubiläum des organisierten Kölner Karnevals gab es die Einladung der Kölner. „Das ist für uns wirklich etwas ganz Besonderes“, freut sich Otto Gäng, Vizepräsident der Vereinigung. Präsident Roland Wehrle folgte der Einladung von Kuckelkorn und fuhr am Rosenmontag auf dem Wagen des Präsidenten-Kollegen mit.

Gesprächsstoff für die Kölner

Das Spektakel spielt sich aber in der Fußgruppe ab. Das Kostüm heißt bei den Narrenzünften Häs. Zentraler Bestandteil ist bei den meisten die Holzmaske, die das Gesicht komplett bedeckt. „Neben wiederkehrenden Elementen hat jede Narrenzunft eigene Figuren“, erklärt Vizepräsident Gäng, der selbst ohne Maske unterwegs ist. In der Gruppe versammeln sich Teufel, Hexen, Tiergestalten oder Fabelwesen. „Gibt’s die Maske auch beim Deiters?“, fragt ein Kölner. Natürlich nicht. Viele von ihnen sind aufwendige Einzelanfertigungen.

Ganz vorne laufen zwei lebende Glocken, die beim Schütteln ordentlich Krach machen. „Sind wir hier beim Almabtrieb?“, lacht ein Zuschauer am Straßenrand. Die Narren aus dem Süden sorgen für reichlich Gesprächsstoff – kommen aber offensichtlich gut bei den rheinischen Jecken an. „Die Reaktionen sind besser als erwartet“, sagt ein Mann hinter seiner Holzmaske. „Ich habe das Gefühl, den Kölnern gefällt der frische Wind ganz gut, den wir hier hereinbringen.“

Auch der Rundschau-Reporter schlüpft an diesem Tag in die Rolle einer Fasnetsfigur aus dem Süden. Den Hemdglonker ziert ein weißes Nachthemd, eine lange Unterhose und eine passende weißer Zipfelmütze. Am Schmotzigen Dunschtig, das Pendant zu Weiberfastnacht, ziehen in vielen Städten ganze Hemdglonker-Umzüge durch die Straßen.

Ein ganz dicker Fisch

Ein besonderer Hingucker ist die kleine Abordnung der Narro-Altfischerzunft 1386 aus Laufenburg. So heißt die badische Stadt an der Schweizer Grenze und genauso heißt die Nachbarstadt in der Schweiz. Politisch und durch den Rhein sind die beiden Städte getrennt, die Fastnacht feiern die beiden aber gemeinsam. Bunte Schuppen zieren die Kostüme, das Highlight ist aber der gut zwei Meter lange Fisch, den zwei Vertreter an einer Stange durch die Stadt tragen. „Die Leute schauen schon ein bisschen komisch“, stellt Ehrenzunftmeister René fest. Kamelle gibt es übrigens auch. Nur, dass die auch mal in Form einer Mettwurst daherkommt, die per Angelhaken den Weg in die Menge findet.

Szenenapplaus am Dom bekommen zwei Vertreter der Historischen Narrenzunft Markdorf. Sie schwingen ihre meterlangen Karbatschen – eine Art Peitsche – über dem Kopf und erzeugen damit ein ohrenbetäubendes Knallen. Fasneteinschnellen heißt dieser Brauch, mit dem die Narren traditionell am Dreikönigstag die neue Fasnacht begrüßen.

UNESCO-Weltkulturerbe als gemeinsames Ziel

Nach gut fünf Stunden durchschreiten die Narren aus dem Süden die Severinstorburg. „So einen langen Zug sind wir nicht gewohnt, aber alle haben diszipliniert durchgehalten“, sagt Vizepräsident Otto Gäng. Die Erlebnisse seien „überwältigend“. „Die Kölner haben uns total freundlich empfangen.“

Auch in der Zukunft wollen die Narren und die Kölner Karnevalisten ihre Freundschaft ausbauen. Denn was die beiden neben den gemeinsamen Wurzeln vereint, ist ein großes Ziel für die Zukunft: Der Karneval und die Fastnacht wollen gemeinsam UNESCO-Weltkulturerbe werden.

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