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LVR Klinik Köln sucht OmbudspersonMonika Vog blickt auf ihr anspruchsvolles Ehrenamt zurück

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Von der Unterschriftensammlung für warmes Essen bis zu der Sache mit Napoleon: Monika Vog hat viel erlebt.

Von der Unterschriftensammlung für warmes Essen bis zu der Sache mit Napoleon: Monika Vog hat viel erlebt. 

„Alles außer Langeweile“ bringt die 79-Jährige den Inhalt ihrer Sprechstunden in den Psychiatrischen LVR-Klinik auf den Punkt. Wir haben zugehört.  

Sie ist die Ruhe selbst. Entspannt zurückgelehnt, signalisiert Monika Vog ihren Besuchern: Hier kann über alles gesprochen werden. Was anliegt, ist mir wichtig. Ich habe Zeit. Seit vier Jahren ist sie Ombudsfrau für die jährlich rund 6000 stationären Patienten und Patientinnen der Psychiatrischen Klinik des LVR in Köln. Der größte Teil dieser Menschen wird freiwillig in offenen Stationen behandelt. Andere sind teilweise über Wochen in der „geschützten Station“, weil sich selbst oder andere gefährden könnten (siehe Infokasten). Rund 200 psychisch kranke Menschen, die Straftaten begangen haben, werden über mehrere Jahre in der Forensik behandelt. Vog ist als unabhängige Vertrauensperson nicht Teil der Klinik; sie nutzt dort nur ein Büro und besucht die Patienten auf ihren Stationen.

Eine bedrohliche Situation hat es in meinen Sprechstunden nie gegeben.
Monika Vog, Ombudsfrau

Einmal in der Woche hat die Ombudsfrau Sprechstunde in der LVR Klinik Merheim, einmal im Monat in der forensischen Klinik in Porz. Jedem, der kommt, bietet sie ein Plätzchen oder ein Bonbon an, um eine gute Atmosphäre zu schaffen, denn manche der Patienten sind zu Beginn der Sprechstunde sehr aufgeregt. Ich höre erstmal nur zu“, sagt die 79-jährige ehemalige Verwaltungsmitarbeiterin, und fügt hinzu: „Eine bedrohliche Situation hat es in meinen Sprechstunden nie gegeben.“ Wenn Sie mit einem Patienten auf der Forensik sprechen möchte, entscheidet ein Arzt oder eine Ärztin, ob und wie das möglich ist. Darüber hinaus können sich Patienten per Mail, Brief oder telefonisch an sie wenden. Etliche ihrer Gesprächspartner hätten keine Verbindung zu ihren Angehörigen oder Freunden mehr. „Für sie bin ich eine Kontaktmöglichkeit außerhalb ihrer Station“, sagt Monika Vog,

Oft geht es in den Sprechstunden um zwischenmenschliche Konflikte – von Patienten zu Patienten oder zum Personal. „Das ist völlig verständlich, wenn man unfreiwillig so lange zusammenleben muss“, findet Vog. „Da schwelt manches auch einmal länger vor sich hin.“ In der Forensik leben derzeit 216 Menschen, 86 von ihnen sind in Doppelzimmern untergebracht. Es komme auch vor, dass sich Patienten vom Personal herablassend behandelt vorkommen. Aber meistens seien Unstimmigkeiten zwischen Patienten über Alltägliches das Thema. „Häufig vermittle ich zwischen ihnen und schildere der anderen Person, wie ihre Aussage angekommen ist und wie sie gemeint war“, so Monika Vog. „Ich helfe, Kompromisse zu finden. Manchmal muss der Rat auch sein, der oder dem anderen aus dem Weg zu gehen.“ Wichtig ist es ihr, ihrem Gegenüber zu vermitteln, dass er oder sie in erster Linie Mensch ist und dann erst Patient oder Patientin.

Empathie, Pragmatismus und sicheres Auftreten

Empathie, Zugewandtheit und „ein stabiles psychisches Korsett“ seien dabei wichtig, ebenso Pragmatismus und sicheres Auftreten als Patientenfürsprecherin, etwa gegenüber Angehörigen oder bei Beschwerden über das Klinikpersonal. Oder über das Essen. Das wurde laut einem Patienten der Forensik immer nahezu kalt serviert. „Ich habe ihm Bögen geschickt, auf denen er Unterschriften sammeln sollte. Hat er gemacht und damit zur Lösung viel beigetragen. So hatte die Beschwerde, die ich an die Küche herangetragen habe, mehr Gewicht“, erinnert sich Vog.

Bei ihrer Arbeit kommt ihr ihre Erfahrung etwa als langjährige Personalrätin zugute. Übernommen hat sie das Ehrenamt auch, weil einem Mitglied ihrer Familie mit psychischer Erkrankung in der LVR-Klinik geholfen wurde. „Ich tue für die Patienten das, was ich möglich machen kann“, sagt Vog. Dass sie weder Schicksale ändern noch gravierende Veränderungen bewirken kann, damit kommt sie zurecht, „da habe ich genug Lebenserfahrung und Resilienz“.  Als „höchst unbefriedigend und frustrierend“ empfindet sie es aber, dass es für Menschen, die die Forensik auf richterlichen Beschluss hin verlassen könnten, sehr schwierig ist, eine Anschlussunterbringung wie einen Wohnheimplatz oder eine kleine Wohnung zu finden.

Von Menschen, die länger in den Kliniken leben, bekommt die Ombudsfrau manchmal Briefe über mehrere Seiten. Manche schreiben ihr ihr ganzes Leben, dazu über Politik und die Welt an sich. Diese Briefe beantwortet sie nach der Sprechstunde. „Dafür nehme ich mir Zeit. Eine Antwort bekommen alle, die sich an mich wenden, auch per Mail oder Rückruf.“ Da erinnert sich Monika Vog an „die Sache mit Napoleon“ und lacht. Ein Patient hatte ihr geschrieben, dass er bei der Beerdigung des Korsen dabei gewesen sei, auf Seite zwei seines handschriftlich verfassten Briefes. „Ich nehme alles ernst, was mir die Menschen berichten und wobei sie um Unterstützung bitten“, sagt die Ombudsfrau. Nach dieser Textstelle habe sie das Schreiben aber „doch mit anderen Augen gesehen“. Und beantwortet.