Handlanger der DiktaturDiese Kölner Ausstellung sollte man gesehen haben

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Alles hat seine bürokratische Ordnung: Reichsarbeitsamt und Nationalsozialisten arbeiteten Hand in Hand, um in den besetzten Gebieten Arbeitskräfte für die (Zwangs-)Arbeit in Deutschland zu rekrutieren.

Alles hat seine bürokratische Ordnung: Reichsarbeitsamt und Nationalsozialisten arbeiteten Hand in Hand, um in den besetzten Gebieten Arbeitskräfte für die (Zwangs-)Arbeit in Deutschland zu rekrutieren.

Köln – Erst kam die Wehrmacht mit Panzern und Soldaten, dann folgten sogleich die Beamten des Reichsarbeitsministeriums. „Als wir in Bromberg eintrafen, waren die Heckenschützenkämpfe in vollstem Gange. Trotzdem wurde am nächsten Morgen das Arbeitsamt eröffnet und die Hakenkreuzfahne rausgehängt“, berichtete Karl Gabriel, Präsident des Landesarbeitsamtes Danzig-Westpreußen, im Jahr 1940. Überall, wo „auf dem Fuße der kämpfenden Truppe die Arbeitsämter eröffnet wurden“, hätten am nächsten Tage Aufrufe in deutscher und polnischer Sprache die Bevölkerung aufgefordert, sich für die Arbeit in Deutschland zu melden.

Die Gier nach Arbeitern war groß

„Das Reich brauchte dringend Arbeitskräfte, ihre Rekrutierung begann in den besetzten Gebieten sofort nach dem Ende der Kampfhandlungen“, erläutert Dr. Andrea Riedle, Direktorin der Stiftung Topographie des Terrors. Die Berliner Institution hat eine sehenswerte Ausstellung zur Geschichte des Reichsarbeitsministeriums in der NS-Zeit erstellt, die jetzt im NS-Dokumentationszentrum Köln als erster Station nach der Hauptstadt gezeigt wird. Die Schau beleuchtet ein bis dato eher unbekanntes Kapitel des Nationalsozialismus und geht der Frage nach, wie sehr der Beamtenapparat in die Machenschaften des faschistischen Regimes verstrickt war. „Das Thema hat lange Zeit weder in der Öffentlichkeit noch in der Forschung eine Rolle gespielt“, betont NS-Dok-Direktor Werner Jung.

Die Gier nach Arbeitern, vor allem für die Rüstungsindustrie, war groß: Überall in Polen, der Ukraine und der Sowjetunion wurden Männer und Frauen für die Arbeit in Deutschland angeworben. Geschah dies anfangs dank falscher Versprechungen noch auf freiwilliger Basis, wurden die Menschen schon bald mit Gewalt gezwungen, für Nazi-Deutschland zu schuften. Insgesamt waren während des Kriegs über acht Millionen Arbeitskräfte aus dem Ausland im Reich beschäftigt, dazu kamen über vier Millionen Kriegsgefangene und 1,5 Millionen KZ-Häftlinge.

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Anhand von Augenzeugenberichten und Biografien leitender Funktionäre verdeutlicht die Schau eindringlich, wie sich der Beamtenapparat willfährig in den Dienst der Machthaber stellte und zum Handlager von Kriegsverbrechen wurde. Als die Deportation in die Vernichtungslager begann, teilten zunächst Mitarbeiter der Arbeitsämter die Menschen in „arbeitsfähig“ und „nicht arbeitsfähig“ ein und entschieden so über Leben und Tod – bis 1942 die SS übernahm. Nach dem Krieg wurde kein einziger der Funktionäre für seine Verbrechen verurteilt. „Reichsarbeitsminister Franz Seldte starb 1946 in Haft, die anderen spielten ihre Beteiligung herunter“, so Riedle. In der BRD bestand das Personal des Bundesarbeitsministeriums in den 50ern zu einem Drittel aus ehemaligen Mitarbeitern des NS-Arbeitsministeriums, bei den Führungskräften waren es sogar rund 60 Prozent.

„Das Reichsarbeitsministerium 1933-1945“. Bis 25. Oktober. EL-DE-Haus, Appellhofplatz 23-25. Di.-Fr. 10-18 Uhr, Sa.-So. 11-18 Uhr.

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