„Habe eine Menge zu sagen“Angeklagter äußert sich vor Gericht zum Tod von Kurt Braun

Der 60-jährige Angeklagte neben seiner Verteidigerin Harriet Krüger im Landgericht auf der Anklagebank
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- Kurt Braun, Mitarbeiter der Stadtkämmerei, wollte im Dezember 2019 eine offene Geldforderung bei einem Mieter in Dünnwald eintreiben.
- Wenig später ist Braun tot – er wurde von K. niedergestochen.
- Am Freitag begann nun vor dem Kölner Landgericht der Prozess gegen den Angeklagten.
Köln – Es geht um 387,80 Euro, als Kurt Braun (47) am Morgen des 13. Dezember 2019 an der Wohnungstür von Clemens K. (60) in Dünnwald klingelt. Wenig später ist Braun tot, von K. niedergestochen – der Tathergang samt der Umstände der Bluttat sind seit Freitag Gegenstand eines Sicherungsverfahrens gegen den 60-Jährigen.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm die „heimtückische Tötung eines Menschen“ zur Last, also Mord. Doch mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe muss K. nicht rechnen. Die Staatsanwaltschaft fordert die dauerhafte Unterbringung in einer Psychiatrie für den wohl an einer paranoiden Schizophrenie erkrankten K.
K. scheint das Blitzlicht zu genießen
Das öffentliche Interesse an dem Prozess ist gewaltig. Im Zuschauerbereich sind die in Corona-Zeiten von Abstands- und Hygieneregeln zugelassenen Plätze restlos belegt. Als K. den Saal betritt, ist er wegen der vielen Fotografen und Kameraleute kaum zu sehen. Aufrechtstehend, in einen blauen Trainingsanzug gekleidet und ohne sein Gesicht zu verbergen, schaut K. in die Kameraobjektive. Er scheint das Blitzlicht zu genießen. Auf Nachfrage der Vorsitzenden Ulrike Grave-Herkenrath besteht er „ausdrücklich“ darauf, dass die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen werde.
Kurt Braun wusste nichts von der Gefahr des Mannes
Als Grave-Herkenrath den Beschuldigten belehrt, dass er vor Gericht etwas sagen oder schweigen könne, fällt K. ihr ins Wort und sagt in rheinischem Sing-Sang: „Ich habe eine Menge zu sagen.“ Vorab wolle er aber einen Antrag stellen, fährt K. fort. „Ich will Verfassungsklage erheben.“ Und weiter: „Ich bin nicht angeklagt hier, ich bin nur beschuldigt. Ich will aber eine Anklage“, sagt der 60-Jährige. Er wolle nicht in eine Psychiatrie: „Da erhebe ich Einspruch gegen. Ich bin zurechnungsfähig.“
Sehr wahrscheinlich ist es aber nicht so. Dafür spricht, dass K. seit Jahren unter gesetzlicher Betreuung steht. Allerdings wehrte er sich dagegen immer wieder – im Vorjahr mit Schraubendreher und Küchenmesser. Denn als Braun im Dezember an der Wohnungstür des 60-Jährigen klingelte, um die 387,80 Euro für einen zwangsweisen Krankentransport zu kassieren, hatte der Mitarbeiter der Kämmerei keine Ahnung von dem Vorfall, der diesem Krankentransport vorausging.
Köln: Angeklagter griff zuvor einen Arzt an
Im März 2019 hatte ein Arzt in Begleitung von städtischen Mitarbeitern und Polizeibeamten K. besucht. Wie Braun wurde auch der Arzt an der Wohnungstür attackiert. Mit einem Schraubendreher versuchte der Beschuldigte laut Staatsanwaltschaft dem Mediziner ohne Vorwarnung ins Gesicht zu stechen, „wobei er auch tödliche Folgen billigend in Kauf“ nahm. Doch der Mann riss eine Aktentasche hoch und wehrte den Stich ab – doch davon wusste Braun nichts, weil er in einem anderen Dezernat arbeitete und die Stadt keine zentrale Meldestelle für möglicher weise gefährliche Klienten hatte. Sie führte sie erst im April ein.
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Die Tat aus dem März ist ebenfalls Gegenstand des Verfahrens und wird von der Staatsanwaltschaft als versuchter Mord gewertet. Beim Prozessauftakt gibt K. zu, dass er den Arzt im März attackierte. „Ich möchte nicht zwangsbetreut werden.“ Die Situation vor der Tür habe er als „effektive Bedrohung“ wahrgenommen. „Dann habe ich zugestochen. Das gebe ich zu. Aus Notwehr“, sagt er. Auch im Fall Braun beruft sich der 60-Jährige auf Notwehr. Braun habe vor seiner Tür gestanden, ihn angegriffen: „Dann steht der da und boxt nach mir“, erklärt K. gestenreich. Dann fügt er emotionslos hinzu: „Und da habe ich zugestochen.“ Die Absicht, Braun zu töten, habe er aber nicht gehabt, sagt der 60-Jährige weiter.
Zusätzlich wird dem 60-Jährigen noch eine gefährliche Körperverletzung an einem Pfleger in einer Psychiatrie zur Last gelegt. Nachdem der 60-Jährige nach dem Vorfall im März eingeliefert worden war, hatte er einen Pfleger mit einem Buttermesser attackiert, was K. zugibt. Er sagt: „Ich wollte da raus.“