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„Das neunte Gemälde“Kölner Autor verknüpft mit Krimi Kunst und Europäische Geschichte

Lesezeit 3 Minuten

Nach einem Leichenfund führt die von Andreas Storm erdachte Ermittlungsreise zu europäischen Abgründen.

Köln – Lennard Lomberg ist vermögender Kunstexperte, arbeitet für große Auktionshäuser und steht mit Ende 40 mitten im Leben, entscheidet sich aber nach einem verlockenden Angebot für einen Job im gemütlichen Bonn. Seine Expertise stellt er gegen fürstliches Honorar zur Verfügung.

Doch dann ändert ein mysteriöser Anruf alles: Ein Mann namens Dupret drängt ihn, die Rückgabe eines weltweit verschollenen Gemäldes zu organisieren. Die Verwicklung in diesen Fall offenbart dunkle Geheimnisse, sowohl innerhalb Lombergs Familie als auch innerhalb der Bundesrepublik und ihrer jungen Geschichte. Es folgt eine Reise durch Europa, auf der Suche nach dem verschwundenen Gemälde.

Erstlingswerk über Kunstexperten

Diese Reise ist das Erstlingswerk des gebürtigen Kölners Andreas Storm. Sein Roman „Das neunte Gemälde“ bildet den Auftakt zu einer mehrteiligen Krimiserie um den Kunstexperten und Ermittler Lennard Lomberg. Der 58-jährige Storm ist Geschäftsführer und Partner einer Kommunikationsagentur und betont: „In Sachen Kunst und Kunsthandel bin ich kein Insider, eher ein Zaungast mit überdurchschnittlichem Interesse.“ Seine berufliche Heimat ist die internationale Werbewelt, durch die er London sehr gut kenne. Später hat er eine eigene Agentur in Köln geführt, bevor er sich in den letzten Jahren in der Marketingberatung für die Weinwirtschaft spezialisiert hat

Im Krimiroman geht es zwar auch um Kunst und gute Weine, vor allem aber um Politik und Geschichte sowie um die Verantwortung der Bundesrepublik für ihre Vergangenheit. Von zentraler Bedeutung sind dabei die Vorkommnisse am Museum Galérie Jeu de Paume während der Zeit der NS-Besatzung in Frankreich. Im Zweiten Weltkrieg diente das Museum den Nazis als Umschlagsort für geraubte Kunstwerke. Sie beschlagnahmten Kunstwerke aus jüdischem Besitz und brachten sie ins Jeu de Paume, um sie zu inventarisieren, damit hohe Funktionäre sich Bilder zum eigenen Gebrauch aussuchen konnten. In einer spektakulären Aktion gegen „entartete Kunst“ wurden öffentlich Bilder verbrannt – jedoch wird heute in Wissenschaftskreisen mehrheitlich angenommen, dass nur wertloses Material verbrannt wurde, und namhafte Gemälde beiseite geschafft wurden.

Tragische Verknüpfung mit der europäischen Geschichte

In spannenden Zeit- und Erzählsprüngen schreibt Storm lebhaft und fundiert über den zunächst undurchsichtigen Fall, wechselt dabei immer wieder zwischen den Perspektiven und Epochen. Storms Liebe zu Frankreich und Großbritannien wird offensichtlich, wie auch das Innenleben eines Mannes, der auf tragische Weise mit der europäischen Geschichte und dem Fehlverhalten seines Vaters verknüpft ist. „Das neunte Gemälde“ ist somit eine Parabel auf die jüngere europäische Zeitgeschichte.

Storm betont, dass sowohl sein Roman als auch seine Hauptfigur sich nicht an Vorlagen orientieren, sondern von außergewöhnlichen Ideen inspiriert sind: „Ich wollte eine untypische Ermittlerfigur, keinen Polizisten oder Geheimagenten. Es sollte jemand sein, der mit dem Blick von außen agiert. Als Kunsthistoriker ist Lomberg weniger der professorale Typ, sondern eher der Geschäftsmann.

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Auch sein Roman passt in keine der üblichen Genre-Schubladen. „Auf keinen Fall wollte ich einen weiteren ,Regio’ schreiben, sondern innerhalb der jeweiligen Geschichte wie auch von Band zu Band in unterschiedliche Schauplätze eintauchen. Mein Verlag sieht die Reihe als eine Mischung aus Politthriller, Kunstkrimi und Geschichtsroman. Das trifft es für meinen Geschmack recht gut.“ Recht düster zeigt sich die Bonner Republik in Storms Roman: Zu viel Wegschauen und Vertuschen, zu wenig Schuldbewusstsein. Somit ist Storms Roman auch ein Buch über das Land, über deutsche Wurzeln und die Fähigkeit zur Selbstreflexion.

Andreas Storm: Das neunte Gemälde, Kiepenheuer und Witsch, 416 Seiten. 17 Euro.